Am Freitagmorgen bin ich total nervös. Seit Tagen überlege ich, was ich anziehen soll und werde einfach nicht schlauer. Ich habe nichts zum Anziehen und mein Schrank hängt voller Schrott. Und soll ich mich schminken? Legt sie überhaupt Wert auf mein Aussehen? Ich entscheide mich für meine neue Vintage Jeans, einen Pink Floyd Pullover, meine schönsten Chucks - ich besitze zehn Paar. Zu mehr bin ich nicht in der Lage, da ich ziemlich viel Zeit vorm Spiegel und vor meinem Schrank verschwendet habe. Die letzten vier Stunden vor den Ferien gehen quälend langsam vorbei. Als es klingelt, stürme ich sofort nach draußen. Am Lehrerparkplatz steht Mona und lächelt mich an. "Das ging ja schnell.", sagt sie. Ich grinse. Wir steigen in ihr Auto und sie macht Musik an. Ich liebe diese Frau immer mehr. Sie hat mehrere Alben von Pink Floyd und Nirvana in ihrem Auto. Bei 'Another Brick in the Wall' kann ich mich nicht mehr zurückhalten und singe mit. Sie schaut mich kurz an und lächelt, dann singt sie auch mit.
Als Mona die Tür zu ihrem Haus aufschließt, bin ich ziemlich nervös. "Was willst du essen? Wir hätten Sushi, Pizzabrötchen und Vegetarische Lasagne, die niemand außer mir mag.", erklärt sie. "Lasagne klingt gut.", sage ich. Sie schiebt die Lasagne in den Backofen, stellt ihren Handywecker und wir setzen uns ins Wohnzimmer. "Magst du kein Fleisch?", fragt sie. "Nein, nicht so gerne. Aber in meiner Familie lieben alle Fleisch.", antworte ich. "Davon kann ich ein Lied singen. Mein Mann und die Jungs lieben Fleisch und ich bin eher so der vegetarische Typ, aber was tut man nicht alles für seine Familie.", sagt sie. Ich mag sie immer mehr. Sie isst nicht so gerne Fleisch, genau wie ich. Sie hört gute Musik, genau wie ich. Sie mag Bücher, genau wie ich. Und bald wird sie auch mein Lieblingsbuch kennenlernen.
Eine Weile lang schauen wir uns tief in die Augen. Der Moment scheint perfekt, bis der Wecker klingelt. Die Lasagne ist fertig. Der Moment hätte nicht perfekter sein können, bis der Wecker geklingelt hat. Wir essen eine Weile schweigend. "Und, schmeckt es dir?", fragt sie. "Es ist so geil.", mampfe ich. Sie grinst. "Bei mir Zuhause gibt es meistens Fertigsachen, also Pommes und Chicken Wings oder so. Gemüse haben wir eigentlich gar nicht im Kühlschrank.", erkläre ich. Mona schaut mich schockiert an. "Kein Gemüse? Unfassbar.", sagt sie. "Ich kenne es nicht anders.", sage ich und zucke mit den Schultern.
Nach dem Essen setzten wir uns wieder auf die Couch und ich hole das Buch aus meiner Tasche. "Bereit?", frage ich. "Bereit.", sagt sie und lächelt mich an. Ich beginne zu lesen. Die ersten vier Kapitel lese ich in einem Rutsch und sie hört mir gebannt zu. "Deine Stimme ist so schön.", flüstert sie. Ich grinse. "Soll ich weiter lesen?", frage ich. "Ja!", ruft sie begeistert und ich lese weiter.
Beim achten Kapitel kann ich mich nicht mehr auf das Buch konzentrieren. Monas Blicke lenken mich ab. Sie hat ihren Kopf auf meinen Schoß gelegt und jetzt schaut sie mir in die Augen. "Deine Augen sind so schön. Sie haben etwas trauriges, aber gleichzeitig sprühen sie voller Energie wenn du über Musik oder Bücher redest. Das mag ich an dir.", sagt sie und richtet sich auf. Sie streicht mir über die Wange. "Du bist wunderschön.", sage ich. Sie lacht. "Oh nein, du bist schön. Ich habe Schwangerschaftsstreifen und dicke Oberschenkel.", sagt sie.
Ich streiche über ihren rechten Oberschenkel. "Du bist wunderschön.", sage ich. Sie schaut mir tief in die Augen. Unsere Gesichter kommen sich immer näher, bis wir uns küssen. Sie riecht so gut und ihre Lippen schmecken nach Kirschlipgloss. Mona stößt mich weg und schaut mich schockiert an.
"Sophie, was war das?"
"Ein Kuss."
"Das weiß ich, aber was sollte das?"
"Ich fand den Moment passend."
"Es gibt bei uns keinen passenden Moment."
"Aber Mona.. Ich liebe dich."
"Sophie, ich dachte wir wären Freunde. Nur Freunde."
Ich packe meine Sachen und renne nach draußen. Irgendwo in diesem Kuhdorf muss es doch eine verdammte Bushaltestelle geben. Weinend renne ich durch das Dorf und suche eine Haltestelle. Es dauert mindestens zehn Minuten bis ich eine gefunden habe, aber zum Glück kommt der Bus in einer Minute. Als der Bus da ist und seine Türen aufmacht, sehe ich Mona. Sie springt aus ihrem Auto und rennt auf mich zu. "Sophie, warte!", ruft sie. Ich spüre die Blicke der Leute, die uns anschauen. Ich schaue kurz zu Mona, schüttle den Kopf und steige in den Bus. Der Busfahrer macht die Türen zu, Mona klopft noch dagegen, aber er fährt los.
Im Bus setze ich erstmal meine Kopfhörer auf und versuche mich zu beruhigen, was nur mit Musik klappt. Ganz nach dem Motto 'Musik an, Welt aus'. Zuhause lege ich mich ins Bett und kann vermutlich nie wieder aufstehen.
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I love you until I die | LGBTQ
Teen Fiction"Wir waren verdammt nochmal was besonderes!", rufe ich. "Sophie, sei leise, verdammt. Ich hatte Angst.", flüstert sie. "Du hast immer Angst.", sage ich ruhig und lasse meine erste große Liebe stehen. Gerade hat Sophie ihr Leben wieder im Griff, da t...