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Ben war ein paar Tage vorher als Hannah wieder vollständig genesen und besuchte sie täglich. Er schenkte ihr nachträglich zum Geburtstag einen versilberten Anhänger, der die Form einer Feder besaß. Diesen trug Hannah neben ihrem Armband von Paddy an einer ledernen Kette, die eng an ihrem Hals anlag. Sie war froh wieder Gesellschaft zu haben. Nachdem Maite, Barby, Paddy und Angelo abgeholt wurden, kam in ihr die Langeweile auf und wusste nichts mit sich anzufangen. Sie war kurz am überlegen, ob sie ihre Gitarre hervorkramen sollte. Da diese aber in Bastis altem Zimmer stand, entschied sie sich dagegen. Seit seinem Tod hat niemand etwas in diesem Zimmer verändert und auch sie hat es seitdem nie wieder betreten.

Als auch Hannah endlich wieder gesund war, rief sie Maite an und sie vereinbarten ein Treffen am Tonstudio: „Klar, können die beiden auch mitkommen", sagte Maite freudig am Telefon, als Hannah fragte, ob Ben und seine Schwester Moni auch kommen dürften. Hannah freute sich tierisch auf den Tag im Tonstudio. Sie war noch nie bei einer Aufnahme dabei und da sie von Ben wusste, dass seine Schwester Geburtstag hatte, würde sie sich bestimmt ebenfalls über ein Treffen mit ihrer Lieblingsband freuen. Nachdem Hannah sich von Maite verabschiedete, rief sie gleich darauf Ben an und erzählte ihm von ihren Plänen: „Das ist zwar eine gute Idee und ich komme wirklich gerne mit, aber ich weiß nicht, ob unsere Nerven Moni aushalten würden. Ist ein Sauerstoffzelt in der Nähe vom Studio, nur für den Fall, dass Moni kollabieren sollte?" Hannah lachte: „Vielleicht sollten wir vorher noch einen Erste-Hilfe-Kurs belegen. Also gut, dann holt ihr mich morgen einfach ab und wir radeln da zusammen hin? Und sag Moni noch nichts davon. Es soll ja eine Überraschung werden."

Am nächsten Tag holten Ben und Moni Hannah von zu Hause ab. Hannah begrüßte die beiden mit einer Umarmung und musste innerlich grinsen, als sie Monis gelangweiltes Gesicht sah. Anscheinend hat Ben Wort gehalten und nicht erzählt, wo sie hinfahren würden. Hannah holte ihr Fahrrad aus dem Schuppen und so machten sich die drei auf den Weg ins Tonstudio. „Sind wir jetzt endlich da?", fragte Moni genervt, als sie in eine Seitenstraße abbogen. „Warum muss ich dich eigentlich zu diesem blöden Geschäft begleiten?" „Weil ich von diesem Kitsch keine Ahnung habe und wir brauchen noch ein Geschenk für Mama und Papa zum Hochzeitstag." Hannah schaute Ben entgeistert an, der grinste und mit den Schultern zuckte. „Wir haben denen noch nie etwas zum Hochzeitstag geschenkt", antwortete Moni zickig. „Dann wird es jetzt endlich mal Zeit dafür", erwiderte Ben. Ben, Moni und Hannah hielten an einem roten Backsteinhaus. „Haben wir uns verfahren?", fragte Moni und schaute sich suchend um. Ben und Hannah grinsten, stiegen von ihren Fahrrädern und schlossen diese an einem Baum an. „Lass dich überraschen.", sagte Hannah geheimnisvoll und klingelte an der Tür. Als Maite die Tür öffnete und Hannah und Ben freudig begrüßte, stockte Moni der Atem: „Hi, du musst Bens Schwester sein. Ich bin Maite." Moni glotze Maite einfach nur an und gab ihr wie in Trance die Hand. „Ich glaube die Überraschung ist gelungen", sagte Maite zu Ben und Hannah gewandt, die sich anschauten und zustimmend nickten. „Na los, dann kommt mal rein, Angelo und Paddy nehmen gerade ihre Parts für einen Song auf." „Die...die...anderen sind auch da?" Entgeistert blieb Moni wie angewurzelt stehen und rührte sich nicht vom Fleck. Ben verdrehte die Augen: „Ja, was denkst du denn? Wenn die Kellys eine Platte aufnehmen, müssen ja folglich auch alle dabei sein oder?" Hannah lachte: „Los komm, Moni. Die beißen schon nicht."

Im Studio angekommen lockerte sich Moni ein wenig, blieb jedoch schüchtern im Hintergrund. Hannah fühlte sich wie immer pudelwohl, alberte mit Jimmy und Joey herum und begrüßte die Mädels herzlich. Ben stellte seiner Schwester jeden einzelnen vor, was Hannah komisch vorkam. Immerhin kannte sie ja alle Namen. „Angelo und Paddy werden sich freuen, dass du da bist. Die wissen gar nicht, dass du heute kommen wolltest", sagte Maite und deutete auf eine schwere schwarze Tür. „Ach echt? Wieso hast du ihnen denn nicht Bescheid gesagt?", fragte Hannah verwundert ihre Freundin. „Die waren mit Proben beschäftigt und mit ihren Köpfen ganz woanders. Wollen wir den beiden beim arbeiten zusehen?" Hannah nickte: „Was ist mit euch? Wollt ihr auch mit?" Ben, der sich gerade die Technik von John erklären ließ, schüttelte den Kopf. Moni hingegen war außer sich und stürmte auf Maite und Hannah zu. Leise öffnete Maite die Tür, hinter der Kathy und ein Mitarbeiter des Tonstudios zum Vorschein kamen. Beide saßen an einem Mischpult und waren in ihre Arbeit vertieft. Die drei Mädels nahmen auf einem Ledersofa Platz, das in einer dunklen Ecke stand. Von dort aus hatten sie eine gute Sicht auf eine riesige Glasscheibe, hinter der Paddy und Angelo mit Kopfhörern saßen. Paddy saß in einer Ecke und spielte abwesend Gitarre, während Angelo anscheinend auf Anweisungen wartete und ungeduldig vor einem Mikrofon stand: „Angelo, kannst du den Refrain nochmal singen?", bat Kathy ihren kleinen Bruder. Dieser nickte und wartete, dass das Demo eingespielt wurde. Hannah erkannte die Melodie und dachte an den Abend zurück, als Paddy ihr diese auf der Gitarre vorspielte: „Hat das Paddy geschrieben?", fragte Hannah. „Ja, und er kommt mit seiner Stimme nicht so hoch wie Angelo. Deswegen übernimmt er den Part." „Wie heißt das Lied denn?", flüsterte nun auch Moni, ohne ihren Blick von den beiden Jungs abzuwenden. „An Angel", antwortete Maite. Angelo musste einige Passagen immer wieder neu singen. Paddy wurde schon langsam ungeduldig und fragte nach einer Pause. Kathy gewährte ihm diese und machte mit Angelo alleine weiter.

Nach einer Weile öffnete sich die Tür und Paddy gesellte sich mit einer Wasserflasche zu Kathy ohne die Mädchen auf dem Sofa zu bemerken. Er fing an mit Kathy auf Englisch zu diskutieren. Bei musikalischen Auseinandersetzungen stellten sie die Sprache immer ins Englische um. Erst als Moni sich nicht mehr zusammenreißen und ihr Quieken nicht mehr unterdrücken konnte, drehte sich Paddy genervt um, strahlte dann jedoch, als er Hannah erblickte. Ohne weiter auf Kathy zu achten war er mit wenigen Schritten bei Hannah, zog sie hoch und umarmte sie: „Was für eine Überraschung! Du siehst ja wieder richtig gesund aus. Er löste sich ein wenig aus der Umarmung und hielt Hannah einen gewissen Abstand von sich weg, um sie von oben bis unten zu mustern. „Und eine gesunde Gesichtsfarbe hast du auch wieder." Hannah grinste, als er ihr in die Wange kniff, ehe sie sich wieder in einer Umarmung mit Paddy wiederfand. Moni blieb der Mund offenstehen. Sie wusste zwar von Ben, dass Hannah die Kellys persönlich kannte, aber dass die Beziehung, besonders zu ihrem Liebling Paddy, so innig war, hatte sie nicht gewusst. Maite beobachtete das Szenario und dachte sich ihren Teil. Intuitiv wusste sie, dass die Beziehung zwischen ihrer besten Freundin und ihrem Lieblingsbruder irgendwie mehr war, wollte sich aber nicht mehr in solche Angelegenheiten einmischen. Diese Erfahrung hatte sie ja bereits gemacht. Maite hoffte einfach, dass früher oder später einer von den beiden sich seiner Gefühle bewusst wurde und sie selbst bei ihr um Rat fragen würden. An der Reaktion von Moni erkannte Maite auch, dass diese vielleicht auch mehr sah als sich Paddy und Hannah jemals eingestehen würden. Als Moni sich aus ihrer Schockstarre lösen konnte, nahm sie all ihren Mut zusammen und stellte sich vor: „Hi ich bin Moni, Bens Schwester." Sie zeigte ihr bestes Lächeln und streckte Paddy die Hand entgegen. Er lächelte freundlich und begrüßte Moni: „Das heißt, Ben schwirrt hier auch irgendwo rum?", fragte Paddy etwas unsicher. „Ja, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, sprach er gerade mit John über Technikkram", antwortete Hannah und lächelte ihn an. „Habt ihr Hunger? Das Catering ist wirklich gut." Die Mädchen nickten und folgten Paddy.

Beste FreundinnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt