Mona hat ihren Stundenplan fallen lassen, als sie ins Lehrerzimmer gegangen ist. Niemand außer mir hat das bemerkt. Ich schaue mich schnell um, niemand sonst ist auf dem Flur. Schnell stecke ich ihren Stundenplan ein. Ich schreibe mir ihre Stunden ab und trage sie in mein Hausaufgabenheft ein. Tag für Tag laufe ich an den Räumen vorbei, in denen sie unterrichtet. Manchmal höre ich ihre wunderschöne Stimme und das versüßt mir den Tag.
Nach der Schule folge ich ihr unauffällig und schaue nach, welches Auto sie fährt. Ein dunkelblauer Ford, schön unauffällig, das habe ich erwartet. Morgens stehen Elli, Jonas und ich ab jetzt immer auf dem Lehrerparkplatz. "Um zu provozieren.", erkläre ich den beiden, als sie mich fragen, warum wir ab jetzt nicht mehr hinter dem Gartenhaus abhängen.
Mehrere Tage lang beobachte ich sie, wie sie nach dem Unterricht in ihr Auto steigt und wegfährt. Kurz bevor ich in die Klinik kam, habe ich den Motorradführerschein gemacht und mein Bruder Tom hat mein Motorrad aufgemotzt, damit es schneller fahren kann. Oft überlege ich, ob ich ihr hinterher fahren soll, aber die Vernunft sagt mir, dass ich das nicht tun sollte. Was passiert wenn sie mich erwischt? Was passiert wenn ich ihr bis zu ihrem Haus hinterher fahre? Was soll ich dann machen? Wenn sie mich sieht, soll ich dann sagen, 'Hi, du kennst mich nicht mehr, ich bin in dich verliebt und habe dich bis nach Hause verfolgt.'?
Jedes Mal wenn ich alleine in meinem Zimmer sitze und zu Mittag esse, während ich meine Lieblingsserie schaue, denke ich an Mona und vermisse sie. Warum muss ich mich eigentlich immer in die Personen verlieben, die unerreichbar sind, Hetero, verheiratet, Kinder haben und einfach zu alt für mich sind? Die Situation ist verdammt ausweglos und ich werde schon wieder total traurig. Warum kann ich nicht auch mal glücklich sein, warum kann ich nicht auch mal eine Beziehung haben, jemanden lieben der mich auch liebt?
"Sophie, alles okay?", fragt meine Mutter durch die geschlossene Tür. Ich schließe mich gern ein, weil ich dann einfach meine Ruhe haben will. "Alles gut.", sage ich und wende mich wieder meiner Lieblingsserie zu. Gar nichts ist gut, ich hungere seit drei Tagen und niemand hat etwas bemerkt. Mittlerweile kann ich das aber sehr gut verstecken. Die Klinge liegt natürlich in meiner oberen Nachttisch Schublade, dort liegt sie schon seit Tagen, Wochen, Monaten und niemand hat sie weggeräumt. Am liebsten würde ich mich jetzt wieder schneiden, aber dann wäre alles umsonst. Ich gehe nach draußen und renne, ich renne einfach los.
Am nächsten Tag in der Schule bin ich müde, ich habe mir die ganze Nacht Gedanken über die Klinge gemacht, dann habe ich über Mona nachgedacht und konnte natürlich erst Recht nicht schlafen. Den Schultag überlebe ich gerade so. Ich verabschiede mich von Elli und Jonas, die in die entgegengesetzte Richtung gehen müssen, weil sie heute zu McDonald's gehen und ich diesen abscheulichen Drecksladen nicht unterstützen will. Mona läuft an mir vorbei und ich folge ihr. Sie geht zum Lehrerparkplatz und steigt in ihr Auto. Ich renne schnell zum Motorradparkplatz und steige auf meine Maschine.
Unauffällig fahre ich hinter ihr her. Ein anderer Motorradfahrer quetscht sich zwischen Mona und mich, aber ich lasse sie nicht aus den Augen. Sie fährt ziemlich schnell und ich habe Mühe hinter ihr her zu kommen. Bestimmt eine halbe Stunde lang fährt sie stur geradeaus auf der Landstraße. Ich hätte nicht gedacht dass sie so weit weg wohnt. Auf einmal biegt sie rechts ab und fährt in einen kleinen Ort, der wahnsinnig spießig wirkt. Sie hält an einer Apotheke, steigt aus dem Auto und schaut mir direkt ins Gesicht. Ich breche an dem Punkt meine Verfolgungsjagd ab und trete sofort den Rückweg an.
Zu Hause mache ich mir die größten Vorwürfe. Wie konnte ich so bescheuert sein? Warum hat sie mich entdeckt? Wieso war ich so verdammt unvorsichtig? Jetzt weiß sie bestimmt dass ich ihr hinterher gefahren bin, sie ist ja nicht blöd. An diesem Abend weine ich mich zum ersten Mal seit langem wieder in den Schlaf.
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I love you until I die | LGBTQ
Teen Fiction"Wir waren verdammt nochmal was besonderes!", rufe ich. "Sophie, sei leise, verdammt. Ich hatte Angst.", flüstert sie. "Du hast immer Angst.", sage ich ruhig und lasse meine erste große Liebe stehen. Gerade hat Sophie ihr Leben wieder im Griff, da t...