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Den ganzen Vormittag sprachen Paddy und Hannah kein Wort miteinander. Sie ging ihn gekonnt aus dem Weg und verbrachte die meiste Zeit zusammen mit Maite, die hin und wieder versuchte ihre Freundin dazu bringen, doch noch einmal mit ihrem Bruder zu reden. Doch Hannah blieb stur und nachtragend. Paddy hingegen verbrachte jede freie Minute mit Joelle. Die beiden klebten förmlich aneinander. Selbst die restlichen Geschwister waren schon ein wenig genervt von dem verliebten Pärchen. Vor allem, weil noch einige organisatorische Sachen für den nächsten Auftritt in Bochum geklärt werden mussten und Paddys Hilfe dafür benötigt wurde: „Ich will das neue Liebesglück ja nicht stören, aber könntest du jetzt endlich mal mit anpacken, Paddy?", sagte Kathy in einem gezwungenen, freundlichen Ton. „Moment, ich komme gleich." Paddy löste sich aus der Umarmung von Joelle. „Ich komme gleich wieder." Joelle seufzte und schaute Paddy vorwurfsvoll an: „Und was soll ich so lange machen?" Er zuckte mit den Schultern. „Vielleicht leistest du Maite Gesellschaft?" Joelle verzog das Gesicht. „Musst du denn unbedingt helfen?" In diesem Augenblick rief John nach Paddy, der wesentlich genervter wirkte als Kathy: „Paddy jetzt komm endlich!" Paddy schaute Joelle entschuldigend an und gab ihr einen Kuss auf die Wange: „Ich beeile mich. Du wirst dich schon irgendwie beschäftigen können."

Maite und Hannah saßen in unmittelbarer Nähe in der Sonne und hörten, wie John Paddy rief. Auch wenn Hannah ein Sturkopf war, konnte sie es nicht lassen Paddy und Joelle zu beobachten. Sie hing mal wieder ihren Gedanken nach, als Maite sie etwas fragte. „Wie bitte, was hast du gesagt Maite?" Maite schmunzelte: „Du denkst immer noch über den Streit mit Paddy nach oder?" Hannah errötete: „Nein. Der kann mir gestohlen bleiben." „Wen willst du denn hier etwas vor machen? Ich sehe doch, dass du darüber grübelst. Ich rede später mal mit Paddy. Das renkt sich schon wieder alles ein." „Und wenn schon." „Ihr beide macht mich echt noch wahnsinnig! Ihr seid euch einfach zu ähnlich weißt du das? Kann nicht einer von euch einfach nachgeben und sich entschuldigen? Das ist doch nicht auszuhalten." „Wenn, dann sollte er sich bei mir zuerst entschuldigen", trotzte Hannah und verschränkte die Arme. Maite verdrehte die Augen: „Dann sei eben bockig. Das ist ja wie im Kindergarten. Ich werde kurz zu Joelle rüber gehen." Hannah erwiderte nichts, sondern streckte ihrer Freundin die Zunge raus. ‚Er ist der Arsch, nicht ich', nuschelte Hannah vor sich hin, stand auf und wollte sich die Beine vertreten. Ein bisschen laufen tat ihr sicherlich gut, um den Kopf frei zu kriegen. Auch wenn sie sich das selbst nicht eingestehen wollte; der Streit mit Paddy ging ihr näher als sie eigentlich wollte. Schon damals, als sie sich mit Basti gestritten hat, hasste sie es, wenn sie sich ignorierten. Allerdings war Basti im Gegensatz zu Hannah nicht so störrisch, so dass er immer den ersten Schritt auf Hannah zuging und der Streit zwischen den Geschwistern nicht allzu lange anhielt. Auf den Weg zurück zum Bus, kam ihr tatsächlich Paddy entgegen. Hannah sah ihn schon von Weiten. Sie war kurz am überlegen, ob sie sich umdrehen und in die andere Richtig gehen sollte, entschied sich aber dagegen, da ihr das zu lächerlich vorkam. Dementsprechend ging Hannah erhobenen Hauptes in seine Richtung. Ihre Blicke trafen sich. Es schien, als ob Paddy kurz in seiner Bewegung stockte. Als er jedoch bemerkte, dass Hannah keine Anstalten machte stehen zu bleiben, geschweige denn mit ihm zu reden, senkte er den Blick und ging an ihr vorbei. Hannah Herz rutschte in ihre Magengrube. Am liebsten hätte sie sich umgedreht, traute sich jedoch nicht aus Angst, dass er ihre Schwäche doch bemerkte. Paddy hingegen blickte über seine Schulter und sah nur noch, wie Hannah schnurstracks ihren Weg fortsetzte.

Hannah schob ihre Gedanken an den Streit mit Paddy bei Seite und stieg in den Bus. Es dauerte nicht mehr lange, ehe sie ihre Mutter abholen würde. Als sie ihre Sachen zusammen suchte, kam Joelle herein und stockte, als sie Hannah bemerkte. Die Mädchen standen sich gegenüber und starrten sich an. Hannah löste sich aus der Starre und packte ohne Joelle eines weiteren Blickes zu würdigen ihre Sachen. Als sie den Bus verlassen wollte, versperrte ihr Joelle den Weg. Hannah räusperte sich: „Lässt du mich bitte durch?" Joelle lächelte hämisch, sagte jedoch nichts. „Joelle, was soll das? Lass mich durch." „Ich hoffe, du hast jetzt kapiert, dass du Paddy in Ruhe lassen sollst?" Hannah war es leid, sich ständig rechtfertigen zu müssen. Sie gab sich geschlagen und sah auch überhaupt keinen Sinn sich über etwas zu streiten, das für sie aussichtslos war. Ändern würde sich die Situation wohl nicht. Warum also noch Kraft und Nerven investieren? Schließlich hatte Paddy ihr gestern seinen Standpunkt klar gemacht: „Ja. Was auch immer. Werdet glücklich." Sie schob Joelle zur Seite, die keinen Widerstand leistete, und verließ den Bus, um auf ihre Mutter zu warten. Alles andere wäre Hannah jetzt lieber gewesen als auf den Geburtstag von Tante Gretchen gute Miene zum bösen Spiel vorzutäuschen.

Beste FreundinnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt