9. Kontaktaufnahme

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Extrem demotiviert schleppe ich mich Tag für Tag zur Schule. Die fetten Kopfhörer dämmen die Geräusche dieser ekelhaften Welt ein bisschen. Kurt Cobain schreit mit seiner kratzigen Stimme direkt in meine Ohren und für mich gibt es kein schöneres Gefühl. Als ich in Richtung Klassenraum laufe, rennt mir Elli wie eine geistesgestörte entgegen. "Satans Tochter ist krank!", schreit sie über den halben Flur. Mehrere Schüler und Lehrer drehen sich zu ihr um. Ich muss grinsen. Elli ist so cool, ich liebe ihre Art.

"Wir haben Frau Hansen. Die hatten wir die letzten zwei Jahre in Sport und Sozi.", erklärt sie mir. Frau Hansen. Mona. Mir wird schlecht. "Elli, sollen wir die ersten beiden Stunden nicht einfach schwänzen und in die Stadt gehen?", frage ich. Unter gar keinen Umständen will ich jetzt Mona sehen. Ich sehe aus wie der letzte Penner und ich bin mental nicht bereit dazu, ihr auch nur eine Sekunde in die Augen zu schauen. Ich kann und will sie einfach nicht sehen und ich hoffe dass Elli von der Idee begeistert ist, dass wir schwänzen. Aber Elli ist alles andere als begeistert. "Schau doch mal Schatz, Satans Tochter ist krank und das ist schon dreimal ein Grund um nicht zu schwänzen, weil der Tag einfach so schön wird und den können wir dann ruhig mal in der Schule verbringen und etwas lernen. Das würde dir glaube ich ganz gut tun, wie viele Sechsen hast du bis jetzt kassiert?", antwortet sie. "Ach, halt doch die Klappe.", sage ich und bin etwas sauer auf sie. Normalerweise ist sie immer dabei, wenn wir schwänzen, immer.

Wir betreten den Klassenraum, Mona ist noch nicht da. Ich bin sauer auf Elli und Jonas scheint heute krank zu sein. Ich setze mir wieder meine Kopfhörer auf und höre ganz laut Musik. Um kurz nach acht Uhr betritt Mona den Raum. Ich schaue kurz hoch, wende mich dann aber wieder meinem Buch zu. "Hallo, ich bin Frau Hansen, eure Vertretung für die ersten beiden Stunden.", sagt sie und beginnt mit der Anwesenheitskontrolle.

"Sophie, warst du nicht vor zwei Jahren in meiner Klasse?", fragt sie. "Ja, wir hatten Sie in Sozi und Sport.", antworte ich. "Schön dass du wieder da bist.", sagt sie und lächelt mich an. Sie kontrolliert noch die restliche Anwesenheit und gibt uns eine Aufgabe. Meine Gedanken kreisen nur um sie, bis Elli mich aus meinen Gedanken reißt. "Bist du noch böse auf mich?", fragt sie. "Nein.", antworte ich verträumt. Alles wird gut werden. Mona ist in meiner Nähe.

Nach der Stunde trödeln Mona und ich. Elli ist schon nach draußen um eine zu rauchen, alle anderen gehen auch raus. "Sophie, kann ich kurz mit dir reden?", fragt Mona. "Klar.", sage ich und bin ein bisschen nervös. "Ist alles gut bei dir?", fragt sie und ich glaube es interessiert sie wirklich. "Es könnte immer ein bisschen besser sein, aber eigentlich ist alles okay.", antworte ich. "Wenn du mal reden willst kannst du immer zu mir kommen. Ich werde in der Schule immer für dich da sein.", sagt sie. Oh, sie hat Angst dass ich mich wieder umbringen will. Das finde ich eher scheiße.

Wir reden eine halbe Ewigkeit, bis die Pause zu Ende ist. Mona verlässt den Raum und lächelt mich an. Ich bin der glücklichste Mensch auf der Welt. "Was wollte sie?", fragt Elli. "Wissen wie es mir geht.", antworte ich knapp. Monas Stimme geht mir den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf.

I love you until I die | LGBTQWo Geschichten leben. Entdecke jetzt