Kapitel 40

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„Macht die Türen auf!", schreit jemand quer durch die Halle und die Türen werden, wie durch Zauberhand, aufgerissen.

Grelles Gekreische ist seit Stunden von außen zu hören, das jetzt das Innere des Raumes erhellt und mir wirklich schon Kopfschmerzen bereitet.

Woher haben so zierliche Kinder so ein lautes Organ?

Ich sehe von der oberen Etage aus, wie überwiegend Mädchen auf den abgesperrten Bereich zu stürmen und sich die besten Plätze in der ersten Reihe sichern.

Einige von ihnen haben dem Anschein nach auch die Schule geschwänzt, denn sie stehen schon seit dem frühen Mittag mit den verschiedensten Flaggen ihres Heimatlandes vor dem Eingang - überwiegend die, mit dem doppelköpfigen Adler.

Das Kreischen will nicht aufhören. Manche von ihnen ziehen ihre Telefone raus und filmen die Location oder sich selbst. 2018.

„Kleine Groupies", lacht eine tiefe männliche Stimme neben mir. Vor Schreck zucke ich zusammen und blicke mit dem Kopf nach links. Es ist Zuna, der mich angesprochen hat.

Etwas verdutzt blicke ich an, da er mich die ganze Zeit über eigentlich böse angestarrt hatte und ich jetzt nicht gedacht hätte, dass er das Gespräch zu mir suche.

Gezwungen lächele ich und bin dennoch etwas verwirrt. „Ich würde dreizehnjährige jetzt nicht als Groupies bezeichnen."

Er lacht rau und klappt die schwarze Sonnenbrille in seiner Hand zusammen. „Hast Recht", fängt er an. „Und, wie gefällt es dir bis jetzt mit der Kmn-Gang?", wechselt er das Thema.

Ich muss mir das Lachen verkneifen und versuche nicht allzu sarkastisch zu sein, was allerdings ziemlich schwierig ist.

„Sehr gut! Mein sehnlichster Wunsch ist in Erfüllung gegangen und ich kann meinen Kindern dann erzählen, dass ich mit so tollen Künstlern zusammen arbeiten durfte!", gebe ich dennoch theatralisch von mir und lehne mich an dem Gitter vor mir ab.

Wieder lacht er und steckt sich den verdunkelten Sonnenschutz an das T-Shirt. Er hebt seine Hand an und winkt jemanden hinter mir zu.

Ich drehe mich um und schaue in das Gesicht von Granit, der mit einer Schale in der Hand und mit einer Gabel in der Anderen auf eines der Sofas zu geht.

Rasch drehe ich mich wieder in meine Ausgangsposition und gucke starr auf den sich füllenden Raum.

Leicht klopft er mit seiner schweren Hand auf meine linke Schulter. „Wir werden sehen." Und schon verschwindet er.

Ich bin gerade mehr als nur verwirrt. Was genau will er und was labert er? Augenverdrehend lange ich nach meinem Handy und ziehe es aus meiner Hosentasche.

Fünf verpasste Anrufe von Flamur und einer von meiner Mutter. Mit dem linken Finger swipe ich nach rechts und rufe meine Mama zurück, denn die hat höchste Priorität.

(Sie würde sonst einen Hausschuh bis nach Freiburg werfen und mich dennoch treffen - Gehirnerschütterung zweiten Grades.)

Es tutet. „Wenn ich im Sterben liegen würde, würdest du auch zehn Jahre brauchen bis zu zurückrufst, ha?!", motzt sie auf albanisch herum.

Ich wusste es.

Schmunzelnd schüttele ich mit dem Kopf und gucke runter in die Halle, in der es immer lauter wird.

„Wa aleykum selam, Non. Freut mich auch dich zu sprechen. Ja, alhamdulilah mir geht es gut und dir?"

Sie schnauft. „Shuj bre", fordert sie mich dazu auf den Mund zu halten. Wieder muss ich lächeln.

Jeten e la per tyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt