Kapitel 42

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„Kannst du dich noch daran erinnern, als wir zusammen an meinem Klavier saßen und in die Tasten getippt haben?"

Er nippt an seinem non-alkoholischen Getränk und starrt durch die Gegend. Ich muss schmunzeln.

Zwar kann ich mich nur vage an die Zeit erinnern, die ich mit Granit verbracht habe, aber die wenigen Momente, die ich im Kopf habe, sind wirklich schöne Augenblicke.

Mein Handy gibt einen Nachrichten-Ton von sich. Ich stelle mein kaltes Getränk auf den hölzernen Bartisch und starre auf das Display.

‚Wo bist du?'

Es ist Flamur. Und ich habe die Zeit vollkommen vergessen. Hoffentlich ist er mir nicht böse, weil ich, ohne was zu sagen gegangen bin.

Ich merke, wie Granit auf mein Handy schielt und wahrscheinlich das gemeinsame Profilbild von uns anguckt und bin dabei meinem Freund zu antworten, als mich der Mann zu meiner Rechten dabei aufhält.

„Ich klär das schon mit ihm." Nervös kaue ich mir auf die Lippe, die sofort Granit's Aufmerksamkeit erlangt. Sofort halte ich inne.

Was mache ich hier eigentlich? Ich würde durchdrehen, wenn Flamur an meiner Stelle wäre und sich mit einer Frau treffen würde. Er macht sich bestimmt Sorgen.

Die Alarmglocken in meinem Kopf beginnen zu läuten. Das, was ich hier mache, ist falsch. Ich packe meine Tasche, krame einen Zehner aus dem Portemonnaie und klatsche ihn auf den Tisch.

„Ich gehe", brumme ich kurz und schultere mit gefletschten Zähnen mein Täschchen. Die Kälte seiner Hand durchdringt meine Kleidung und lässt mich zucken, als er sie auf meine Schulter legt.

Abrupt halte ich in meiner Bewegung inne und raffe mich dann auf, um meinen Weg zu meinem Wagen fortzusetzen.

Gott sei Dank war die Bar nicht allzu weit von der Halle entfernt, somit verringert sich die Gefahr, sich zu verfahren, denn ich bin echt eine Niete und gerate leicht dazu, mich zu verirren. Eine schlechte Eigenschaft an mir, wie ich finde.

Mein Handy fängt an zu klingeln, als ich meinen Wagen entriegele und die Tasche auf den Beifahrersitz werfe.

Nervös streiche ich mir durch das Gesicht und raufe mir die Haare. Mit einem lauten Seufzer nehme ich den Anruf entgegen und hoffe, dass er nicht arg böse auf mich ist.

„Wo bist du?" Seine Stimme klingt besorgt. „Ich komme gleich, Zemer. Azet hat mich auf einen Drink eingeladen", erzähle ich ihm die Wahrheit und warte schon auf ein böses Knurren, das er manchmal rauslässt, wenn er eifersüchtig ist.

Doch nichts dergleichen. Er stößt bloß die angestaute Luft aus seinen stoppeligen Bäckchen und ist kurz still.

„Ich hab mir Sorgen um dich gemacht, Flora." Meine Lippen spitzen sich. Er ist so süß und fürsorglich. „Es tut mir leid, Flamur."

Reumütig starte ich meinen Wagen und warte bis warme Luft aus dem Gefährt strömt, die mich zu dieser kalten Jahreszeit wärmen soll.

„Mach sowas bitte nicht mehr." Stumm nicke ich und würde jetzt allzu gerne meine Arme um seinen Körper schlingen.

„Versprochen", nuschele ich leise und werde von einem Klopfen gegen die Scheibe erschreckt. „Ich komme sofort", schniefe ich und beende den Anruf ohne auf eine Antwort zu warten.

Das war jetzt keine Reaktion, die ich erwartet hätte. Ich dachte Flamur wäre fuchsteufelswild, weil ich mit einem anderen Mann draußen war und das noch, ohne seines Wissens.

Ich lege den Gang ein und möchte gerade losfahren, doch werde von Granit dabei behindert, der weiterhin unentwegt gegen das Fensterglas zu meiner linken klopft.

Jeten e la per tyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt