Kapitel 29

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Erschrocken ziehe ich die Luft ein und ziehe meine Brauen zusammen. „Budall! Schäm dich sowas vor unserer Mutter zu sagen", zische ich ihm zu und schnipse gegen seine Stirn.

„Eh und jetzt?! Guckt euch doch mal an, ihr schämt euch doch auch nicht so vor Mama zu sein", brummt er und deutet mit seiner Hand auf uns.

Meine Mutter lacht nur und hält sich die Hand vor den Mund. Mit einem verdutzten Blick starre ich sie stumm an.

„Was?", blafft sie auf albanisch und guckt zwischen mir und meinem Bruder hin und her. Immer noch blicke ich sie verwirrt an.

Seit ich mit Flamur zusammen bin, ist diese Frau noch lockerer geworden, als sie es war. Und ich dachte, dass sie mir den Schädel zusammenschlägt, wenn ich einen Mann mit nachhause bringe.

„Nichts, nichts", nuschele ich und schaue wieder weg. Ich höre nur noch einen entsetzen Laut von Florat und dann fangen auch direkt die lauten, türkischen Melodien an, den Raum zu füllen.

Der Saal ist weitaus voller geworden. Es scheint so, als wären hier noch mehr Menschen anwesend, wie es jene waren, die bei der Trauung dabei waren.

So etwas versteht man also bei Türken, als engen Kreis.

„Lass uns tanzen", rufe ich freudig zu Florat, der mich nur schwer versteht und deute auf die Tanzfläche, wo bereits der türkische Volkstanz im vollen Gange ist.

„Hä?", fragt er und zieht eine Grimasse, weil er mich nicht hört. „Ty, edhe une." Ich deute mit meinen Händen zwischen uns her. „Tanzen."

Als würde ihm ein Licht aufgehen, nickt er mir zu und greift nach meiner Hand. Schnell lange ich nach Laila's Hand und schleife diese hinter mir her.

Wir reihen uns an das Tanzende an und tanzen rhythmisch zur Musik Halay mit. „Eywa!", ruft Laila und übertönt somit etwas die Paukenschläge und das Tröten einer Trompete.

Beeindruckt von den Tanzkünsten der Albaner nickt sie uns anerkennend zu. Flamur und ich lachen nur und konzentrieren uns dann wieder auf die Tanzschritte, die sich ständig wiederholen.

Die Musik wird schneller und somit auch die Menge, die in einem Kreis tanzt. Aufgrund der Schnelligkeit, komme nicht ganz so sehr mit und verpatze einige Schritte.

Meine Mutter kommt gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester angerannt und reiht sich neben meinem Freund an.

Der Sänger singt und singt und der Trommler paukt, was das Zeug hält. Meine Tante Florentina und meine Mutter gehen ab, als gäbe es kein Morgen.

Nach einiger Zeit wird die Musik immer langsamer, bis sie dann schließlich ganz aufhört.

Alle schnaufen nach Luft und sammeln sich in Grüppchen. „Bei euch läuft, ihr Esel", staunt Laila und boxt dem einzigen Mann in dieser Gruppe in die Seite.

Er lacht und legt einen Arm um meine Taille. „Pash Zotin, djali jem, wenn du so auf eurer Hochzeit tanzt, dann gebe ich dir meine Tochter mit Handkuss", witzelt meine Mutter und wedelt sich Luft mit ihren Händen zu.

„Mom", maule ich und bin etwas peinlich berührt. „Laila, wann bekomme ich endlich einen Schwiegersohn?", zieht meine Tante schmollend die Aufmerksamkeit auf ihre Tochter, die erstaunt in die Runde blickt.

„Das hat doch noch Zeit, Anne", stammelt sie hochrot und fährt sich über ihren Arm. Eine Geste, die sie ständig macht, wenn sie nervös ist.

„Zeit?!", blafft sie spöttisch und hebt eine Augenbraue an. Der Kameramann, den ich bis jetzt vollkommen ausgeblendet hatte, legt sein Kabel ordentlich und schiebt das enorme Stativ in unsere Richtung.

Jeten e la per tyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt