Deutschland, 24. Februar 2050
Ich streckte mich und schüttelte meine Haare aus. Sie klebten unangenehm am Hinterkopf. Ich hatte stundenlang an einen Autositz gelehnt gesessen und war froh endlich wieder die Beine bewegen zu können. Die letzte Pause, die wir eingelegt hatten, war schon eine Ewigkeit her. Wir waren den ganzen gestrigen Tag gefahren, immer der Sonne entgegen, bis sie nicht mehr zu sehen gewesen war.
Ich drehte mich so, um mir die ersten hellen Strahlen des Tages ins Gesicht scheinen zu lassen. Ich wusste, ich sollte sie genießen, solange ich konnte. Denn die Wolken jagten über den Himmel und würden bald schon jeden Fitzen Licht verdecken.
Jemand zupfte an meinem Ärmel und ich blickte nach unten, um direkt in Allissas freundliche Augen zu blicken. „Ich hab Hunger.", sagte sie und zupfte weiter an meinem Pulli.
„Na dann müssen wir wohl sehen, was wir machen können.", lächelte ich und öffnete den Kofferraum des Jeeps. Ich zog den Reißverschluss des ersten Rucksacks, den ich in die Finger bekam, auf und fischte darin herum, bis ich auf eine Packung Nüsse stieß. Nicht das beste Frühstück, aber wir mussten sparen. Ich riss die Tüte auf und schüttete ein paar Nüsse in meine Handfläche.
„Erdnüsse oder Walnüsse, such dir was aus.", meinte ich und Ally pickte zielsicher eine Erdnuss von meiner Hand.
„Die mag ich am liebsten."
„Das ist toll, hier, sammel dir alle Erdnüsse raus, die du willst.", schlug ich fuhr und sie übernahm strahlend die Tüte von mir, mit der sie sich ins Innere des Wagens verzog.
Ich überließ sie dort ihrer Mahlzeit und gesellte mich zu Ginger, der ein paar Meter entfernt von allen stand. Er hatte die Hände in der Tasche seines Pullis vergraben und eine Kapuze über den Kopf gezogen. Er schien sehr in Gedanken vergraben zu sein und ich dachte, er hätte mich nicht bemerkt, aber als ich ihm die Hand auf die Schulter legte, zuckte er kein bisschen zusammen.
Stimmt ja, seine Superkräfte ließen ihn alles bemerken. Er hatte mir so einiges über sein altes Leben erzählt, aber ich konnte es noch nicht so ganz begreifen.
„Ginger?", fragte ich und zögerte dann. „Oder ist es dir lieber, wenn ich Kylaniel sage?"
Er schüttelte den Kopf und wandte sich mir zu. „Kyle, das war ein altes Leben, ein sehr altes Leben. Heute bin ich Ginger."
Ich nickte und hielt ihm meine Hand mit den Nüssen hin. „Hunger? Oder bist du wie ein Vampir und musst nicht essen?"
Ginger brauchte eine Sekunde um zu verstehen, dass ich es scherzhaft gemeint hatte. Dann schmunzelte er und pickte eine Nuss von meiner Hand. „Ich bin immer noch ein Mensch mit Stoffwechsel. Ohne Essen würde ich in einen komatösen Zustand fallen."
Ich warf mir ebenfalls eine Nuss in den Mund.
„Wir sind ganz schön geschrumpft.", stellte ich fest und deutete um uns. Wir waren in einer riesigen Kolonne gestartet, doch nach und nach hatten sich viele einen anderen Weg gesucht und jetzt wurden wir nur noch von vier weiteren Autos, einem Bus und Truck begleitet.
„Alles zerfällt.", sagte Ginger leise. Ich brauchte darauf nichts zu erwidern.
„Wie weit, meinst du, sollten wir noch fahren?"
„Wie weit können wir noch fahren, ist die bessere Frage." Zed tauchte neben uns auf und nahm sich ebenfalls eine Nuss aus meiner Hand. „Mit dem was wir noch im Tank haben, kommen wir nicht mehr weit und unsere Kanister sind leer. Beim Rest sieht es nicht besser aus."
Auch Inger und Poke gesellten sich jetzt zu uns. Pokes Hand zitterte leicht, aber Inger wirkte völlig gefasst. Er hatte ein gutes Pokerface. „In ein paar Kilometern kommt eine Stadt, die sollten wir noch erreichen können. Wir suchen uns das höchste, stabilste Gebäude. Wir sind so weit im Landesinneren, dass wir dort sicher sein sollten."
Sicher war ein relativer begriff, wenn man mich fragte. Das Gravar zog die Fäden in diesem Spiel und da war nichts und niemand sicher.
„Wir sollte bald weiterfahren. Je eher wir die Stadt erreichen, umso besser."
‚Meyro?', fragte ich im Geiste. ‚Wie weit ist das Wasser schon? Meyro?'
Ich wartete auf eine Antwort, aber bei Meyro konnte man manchmal lange warten. Ich warf mir den Rest Nüsse in den Mund und zuckte mit den Schultern. Wenn er wieder den Stummen spielen wollte...
Eine Wärme kroch in meiner Brust hoch, die Welt drehte sich und kippte weg, meine Lider zitterten. „Oh kacke", stöhnte ich, bevor meine Beine weg knickten.
Zwei starke Arme fingen mich, so viel konnte ich noch fühlen. Ich kniff die Augen zusammen, um den Schwindel zu beenden und endlich legte er sich.
Langsam öffnete ich die Augen wieder. Überraschung durchfuhr mich, als ich mich umsah.
Ich lag auf dem Boden, keine starken Arme hielten mich. Der Asphalt unter mir war hart, aber es war nicht der Asphalt der Straße, auf der ich hätte landen müssen. Die Autos waren verschwunden, der Bus, der Truck. Auch Ginger, Zed und die anderen waren nicht mehr bei mir. Stattdessen war ich zurück auf dem Militärgelände, das jetzt völlig leergefegt und ausgestorben war.
Ich konnte den Zaun sehen, hinter dem die Klippe und das Meer begannen. Und dahinter...
Es war, als würde man auf eine Wand blicken. Eine Wand, die sich rasend schnell auf mich zubewegte. Eine Wand aus Wasser.
Dunkle, schäumend und so hoch, dass sie jeden Blick auf den Himmel versperrte.
„Oh mein Gott!", schrie ich und wirbelte herum, die Panik verlieh mir Flügel. Ich rannte los, blickte immer wieder über meine Schulter, aber die Welle kam unaufhaltsam näher.
Sie riss die Zäune weg, die Wände des Hangars, als wären sie aus Pappe. Rückte näher und näher an mich heran.
„Nein!", ich schrie. Ich wusste, dass es kein Entkommen mehr gab. Ich stürzte zu Boden, schlang die Arme um den Kopf und schrie aus Leibeskräften. Ich spürte einen heftigen Wind der an mir zerrte und dann schlug von hinten etwas hart und kalt gegen meinen Rücken und meinen Kopf.
Es wurde schwarz, mit einem Schlag.
„Kassie, verfluchte Scheiße!" Jemand rüttelte heftig an meiner Schulter. Die Todesangst jagte noch immer durch meine Adern.
Und das bedeutete, dass ich noch lebte. Nicht von einer riesigen Wasserwand verschlungen worden war.
„Kacke, Meyro, du hättest auch einfach nur sagen können, dass die Welle Land erreicht hat. Du musst mir das nicht zeigen!", beschwerte ich mich lautstark.
„Das ist also passiert?", Ginger kniete neben mir, hielt mich fest. Es waren also seine starken Arme gewesen, die mich gefangen hatte. „Meyro hat dir etwas gezeigt?"
Ich nickte langsam und richtete mich auf. „Ja. Ich durfte hautnah erleben, wie die Welle den Stützpunkt erreicht hat. Nicht cool."
Ginger zog mich wieder auf die Beine und ich klopfte mir Staub von der Hose, um den Moment verwirrten Schweigens zu kaschieren, als Poke und Inger mich anstarrten. Sie hatten keine Ahnung von Meyro und was er alles konnte. Für sie musste das hier mehr als merkwürdig gewirkt haben.
Ich räusperte mich und deutete mit ausladender Geste auf den Wagen. „Ja, also dann, wir sollten mal schnell weiterfahren."
Ich zog Ginger an der Hand hinter mir her an den anderen vorbei. Das war genug Starrerei für heute. Allissa saß immer noch im Auto und ich fragte mich, ob sie überhaupt bemerkt hatte, dass ich zusammen geklappt war. Die Antwort gab sie mir selbst.
„Geht es dir gut?", ihre süßen blauen Augen starrten mich an, riesengroß und anteilnahmsvoll. Sie streckte die Hand aus und berührte leicht meinen Arm, nur um sofort zurückzuzucken.
„Mama hat es weh getan.", ihre Augen schwammen in Tränen, aber sie blinzelte sie weg. „Aber bei dir fühlt es sich anders an. Es tut dir gar nicht weh."
Ich starrte sie mit offenem Mund an und versuchte zu begreifen, was sie damit meinen wollte. Dieses Kind war viel sensibler als ich gedacht hatte. Aber waren Kinder das nicht immer? Sie nahmen Dinge wahr, die Erwachsene nicht bemerkten und sie nahmen die Dinge vor allem anders wahr. Sie schien das Gravar zu spüren. Nicht nur das, sie schien auch seine Absichten zu spüren.
„Stimmt, er tut mir nicht weh. Wir sind Freunde."
„Freunde? Wie heißt dein Freund?" Sie ließ mich ins Auto klettern und starrte mich die ganze Zeit über weiter an.
„Meyro. Und er ist besonders, weil er uns hilft und ganz nett ist." Zed kommentierte das mit einem ironischen Schnauben, aber Allis Augen leuchteten vor Freude. „Hallo Meyro! Ist er auch mein Freund?"
Sie streckte die Hand aus und legte sie auf meine Linke. Meine Haut kribbelte bei der Berührung.
‚Nett. Freunde', stellte Meyro in seiner knappen Art fest. Er verstand die menschlichen Gefühle noch immer nicht ganz, aber er erkannte das Gute in dem Kind.
„Er ist gerne dein Freund.", erklärte ich Allissa, die freudestrahlend in ihrem Sitz auf und ab hüpfte.
Ginger quetschte sich neben mich auf die Bank, sodass ich zwischen den zwei in der Mitte saß und eine perfekte Sicht aus der Frontscheibe hatte. Poke startete den Wagen und folgte dem Bus weiter die Straße entlang.
Ich hörte mit halbem Ohr Alli zu, die lauter erfundene Geschichten von Fabeltieren erzählte, während ich an Ginger vorbei aus dem Auto starrte. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich ihn die ganze Zeit über. Er saß regungslos da, den Blick ebenfalls aus dem Fenster gerichtet. Aber seine Augen folgten nicht der Landschaft. Sie starrten ins Leere, seine Finger strichen gedankenverloren über verschiedene Tattoos auf seiner Haut. Er war weit weg, sehr weit weg mit den Gedanken. Vielleicht sogar Millionen von Jahren weit weg.
Er hatte mir noch immer nicht alles erzählt. Ich wusste nicht, wie er auf die Erde gekommen war oder wie lange er schon hier war, wie lange er schon lebte.
Wir waren eine ganze Weile unterwegs, als der Bus vor uns langsamer wurde, schließlich nur noch rollte und endlich stehen blieb. Inger joggte zu ihnen nach vorne und wir beobachteten, wie er mit dem Fahrer sprach. Als er zurück kam, setzte er sich ohne die Miene zu verziehen wieder und nickte Poke zu. „Fahr weiter, außen rum."
Poke startete den Motor und lenkte das Auto über den verbrannten Grünstreifen an dem Bus vorbei. Ich beobachtete die Menschen im Bus, die mit aufgeregten Blicken diskutierten, die ersten stiegen aus.
„Was ist los?", fragte ich Inger und deutete auf den Bus. Mit dem Blick verfolgte ich den Bus, den wir hinter uns zurückließen.
„Ihr Tank ist leer.", erklärte Inger.
„Aber wie sollen sie weiter kommen? Wir müssen ihnen doch irgendwie helfen!"
Inger drehte sich in seinem Sitz um, seine Augen waren hart. „Die sollten jetzt besser laufen."
„Aber-!", wollte ich protestieren.
„Kein ‚Aber'!", schnitt Inger mir das Wort ab. „Du kannst nicht an deinen guten moralischen Werten festhalten und gleichzeitig überleben."
„Da gehen unsere Meinungen auseinander!", fauchte ich.
„Ich werde nicht für diese Menschen sterben. Wenn du das gerne willst, nur zu, steig aus."
Ich starrte ihn fassungslos an. Wie konnte man so kalt sein?
Ginger fasste nach meiner Hand und drückte sie sanft. „Kleines, du kannst nichts an ihrer Situation ändern. Und die Stadt ist nicht mehr weit, sie können es immer noch schaffen bis dort zu laufen."
Ich schwieg, denn ich wusste, dass ich diesen Menschen nicht helfen konnte, so sehr ich es auch wollte.
Alli starrte mit riesigen Augen zu mir hoch und ich rang mir ein Lächeln ab, um sie zu beruhigen.
Sie vergrub den Kopf im Fell ihres Teddys Pug und lehnte sich gegen meine Schulter.
In dieser Haltung schlief sie ein und ich bewegte mich nicht, um sie nicht zu stören. Doch mein Arm begann langsam taub zu werden von ihrem Gewicht.
Ich war also doppelt froh, als vor uns die schmutzig grauen Fassaden den Stadt auftauchten.
Der Anblick war mir schon schmerzlich vertraut. Gebrochene Scheiben, abgeplatzter Putz und verschreckte Menschen.
Die sonst so spiegelnden Scheiben der Hochhäuser in der Innenstadt waren matt oder heraus gebrochen und hatten teilweise nur das stählerne Gerüst der Gebäude zurückgelassen. Wie Skelette reckten sie sich den grauen Wolken entgegen.
Wir hielten vor einem der Gebäude und sprangen auf den staubigen Asphalt der Straße. Alles war unglaublich still und ausgestorben.
Ich schüttelte meinen Arm, bis er kribbelte und wieder Gefühl in ihn kroch.
Ginger hatte den Kopf in den Nacken gelegt und musterte die Fassaden, die um uns aufragten.
"Was meinst du?", er stupste Zed am Arm an und deutete auf zwei Gebäude. Meiner Meinung nach keine guten Kandidaten, es gab deutlich höhere.
"Sollten wir nicht so hoch wie möglich klettern?", warf ich darum ein.
Zed schüttelte den Kopf. "Nicht nur die Höhe ist entscheidend, auch die Bausubstanz. Das Gebäude muss dem Aufprall mit dem Wasser schließlich auch Stand halten."
Zed deutete auf das weiter weg gelegene der beiden, die Ginger vorgeschlagen hatte. "Die Stahlträger sehen stabiler aus und mehr Scheiben sind heraus gebrochen. Das Wasser wird viel weniger Angriffsfläche haben."
Inger zog einen Rucksack aus dem Auto und nickte. "Das erscheint auch mir eine gute Wahl zu sein. Lasst uns gehen, ich bin lieber früh als spät da."
Ich angelte mir ebenfalls meinen Rucksack und sah mich nach Allissa um. Ich wollte sie auf keinen Fall verlieren, weil ich unaufmerksam gewesen war.
Aber ich fand sie ihn Pokes Armen, der ihren Teddy hielt, damit sie ihn nicht verlieren konnte. Sie hatte die Arme um seinen Hals geschlungen und saugte die ganze Umgebung in sich auf. Anders als uns Erwachsenen stand ihr dabei keine Angst, sondern ehrliche Neugier in den Augen.
Sie wusste vielleicht nicht, in welcher Gefahr wir waren, oder sie wusste es und war dennoch fähig an etwas anderes zu denken.
Sie vertraute uns ihre Sicherheit ganz und gar an.
Ich setzte mich auf unserem kurzen Weg neben Ginger, so dicht, dass sich unsere Arme beim Gehen beinahe berührten.
Auch wenn ich nun hinter sein Geheimnis gesehen hatte, fühlte ich noch das selbe wie zuvor. Er übertrug eine unheimliche Sicherheit und Ruhe auf mich.
Er lächelte leicht und griff nach meiner Hand. Als ich sie ihm nicht entzog, wirkte er unglaublich erleichtert. Er machte sich noch immer Sorgen, ich könne ihn von mir stoßen, wegen dem, der er war.
"Wir haben das zusammen angefangen, jetzt bringen wir es zusammen zu Ende. Nicht wahr? Wir sind ein Team." Ich ließ seine sturmgrauen Augen nicht aus dem Blick, hielt sie mit meinen braunen fest. In seiner Iris konnte ich mein eigenes Spiegelbild betrachten: mein herzförmiges Gesicht, die Haare, die das Kastanienbraun immer deutlicher verloren.
Ich sah aus wie letztes Jahr und doch sah ich ein gänzlich anderes Mädchen. Nicht mehr das schüchterne, ängstliche, sondern das, das durch Lüftungsrohre kletterte und gegen die halbe Welt kämpfte.
Aber ich war ja nicht alleine.
Ginger nickte langsam. "Ja, das sind wir."
Ich fühlte ein Kribbeln tief in mir und hatte keine Ahnung woher es kam. Waren es meine eigenen Gefühle oder war es Meyro?
Zuerst dachte ich, es wäre eine Fortsetzung dieses Kribbelns, das in meine Gliedmaßen kroch, aber es war anders, verwandelte sich in meinem linken Arm zu einem Stechen.
Ich zischte und zog den Ärmel hoch, um mir über die Haut zu reiben.
Die feinen schwarzen Linien hatten ihre Form wieder verändert, waren zu Zeichen zusammengeflossen. Das zweite Wort erkannte ich sofort. Es waren die Runen für 'Sturm'.
Ginger beugte sich über meinen Arm und tippte auf die restlichen Runen, die ein anderes Wort bildeten.
"'Dritter'.", erklärte er. "'Dritter Sturm' heißt das."
"Wie kannst du das so schnell lesen?", fragte ich zischelnd und zog den Ärmel wieder runter, damit niemand sonst etwas sehen konnte.
"Die Menschheit wurde durch das Gravar stark geprägt und benutzte abgewandelte Formen von diesen Runen. Bei der Entstehung einiger war ich dabei, also...", er ließ seinen Satz unvollendet, aber ich wusste was er meinte.
Es war wirklich nicht leicht zu begreifen, wie viele tausend Jahre älter Ginger schon war und welch unheimliches Wissen er mit sich trug.
"Der Dritte Sturm, was war das noch laut der Steintafel?"
"Die Sinnflut im fast biblischen Sinne." Ginger warf einen Blick hinauf zu den Sturmwolken.
Der Staub neben mir barst auseinander, als ein dicker Wassertropfen auf die Straße klatschte.
Der nächste traf mein Gesicht und lief kalt daran herunter.
Die ersten Tropfen trafen auf Autodächer, schlugen gegen Schilder und Scheiben und erzeugten einzelne 'Plong' Töne. Es wurden immer mehr, sie mischten sich zu einem lauten Ton zusammen.
"Lasst uns laufen!", rief ich den anderen zu. Ich sprang zwischen Hindernissen auf der Straße hindurch, schlitterte um eine Hausecke, während die Wege immer nasser wurden.
Die dicken Tropfen saugten sich in meine Haare und meine Kleidung und liefen unangenehm an meinem Nacken hinunter.
Ginger war knapp vor mir und führte unsere kleine Gruppe durch den letzten Straßenzug bis zu unserem auserkorenen Hochhaus.
Poke hielt Alli auf dem Arm, damit die Kleine nicht zurück blieb, Inger und Zed bildeten unseren Schluss.
Zeds dunkle Haare glänzten bereits nass, seine Miene war noch verbissener als gewöhnlich.
Heftiger Wind kam auf, riss an uns und schleuderte den Regen in alle erdenklichen Richtungen.
Kaputte Fensterscheibe schützten das Innere der Gebäude nicht mehr vor dem nassen Angriff und sonst behagliche und sichere Räume verwandelten sich in nasse unwohnliche Rutschpartien.
Ginger klatschte fast gegen die Glas Einangstür des Hochhauses, als er auf dem nassen Untergrund zu bremsen versuchte. Er rüttelte an der Tür - die nicht nachgab.
"Weg.", instruierte er uns und wir wichen alle wie ein Mann zurück, als er die Stange eines ehemaligen Stoppschildes schnappte und sie mit Wucht durch das Glas stieß.
Die Scheibe zersprang in Sekundenbruchteilen und gab den Weg frei. Ich versuchte auf dem Weg ins Innere möglichst nicht über die Splitter zu laufen, dennoch knirschte es unter meinen Schuhen und ich zerschnitt sicher meine Sohlen.
Endlich schlug der Regen nicht mehr erbarmungslos auf uns ein und wir nahmen uns eine Sekunde um durchzuatmen.
"Der Zug kommt.", Alli zupfte an meinem Ärmel und ich zog verwirrt die Augenbrauen hoch.
"Zug? Was für ein Zug denn?"
Alli deutete auf ihr Ohr und legte den den Zeigefinger auf die Lippen, um mir zu bedeuten zu schweigen.
Da wusste ich was sie meinte. Ein Rauschen und Dröhnen aus der Ferne, das tatsächlich Ähnlichkeit mit einem Zug hatte.
Nur würde dieser uns ins Jenseits befördern.
Die Welle war beängstigend nahe.
Jetzt liefen wir um unser Leben.

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2050 - Rule one
Science Fiction- Schwer atmend hielt ich in einer Querstraße zu seiner Wohung an und keuchte: "Da ist es." Zed beugte sich vor (kein Stück aus der Puste übrigens) und zog sogleich den Kopf wieder zurück. "Oh shit!" "Was?!" Ich sah jetzt meinerseits um die Ecke und...