Gemütlich schlenderten die beiden Mädchen zurück zu Tante Gretchen. Diese saß im Vorgarten auf einer Bank und telefonierte. Als sie Maite und Hannah sah, winkte sie beiden zu und deutete ihnen an, sich auf die freien Stühle zu setzen: „Du, Hannah ist gerade da", Tante Gretchen lauschte der Stimme am anderen Ende des Telefons und nickte. „Soll ich sie dir mal geben?" Hannah schaute skeptisch. Mit wem telefonierte ihre Tante da? „Moment." Gretchen hielt eine Hand auf den Telefonhörer und sprach zu Hannah: „Dein Vater ist am Telefon und würde sich sehr freuen mit dir zu reden." Hannah verlor jegliche Farbe aus ihrem Gesicht. Für ein Gespräch mit ihrem Vater war sie nicht bereit. Zu tief war die Wunde, die er hinterlassen hat, zu stark war das Gefühl von Hass, wenn sie sich die Frage stellte, warum er das ihr und ihrer Mutter angetan hatte. „Ich will nicht mit ihm reden. Das habt ihr ja super eingefädelt. Ihr dachtet wohl, ihr telefoniert mal zufällig, da du ganz genau weißt, dass ich später nochmal bei dir vorbeischaue. Das ist sowas von armselig. Die ganze Zeit konnte er sich nicht melden, gerade als Mama und ich ihn gebraucht hätten und jetzt meldet er sich noch nicht mal direkt bei uns, nein, er kontaktiert uns über seine Schwester. Nein, danke! Ich kriege echt zu viel. Jetzt braucht der auch nicht mehr mit Reden ankommen." Hannah stiegen vor Wut die Tränen in die Augen. Sie wartete keine Antwort ab, sondern verließ so schnell sie konnte den Garten, bloß weg von Tante Gretchen und ihrem Vater, der am Telefon war. Maite stand wie angewurzelt da, mit Pads Leine in der Hand. Sie entschuldigte sich bei Tante Gretchen, übergab ihr Pad und rannte Hannah hinterher, die schon am anderen Ende der Straße war. Hannah übersah in ihrem hastigen Schritt einen Bordstein, konnte sich nicht mehr halten und fiel hin. „Hannah! Ist alles ok? Hast du dir wehgetan?" Maite half ihrer Freundin auf. Verweint sah Hannah zu Maite und schüttelte den Kopf: „Nichts ist ok." Sie weinte und fiel Maite in die Arme, die ihr über den Rücken streichelte und sie versuchte zu trösten. „Komm, beruhige dich erstmal." „Beruhigen? Ich soll mich beruhigen? Wie kommt er auf die Idee, ich würde mit ihm sprechen wollen? Ich habe mich gerade daran gewöhnt, dass er nicht mehr da ist und dann taucht der einfach wieder aus dem Nichts auf. Hat er nicht schon genug kaputt gemacht?" Die beiden Mädchen setzten sich auf den Bordstein. Hannah ließ ihrer Wut freien Lauf, während Maite ihr einfach nur zuhörte. Sie wollte nicht sagen, was sie zu der ganzen Sache dachte, da ihre Meinung Hannah wohl noch mehr aufwühlen würde. Als Hannah ihren Wutanfall beendet hatte, fragte Maite, ob sie sich nun ein wenig beruhigt hätte. Hannah nickte und wischte sich die restlichen Tränen von ihrem Gesicht: „Das war einfach unerwartet. Ich will gerade einfach nicht mit ihm reden." Maite legte ihren Arm um Hannahs Schulter: „Das verlangt auch keiner von dir. Du solltest aber immer im Hinterkopf behalten, dass er dein Vater ist und bleibt und es für ihn bestimmt auch nicht einfach war." Hannah machte eine abwertende Bewegung: „Pff...also ich finde, er hat es sich doch sehr leicht gemacht und den Weg mit dem geringsten Widerstand eingeschlagen. Wenn du das für nicht einfach hälst...Los, komm. Es ist schon später geworden. Patricia und Kathy warten bestimmt schon auf uns. Die Shoppingtour werden wir wohl nicht mehr schaffen." Maite stand wortlos auf und folgte ihrer Freundin, die immer noch ziemlich wütend war.
Auf den Weg zu ihrem Treffpunkt haben die beiden nicht viel miteinander geredet. Hannahs Dickkopf hatte sich mal wieder durchgesetzt und bockte immer noch rum. ‚Das wird sicherlich noch eine Weile dauern, bis sie sich wieder abreagiert', dachte sich Maite und hoffte inständig, dass sie sich mit ihrer Vermutung irrte. „Wo wollten wir uns nochmal mit Patricia und Kathy treffen?", fragte Hannah. „Dort drüben in dem kleinen Café. Die beiden sind auch schon da." Als die beiden das Café erreichten, trafen sie auf Patricia und Kathy, die sich angeregt unterhielten: „Da seid ihr ja", sagte Patricia und schaute zu den Mädchen auf. „Seid ihr bei eurer Shoppingtour erfolgreich gewesen?" Mürrisch zog Hannah einen freien Stuhl zurück und ließ sich auf diesen nieder. Als Patricia und Kathy verwirrt zuerst Hannah und dann Maite anschauten, versuchte Maite die Situation zu erklären: „Zum Shoppen sind wir leider nicht mehr gekommen. Wir haben die Zeit beim Spazieren gehen mit Pad vergessen" Ihre Schwestern nickten, während sich auch Maite setzte. „Wie wäre es mit Kuchen? Ich lade euch alle ein", sagte Kathy und schaute in die Speisekarte. Als der Kellner kam, bestellte sie für alle ein großes Stück Käsekuchen, für die Mädchen Wasser, für Patricia einen Kaffee und für sich selbst einen Kräutertee. „Kräutertee? Seid wann trinkst du denn bitte Kräutertee?", fragte Maite ihre große Schwester, die sonst immer und zu jeder Tageszeit Kaffee trank. Kathy grinste: „Zu viel Koffein ist nicht gut." „Das fällt dir aber sehr früh ein, Kaffeejunkie", erwiderte Maite. Patricia strahlte über das ganze Gesicht. Auch Hannah bemerkte dieses auffällige Verhalten der beiden jungen Frauen: „Ok, was ist hier los?" „Ich halte es nicht aus. Los Kathy sag schon", Patricia war ganz aus dem Häuschen. „Eigentlich wollte ich es erzählen, wenn wir alle zusammen sind." Maite und Hannah verstanden nur Bahnhof. „Patricia und ich waren heute beim Arzt. Wir bekommen Zuwachs. Ich bin schwanger!" Patricia klatschte freudig in die Hände. „Ist nicht wahr!", Maite sprang auf und umarmte ihre große Schwester. Auch Hannah freute sich und gratulierte Kathy: „Wann ist es denn soweit?" „Im Dezember." Kathy lächelte und streichelte über ihr kleines Bäuchlein. „Ich weiß das mit der Schwangerschaft schon länger, wollte es euch aber erst erzählen, wenn die kritische Phase um ist" „Weißt du denn schon, was es wird?", fragte Hannah. „Nein, ich lasse mich überraschen." Der Kellner kam mit dem Kuchen und den bestellten Getränken und stellte die Leckereien vor ihnen auf dem Tisch ab. „Also, auf Kathy und das kleine Wunder", sagte Patricia feierlich und die vier stießen mit ihren Getränken an. „Auf Kathy", stimmten Hannah und Maite mit ein. Maite fragte ihre große Schwester über ihre Schwangerschaft aus, während Hannah nur mit einem Ohr zuhörte. Sie freute sich wirklich für Kathy, aber dennoch war sie mit ihren Gedanken doch noch bei ihrem Vater und überlegte, was er ihr wohl hätte sagen wollen.
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Beste Freundinnen
FanfictionHannah ist ein gewöhnliches Mädchen, das wie jede andere Jugendliche auch zur Schule geht und alltägliche Teenagerprobleme bewältigen muss. Doch eine Sache unterscheidet sie doch von ihren Mitschülern. Ihre beste Freundin ist alles andere als ein ge...