Kapitel 1

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Samstag

„Selam aleykum, habibti", grüßt mich meine beste Freundin und zieht mich in ihre Arme. „Wa aleykum selam, habibo", erwidere ich grinsend den von ihr ausgesprochenen Friedensgruß und schlinge meine Arme um sie.

Nach einigem Drücken hier und da lassen wir uns wieder nach Luft ringen und blicken uns mit einem großen Schmunzeln an.

„Wie war dein Urlaub?", fragt sie mich mit wackelnden Augenbrauen. Ich lache.

„So weit, so gut. Du weißt ja wie es im Katun ist. Hühner, die einen aufwecken und Kühe sagen dir gute Nacht. Aber genau das habe ich an Kosovo vermisst - dieses familiäre Zusammensein. Nachbarn, Verwandte und sogar Fremde, mit denen man stundenlang über Gott und die Welt reden kann. Ach, danach waren wir noch in Ulqin am Strand", winke ich lachend ab.

„Ah, verstehe. Dann waren deine ja genauso spektakulär wie meine." Sie zieht ihr Handy aus ihrer Jackentasche und tippt wild darauf herum. „Wir waren auch eine Zeit im Köy und danach, girl ich sag's dir, in Izmir sind einfach die krassesten Jungs, woah. Auf jeden Fall waren wir danach noch in Side. Es war einfach der Hammer, vor allem die Schaumpartys. Halbnackte Männer voller Schaum, uii", quiekend rüttelt sie an meinem Arm und zieht mich vom Parkplatz des Einkaufszentrums ins Innere.

„Erzähl, hat meine Cousine etwa jemanden gefunden?" Während ich das sage wackele ich mit meinen Augenbrauen und zwicke ihr in die Seite.

Beschämt nickt sie und setzt den rechten Fuß auf die Rolltreppe. „Oh. Mein. Gott!", rufe ich aus vollem Herzen und zappele wie verrückt auf der hochfahrenden Treppe. „Du musst mir alles erzählen!", gebe ich mit Druck in der Stimme von mir und schaue sie auffordernd an.

„Tamam. Können wir später bei einem Kaffee darüber reden?" Zur Bestätigung nicke ich. Sie wirft mir einen dankenden Blick zu.

Gemeinsam stolzieren wir in den ersten Laden und unterhalten uns weiterhin über die vergangenen Wochen, die wir ausnahmsweise nicht gemeinsam verbracht hatten.

„Wie findest du das, Flora?" Sie hält ein kurzes, gelbes Kleid vor ihrem Körper, welches voll mit Blumen versehen ist. Um ehrlich zu sein, schmeichelt das Gelb ihrem gebräunten Teint und die Farben der verschiedenen Blumen lassen ihre Augen strahlen.

„Probier das an. Wenn dir das nicht steht, dann heiße ich nicht länger Flora Gashi", murmele ich. Meine bessere Hälfte fängt an zu lachen und schüttelt belustigt ihren Kopf.

„So theatralisch wie du muss man sein." Stolz nicke ich ihr zu und konzentriere mich dann wieder auf die Kleider am Ständer. Ein schöner Jumpsuit in einem leichten Rosé sticht mir ins Auge. Es hat einen V-Ausschnitt, der mit Steinchen besetzt ist. Schick und Elegant.

Kurzerhand greife ich danach und tue es in die gemeinsame Tragetasche von mir und Laila, die bereits vor lauter Klamotten überquillt.

„Ich glaube so langsam sollten wir in Richtung Umkleidekabine gehen, findest du nicht auch?" Laila fokussiert genauso wie ich die volle Tasche und hält sich verzweifelt den Kopf.

„Stell dir vor mir gefällt alles. Ich sag schon mal Au Revoir zu meinem Gehalt von diesem Monat." Auch ich stelle mir gedanklich vor wie viel ich am Ende des Tages für Kleidung ausgeben werde.

„Dann sollten wir mal froh sein, dass wir noch bei unseren Eltern leben und keine Miete zahlen müssen." „Ja, ja das sollten wir."

Nach diesem kurzen Gespräch gehen wir nebeneinander zu den Umkleiden, die wie zu erwarten an einem Samstag, probevoll sind. Wir stellen uns ans Schlangenende und sind solange beide mit unseren Telefonen beschäftigt.

Jeten e la per tyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt