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„Und wie war es bei den Kellys?", fragte Hannahs Mutter, während sie das Auto in der Einfahrt parkte. Hannah hatte die Autofahrt über nicht viel gesprochen und behauptete sie wäre müde. „Gut, wie immer." „Was habt ihr denn Schönes gemacht? Wart ihr viel draußen? Du hast ordentlich Farbe gekriegt." Hannah sah ihre Mutter genervt an: „Mama, kann ich dir das später alles erzählen? Ehrlich gesagt will ich nur in mein Bett und ein wenig schlafen." Ihre Mutter sah sie etwas enttäuscht an. „Na gut. Dann ruh dich ein bisschen aus. Ich gehe schnell zu Tante Gretchen rüber und hole Pad ab. Soll ich Pizza mitbringen?" „Wie du willst.", antwortete Hannah gleichgültig und schloss die Haustür auf. Sie pfefferte ihre Taschen in eine Ecke, ging schnurstracks in ihr Zimmer und schmiss sich auf ihr Bett. Ihre Schuhe streifte sie gekonnt mit den Füßen ab, die vor dem Bettende auf den Boden plumpsten. So heftig hatte Hannah Maite noch nie angefahren. Dieses ständige Wer-mit-Wem-Gequatsche ging ihr mittlerweile so auf die Nerven. Warum kann man nicht mit dem anderen Geschlecht befreundet sein, ohne dass einem gleich eine Liebelei angehängt wird? Hannah hatte es satt, ständig über ihre Gefühle ausgefragt zu werden, schließlich wusste sie doch selbst nicht wie das mit Ben weitergehen sollte. In Sachen Paddy gab es für sie nichts zu überlegen. Da schlug ihr Dickkopf wieder durch, der es nicht einsah überhaupt etwas zu ändern. Warum auch? Wenn die anderen damit ein Problem haben, ist das nicht ihre Sache. Über ihre Gedanken grübelnd döste Hannah schließlich ein und wurde kurze Zeit später von einer kalten Schnauze geweckt, die freudig fiepte. „Hi, Pad." Hannah tätschelte ihren Labradormischling die Flanke, der es als Aufforderung gesehen hat, auf das Bett zu springen. „Pad, du bist viel zu schwer! Geh runter von mir", lachte sie. „Los komm, wir gehen runter." Pad ließ sich das nicht zweimal sagen und ging schwanzwedelnd voraus. Hannah fühlte sich etwas besser, ihre Wut, oder war es Enttäuschung?, hat sich etwas gelegt. Ihre Mutter bemerkte ihre Tochter wie sie die Treppen herunterkam und stand vom Sofa auf: „Geht's dir jetzt ein bisschen besser, Liebes? Maite hat angerufen. Es klang sehr dringend. Du solltest sie so schnell wie möglich zurückrufen." Auf ein klärendes Gespräch hatte sie nun überhaupt keine Lust und beschloss nicht gleich zurückzurufen. „Können wir erst Pizza bestellen, so langsam habe ich Hunger." Ihre Mutter nickte und stand auf, um in die Küche zu gehen und nach dem Flyer für den Pizzaboten zu suchen: „Wie immer? Schinken, Champignons, Artischocken und extra Käse?" „Japp", war alles, was Hannah da drauf antwortete, nahm im Wohnzimmer platz und schaltete den Fernseher ein.

Sie war in eine Sitcom vertieft, als das Telefon klingelte und wie automatisch den Hörer abnahm: „Münch?" „Hannah? Hier ist Maite." Hannah schreckte hoch und saß mit einem Mal kerzengerade auf dem Sofa: „Oh hi." „Hör zu. Es tut mir wirklich leid. Ich wusste nicht, wie du über die Sache denkst und ich habe ehrlich gesagt überhaupt nicht dran gedacht, was dir die Freundschaft zu Paddy bedeuten könnte. Ich fühle mich richtig schlecht deswegen." Hannah sagte nichts, sondern hörte nur zu. „Hannah bist du noch dran?" „Mhh, ja bin ich." „Wirklich Hannah. Sorry? Komm schon, quäle mich nicht länger. Ich weiß, dass das blöd war." Hannah seufzte. Eigentlich konnte sie niemanden lange böse sein. Schon gar nicht Maite: „Also gut. Entschuldigung angenommen." Maite seufzte erleichtert auf: „Na ein Glück. Ich dachte schon, ich muss anfangen zu betteln und dich mit irgendetwas bestechen." Hannah lachte: „Ach gegen Schokolade habe ich nichts einzuwenden." „Die kannst du gerne haben. Falls es dich interessiert: bevor ich dich angerufen habe, hat Paddy mit Joelle telefoniert." „Oh nee, bitte jetzt nicht wieder so ein Chaos", bat Hannah und verdrehte ihre Augen. Maite gluckste: „Keine Angst, ich weiß nicht worüber die beiden gesprochen haben, auf jeden Fall ist Paddy gerade unterwegs. Ich vermute er trifft sich mit ihr." „Das ist doch schön. Ich hoffe, diese Zimtzicke kriegt sich ein." Eigentlich wollte Hannah gar nicht so forsch klingen, aber seitdem sie Joelle kannte, gab es mehr oder weniger nur Stress. Maite atmete tief durch: „Hoffentlich. Sag mal, wie sieht es denn jetzt aus mit nächster Woche?" „Warte einen Moment." Hannah nahm den Hörer vom Ohr und schrie nach ihrer Mutter: „Mama, kann ich nächste Woche mit Maite nach Düsseldorf und/oder Bochum? Mittwoch spielen sie hier und Donnerstag und Freitag dann in den anderen Städten." Hannahs Mutter kam mit einem Tablett ins Wohnzimmer, auf dem etwas zu trinken, Gläser und Servierten lagen. „Mittwoch und Donnerstag habe ich nichts dagegen, aber Freitag sind wir bei Tante Gretchen. Sie hat doch Geburtstag." „Hannah legte den Hörer wieder an ihr Ohr. Düsseldorf geht klar, Freitag muss ich auf den Geburtstag von Tante Gretchen." „Super, ich freu mich! Treffen wir uns dann Mittwoch an der Bühne?" „Geht klar, mach's gut Maite."  "Bis dann."

Die Pizza wurde von Hannah und ihrer Mutter auf dem Sofa verspeist. Während sie aßen, erzählte Hannah von ihrer Woche auf dem Hausboot und was sie gemeinsam mit Maite alles unternommen hat. Nur, dass ihr Vater mit ihr reden wollte, ließ sie außen vor. Immerhin war das in der Woche kein schönes Erlebnis und sie wollte die Stimmung zwischen ihr und ihrer Mutter an diesem Abend nicht kaputt machen. Gemeinsam räumten sie die Pizzakartons und das Tablett in die Küche und gingen eine letzte Runde mit Pad um den Block, bevor Hannah mit vollen Magen ins Bett ging.

Beste FreundinnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt