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Maite beobachtete ihren Bruder für einen Moment, als sich die restlichen Familienmitglieder immer noch köstlich über Hannahs Aktion amüsierten. Dieses zufriedene Grinsen kannte sie von Paddy nur zu gut. Ob er doch mehr Gefühle für Hannah hatte, als er eigentlich zugeben wollte? An sich konnte sie sowohl ihren Lieblingsbruder als auch ihre beste Freundin sehr gut einschätzen, aber diesmal wurde sie aus beiden nicht wirklich schlau. Gestern hatte sich Paddy doch noch tierisch über Joelle aufgeregt und war schon fast verzweifelt, weil sie so eifersüchtig war. Auf der anderen Seite; vielleicht hatte Joelle auch allen Grund dazu. Schließlich verstehen sich Paddy und Hannah wirklich gut, er vertraut ihr persönliche Dinge an und auch diese Vertrautheit zwischen den beiden ist sehr intim. Normalerweise ist Paddy in Sachen Gefühle zeigen nicht sehr aufgeschlossen. Selbst seinen Geschwistern vertraut er nicht vieles an, außer Maite vielleicht. Maite beschloss sich nichts weiter dabei zu denken, Paddy und Hannah aber weiter im Auge zu behalten. Als auch sie fertig war mit dem Frühstück, ging sie Hannah beim Packen zur Hand. „Es ist wirklich schade, dass die Woche schon vorbei ist. Ich würde wirklich gerne länger hierbleiben", sagte Hannah und schmiss ein Paar Socken in ihre Tasche. „Nächste Woche sehen wir uns doch schon wieder." Maite reichte ihr einen Stapel mit Klamotten. „Schon, aber es ist ja nicht dasselbe. Zu Hause hocke ich mehr oder weniger alleine rum. Ich werde mich zu Tode langweilen." „Oder! Du vergnügst dich mit Pad und hoffst, dass du Ben nochmal triffst." Maite witterte in der Situation eine Chance vielleicht doch mehr über Ben, sie und vielleicht auch Paddy in Erfahrung zu bringen. Hannah zuckte mit den Schultern: „Wer weiß." „Das klingt aber nicht sehr überzeugend." Maite musterte ihre Freundin eindringlich und fing an zu grinsen. Ehe sie darüber nachdenken konnte, sprach sie diesen Satz auch schon aus: „Oder willst du dich lieber mit Paddy treffen?" Hannah verdrehte die Augen und errötete leicht: „Fang du jetzt nicht schon wieder damit an. Ich wollte Paddy heute beim Frühstück nur helfen. Ich kenne das, wenn man vor allen bloßgestellt und von allen angeglotzt wird. Und sind wir mal ehrlich. Joey und Jimmy können schon ganz schön fies sein." Maite wechselte gekonnt das Thema: „Hast du eigentlich gestern mit Paddy gesprochen, bevor er sich zu uns gesellt hat?" Verwundert über diese Frage nickte Hannah. „Und über was habt ihr geredet?", hakte Maite weiter nach, während Hannah ihr Schlafzeug unter dem Bett hervorkramte. Sie kniete vor dem Bett und schlug sich auf die Oberschenkel: „Er hat sich mehr oder weniger über Joelle ausgekotzt. Wieso fragst du?" Maite biss sich unschuldig auf ihre Lippe: „Du und Paddy versteht euch echt gut." „Oh man, Maite lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen." „Ich frage mich nur, ob die Eifersucht von Joelle nicht doch ein klitzekleines bisschen gerechtfertigt ist." Schon als die Worte ausgesprochen waren, bereute sie Maite. Hannah schaute ihre beste Freundin mit großen Augen an: „Du verarschst mich gerade oder? Ja, ich verstehe mich gut mit deinem Bruder,  ja ich schätze ihn wirklich sehr und wenn es ihm nicht gut geht, mache ich mir Sorgen. Soll ich jetzt auf Joelle Rücksicht nehmen, weil sie so paranoid ist? Denkst du wirklich, ich wäre jemand, der jemanden den Freund ausspannt würde? Denkst du wirklich ich will etwas von deinem Bruder? Weißt du, ich hätte diese Meinung von jedem anderen Außenstehenden erwartet, aber nicht von dir. Ich dachte, du verstehst mich wenigstens ein bisschen." Hannah kamen die Tränen: „Verliere du mal einen Bruder, dem du alles anvertraut hast, mit dem du durch dick und dünn gegangen bist. Auf einmal ist er nicht mehr da, einfach so. Weißt du, wie es sich anfühlt, seine bessere Hälfte zu verlieren? Und dann findest du jemanden, der ein Bruder für dich sein könnte und das auch will und nun soll ich auf mein Seelenheil verzichten, nur weil andere denken, da könnte mehr zwischen uns laufen? Ich nähere mich seit langem mal endlich wieder jemanden und jetzt soll das falsch sein? Paddy hat es als einziger geschafft, dass ich wieder eine Gitarre in die Hand genommen habe. Ich hab keine Ahnung wie er das geschafft hat, aber seit langem fühle ich mich endlich mal wieder weniger verkorkst." Mit diesem Gefühlsausbruch hat Maite nicht gerechnet. Sie schluckte schwer: „Hannah, so war das gar nicht gemeint. Ich dachte nur..." „Nee, spar's dir. Echt jetzt." Maite wollte gerade ansetzen, etwas zu sagen, als es an der Tür klopfte und Kathy die Tür öffnete: „Hannah, deine Mutter ist da." „Ich komme, Kathy." Wutentbrannt nahm Hannah ihre Sachen und verließ das Zimmer ohne sich zu verabschieden. Maite war den Tränen nahe. Am liebsten wäre sie Hannah hinterhergerannt und hätte ihr alles erklärt. Aber was hätte Maite erklären sollen? Dass sie eben an Hannahs Situation nicht gedacht hatte, sondern nur an alberne Liebeleien zwischen ihr und ihrem Bruder? Nachdem Maite sich ein bisschen gefangen hatte, ging sie aus ihrem Zimmer und hoffte, dass sie Hannah noch antreffen würde, doch sie war bereits mit ihrer Mutter gegangen.

Beste FreundinnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt