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Maite blickte zu ihrem Bruder und anschließend wieder zu Hannah, die emotionslos dasaß und starr in die Glut des Lagerfeuers blickte: „Ich lasse euch dann mal allein. Gute Nacht." „Gute Nacht, Schwesterchen." Maite stand auf und strich Paddy mit einem vielsagenden Blick über die Schulter. Paddy stand mit einigen Abstand vor Hannah, die ihn immer noch ignorierte. Die Stille war unerträglich, selbst für Hannah, die das Gespräch mit Paddy nicht gesucht hat: „Was ist? Du willst doch mit mir reden", patzte sie ihr gegenüber an. Ihre Augen funkelten böse. Paddy kratzte sich am Kopf und wirkte verzweifelt: „Ich weiß nicht wo ich anfangen soll." Hannah gab einen verachtenden Laut von sich: „Pff...ich auch nicht." Wieder trat eine unangenehme Stille ein, die Paddy schlussendlich unterbrauch: „Vielleicht beantworte ich dir erstmal deine Frage von heute Nachmittag. Es stört mich keineswegs, dass du dabei bist. Wer behauptet denn sowas?" Überrascht über diese Aussage, schüttelte Hannah den Kopf: „Na wer wohl? Deine superliebe, engelsgleiche Freundin." In jedes dieser Worte legte Hannah abgrundtiefen Sarkasmus. Paddys Miene verfinsterte sich: „Hätte ich mir auch gleich denken können. Hör zu, es tut mir leid. Joelle ist gerade nicht so gut auf dich zu sprechen...irgendwie." Paddy setzte sich neben Hannah, die aber sofort aufsprang. „Irgendwie? IRGENDWIE? Vielen Dank für die Info, aber das habe ich schon mitbekommen. Gibt es einen bestimmten Grund, dass sie sich aufführt wie eine wildgewordene Furie?" „Naja.." Hannahs Temperament ging mit ihr durch: „Was, naja? Du benimmst dich wie der letzte Arsch und dackelst dieser Zimtzicke hinterher, als ob du ihr Sklave wärst. Und ihr seid noch nicht mal eine Woche zusammen! Jetzt rede endlich!" Auch Paddy wurde lauter: „Sie ist keine Zicke. Wie würdest du denn reagieren, wenn du erfährst, dass dein Freund mit einer anderen zusammen im Wohnzimmer übernachtet hat? Ich glaube nicht, dass du da anders reagieren würdest." „Da war doch nichts, verdammte scheiße! Wie wäre es, wenn du sie mal über diese Sache aufklären würdest?" Hannah war nicht mehr zu bremsen. „Oder hast du dafür keine Eier? Hast du deswegen keine eigene Meinung mehr und machst nur noch das, was sie will?" „Weißt du was?", sagte Paddy mit hochrotem Kopf. Auch er war mittlerweile mehr als wütend: „Du kannst mich mal. Joelle hat recht. Du bist einfach ein blödes, kleines, naives Mädchen, das von allem keine Ahnung hat und jemanden braucht, zu den es aufblicken kann." Der Satz hatte gesessen. Hannah war zutiefst verletzt. Am liebsten hätte sie angefangen zu weinen, aber die Blöße wollte sie Paddy nicht geben. Sie unterdrückte ihre Tränen und presste ihre Worte zwischen ihren Zähnen durch: „Gut. Bitte. Wenn das so ist, dann lässt dich jetzt das kleine, naive, blöde Mädchen endgültig in Ruhe. Aber komm bloß nicht auf die Idee dich je wieder bei mir auszuheulen, wenn du Probleme hast. Joelle ist ein manipulierendes Miststück und wenn du jetzt schon darauf reinfällst, dann bist du der größte Vollidiot auf Erden." Sie hob einen Ast vom Boden auf und schmetterte ihn mit voller Wucht in Paddys Richtung, der es gerade noch schaffte diesen auszuweichen. „Spinnst du jetzt total?", wetterte Paddy Hannah hinterher, die wutentbrannt Richtung Bus stampfte. Ihre Tränen konnte sie nicht mehr zurückhalten: „Nein, dank der Unterhaltung mit dir kann ich mit dem Wunschdenken aufhören, dass wir beide befreundet wären. Du bist einfach nur ein Heuchler!" Paddy bemerkte, dass Hannah weinte. Als Hannah auf halben Weg zum Bus war, wollte er ihr hinterher, doch sein Ego war größer.

Er kickte einen Stein weg, ließ sich am Feuer nieder und seufzte. ‚Warum sind Mädchen nur so kompliziert?', dachte er. Hannahs Worte ärgerten ihn. Er mochte Joelle wirklich sehr. Als sie durch Zufall von Jimmy erfuhr, dass er mit Hannah zusammen auf dem Sofa geschlafen hat, wusste Paddy zuerst nicht, was ihr Problem war. Für ihn war an der Sache auch nichts Verwerfliches. Die Gedanken, die Joelle in Bezug auf ihn und Hannah äußerte, waren in seinen Augen lächerlich. Als er ihr das sagte, rastete Joelle komplett aus und setzte ihn metaphorisch eine Pistole auf die Brust: „Entweder Hannah oder ich." Vermasseln wollte er das mit Joelle auf keinen Fall. Dass Joelle zur Eifersucht neigte, hatte Paddy bereits mitbekommen. Er wollte sich eigentlich auch gar nicht zwischen ihr und Hannah entscheiden, doch als Joelle gegen Hannah argumentierte, gab er schließlich nach. Seitdem achtete Joelle peinlich da drauf, mit wem Paddy sprach und zickte sofort wieder rum, wenn sie bei Paddy nur ein Funken von Sympathie für jemand anderen entdeckte. So hatte er sich eine Beziehung zu Joelle überhaupt nicht vorgestellt. Trotz alledem lag Paddy immer noch etwas an Hannah. Da er jetzt aber wusste, dass er nun auch bei Hannah mehr oder weniger verkackt hat, hoffte er, dass sich die Beziehung zu Joelle wenigstens zum Positiven entwickeln würde.

Als Hannah am Bus ankam atmete sie einmal tief durch und trocknete ihre Tränen. Dabei drehte sie sich mehrmals um und hoffte, dass Paddy ihr nicht nachlief. Sie war immer noch wütend auf ihn, aber die Worte, die Paddy ihr an den Kopf warf, machten sie traurig. Die Enttäuschung war ihr wahrlich ins Gesicht geschrieben. Hannah ging auf die Tür des Busses zu und blieb erschreckt stehen, als sie Maite auf den Treppen sitzen saß, die sie mitleidig anlächelte: „Nicht gut gelaufen oder?" Hannah kamen wieder die Tränen. Den Versuch diese zurückzuhalten unternahm sie erst gar nicht. Sie schüttelte wortlos den Kopf und ging auf Maite zu, die ihre Arme für eine Umarmung ausbreitete und sie tröstete. Geduldig wartete Maite bis Hannah sich wieder einigermaßen gefangen hatte und in der Lage war zu sprechen. „Dein Bruder ist ein richtiger Vollpfosten, weißt du das?" „Allerdings. Das war nicht zu überhören. Ihr habt euch so laut angebrüllt, dass ich fast jedes Wort mitbekommen habe. Mich wundert es eher, dass alle hier noch seelenruhig schlafen. Soll ich nochmal mit ihm reden? Bei Joelle scheint das ja nichts genützt zu haben" „Wie bei Joelle hat es nichts genützt?" Hannah schaute ihre Freundin fragend an. „Wie lange kennst du mich jetzt schon?", fragte Maite und holte einmal tief Luft. „Nach dem Konzert habe ich doch mit Joelle gesprochen, als du dazu gekommen bist, erinnerst du dich?" Hannah nickte. „Natürlich habe ich auch mitbekommen, dass Paddy sich anders verhält und habe mit ihr darüber gesprochen. Da hat sie auch von ihren und Paddys Streit erzählt und auch, was sie von ihm verlangt. Da bin selbst ich ausgerastet und habe sie ins Gebet genommen. So wie es aussieht, ohne Erfolg." Hannah überlegte eine Weile. „Weißt du was? Das Thema ist durch. Soll er doch zusehen, wie er mit dem Monster da drin zurechtkommt." „Soll ich nicht nochmal mit Paddy reden?", fragte Maite. „Nein, wozu denn? Der ist doch total blind vor Liebe und kann nicht mehr klar denken, wenn der überhaupt noch denkt." „Wirklich?" Hannah lächelte schief: „Wenn ich jetzt nein sage, hälst du dich dann auch dran?" Maite beäugte ihre Freundin von oben bis unten und lächelte anschließend: „Nein, wahrscheinlich nicht. Du weißt, wie ich es hasse, wenn keine Harmonie unter uns allen herrscht." Hannah rollte mir den Augen: „Tu was du nicht lassen kannst." Mit diesen Worten stand Hannah auf und musterte Maite mit einem fragenden Blick. Maite erhob sich ebenfalls. Ohne weitere Worte zu wechseln gingen die beiden zu Bett. Als Paddy den Bus betrat, schliefen Maite und Hannah bereits tief und fest.

Beste FreundinnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt