Deutschland, 23. Februar 2050
Ich starrte voller Entsetzten auf Ginger, ich konnte nicht glauben, was ich da sah. Das war einfach und komplett unmöglich. Ja, in den letzten Wochen waren viele DInge passiert. die ich für unmöglich gehalten hatte, aber das hier. Das war noch einmal eine Nummer größer und verrückter.
Ginger sprang in diesem Moment in die Luft und in einer flüssigen Bewegung über seine gefesselten Hände, sodass er sie jetzt vor dem Körper hatte. Inger hatte reflexartig die Waffe gehoben und schoss, aber zu spät. Ginger trat die Waffe zur Seite, der Schuss blieb irgendwo in der Wand über der Tür stecken.
Das Adrenalin rauschte durch meine Adern, als mich eine Hand am Arm packte und zur Seite zog.
Pride hatte den Schreibtischstuhl gepackt und warf ihn mit aller Kraft nach Ginger, der wich mit einer einzigen Bewegung aus und trat Pride in der selben Drehung gegen die Brust, sodass der zurücktaumelte.
Inger stürzte todesmütig, wie ich fand, nach vorne und packte Ginger am Kragen, der wand sich aber nur wie ein Aal aus seiner Jacke und wickelte Inger darin ein. Ingers Freund, der Soldat an der Tür, nutzte die Gelgenheit um sich seinerseits auf Ginger zu stürzen. Von hinten wollte er ihm in einer blitzschnellen Bewegung ein Messer in den Rücken stoßen, aber Ginger war noch schneller. Während er noch Inger festhielt, trat er nach hinten und zog dem Soldaten die Füße weg. Er stürzte zu Boden und das Messer segelte durch die Luft und landete kurz vor meinen Füßen.
Ich reagierte eine Sekunde zu langsam, denn ich hatte die Person neben mir vergessen: Pride.
Für sein Alter, bewegte er sich wirklich sehr schnell. Oder ich war von meinem Sturz noch zu benebelt.
Er hatte das Messer in der Hand und riss mich gleichzeitig vor ihn.
Ginger, der fertig war mit dem Soldaten und Inger wirbelte herum um sich Pride vorzuknöpfen, sein Gesicht vor Wut verzerrt. Vermutlich wegen des Verlustes seines Trenchcoats. Ich konnte mir Ginger ohne Trenchcoat auch wirklich nicht vorstellen. Aber über was dachte ich eigentlich nach?
Über Mode? Gab es gerade nicht dringenderes...? Pride zum Beispiel, Pride und das Messer.
Ginger erstarrte mitten in der BEwegung und erst da nahm ich das kühle Gefühl an meinem Hals wahr.
"Nur eine einzige Bewegung, ich schwöre!", knurrte Pride und zog mich Richtung Tür. Das Messer drückte schmerzhaft gegen meine Kehle und ich packte Prides Handgelenke, um seinen Griff zu lockern. Aber ich fühlte mich immer noch wie Pudding, völlig ausgelaugt, mein Kopf drehte sich schneller als zuvor.
Aber ich brauchte nur einen Moment, einen kurzen Moment, in dem ich mich sammelte.
"Wenn du ihr etwas tust...", begann Ginger drohend. Ich schloss die Augen und ließ mich von Pride mitziehen zur Tür.
"Aber das willst du doch nicht.", knurrte der Geistesgestörte in meinem Rücken. "Also, keine Bewegung."
Hinter meinen Augenlidern begannen Punkte zu tanzen, helle Lichtflecken in einer unendlichen Dunkelheit. Aber das war nicht das Produkt meines Kopfstoßes.
"Meyro...", wisperte ich so leise, dass niemand die Worte verstehen konnte. Wärme kroch in meinen linken Arm, in meine Finger.
Pride zischte kurz schmerzerfüllt auf, als das Gravar von meinen Finger auf seine Haut sprang wie Funken und ihm einen leichten Schlag verpasste.
Einen Moment lockerte er seinen Griff mit dem Messer und ich warf mich nach vorne, direkt in Gingers Arme.
Auch wenn ich da gerade auch nicht unbedingt sein wollte...
Pride stand erstarrt in der Tür, nur noch mit dem Messer und ohne Druckmittel. Ginger zog mich hinter sich, bereit sich auf Pride zu stürzen, aber ich hielt ihn am Arm fest.
"Das ist nicht mehr nötig." Ich sah Pride in die Augen. "Ich hab ihm gegeben was er wollte. Die Macht."
Prides Augen huschten zu seiner Hand und blieben and er Graufärbung hängen.
"Er ist für niemanden mehr gefährlich und glaub mir Ginger, das was er jetzt hat ist genug Rache für alles, was er getan hat."
Pride zögerte keine weitere Sekunde mehr und floh aus dem Raum. Ich war mehr als froh, denn die paar Kräfte, die ich mobilisiert hatte, verschwanden gerade wieder.
Meine Beine versagten ihren Dienst und hätte Ginger mich nicht reflexartig gepackt, hätte ich heute zum zweiten mal unliebsame Bekannschaft mit dem Boden gemacht.
"Lass mich los.", hauchte ich und versuchte meinen Arm aus seinem Griff zu winden. "Bitte."
Ich wusste, dass ich mehr Entsetzten spüren sollte, bei dem, was ich gerade erfahren hatte. Ich sollte in Panik geraten.
Aber ich schaffte es nicht ganz. Ich realisierte es ja noch nicht einmal. Dennoch wollte ich einen gewissen Abstand zwischen Ginger und mich bringen, musste eine klare Sicht auf die Dinge finden und das konnte ich nicht, wenn ich seinem Blutgetränkten Shirt so nahe war.
Auch wenn ich ruhig gesprochen hatte, ließ Ginger mich los, als hätte er sich verbrannt.
Ich lehnte mich gegen den Schreibtisch, unter dem Poke sich stöhnend auf die Seite rollte. Das Brummen in meinem Kopf wurde leiser und die Welt hörte auf sich zu drehen.
Einen Moment lang atmete ich durch, war mir Gingers grauer Augen auf mir wohl bewusst. Er sah mich unschlüssig an. Einerseits wollte er mir helfen, mich stützen, das konnte ich sehen. Aber andererseit hatte er Angst vor meiner Reaktion, dass ich ihn wegstoßen würde.
Schließlich entschied er sich dazu erstmal sich selbst zu helfen und durchsuchte Ingers Taschen nach dem Schlüssel für die Handfesseln, die ihn noch immer behinderten.
Er fand sie, drehte sich um (trat dabei Inger ganz aus Versehen auf die Finger) und hielt ihn mir bittend hin.
"Kannst du mal?"
Ich nickte, ließ die Bewegung aber gleich wieder sein, als sich mein Kopf lautstark beschwerte. Ich nestelte ein bisschen an dem doofen Schloss herum, bis es endlich aufsprang.
Gleichzeitig mit dem Schloss, sprang auch die Tür zum Hangar auf und Zed stürzte hinein, in der Hand ein Messer und in Angriffspose.
Ich winkte ab. "Lass steckem, wir sind hier schon fertig."
"Ich hab gesagt, du sollst warten!", fuhr er mich an und sah sich wild um.
"Und ich hab es ignoriert.", stöhnte ich und fasste mir an den Kopf. Ich hatte im Moment nicht die Kraft für einen Streit.
Zed stiefelte über das Rohr zu mir und musterte mich besorgt. "Was ist passiert?"
"Mein Rettungsplan ist schief gelaufen.", antwortete ich. Zed drehte sich fragend zu Ginger um, sicher in der Hoffnung von ihm mehr Antworten zu bekommen - und sog scharf die Luft ein.
"W-wie...? Ist das Blut?" Siene Augen wanderte über Gingers Brust, seine Arme hinab und folgten dem Blut, das blau auf den Boden tropfte und eine Pfütze bildete. Er umfasste das Messer fester.
"Woah, alles gut, wir sind immer noch Freunde.", Ginger hob abwehrend die Hände.
"Was bist du?", knurrte Zed.
"Ein Mensch, okay?"
"Naütrlich.", erwiderte Zed sarkastisch. "Dann ist das also nicht dein Blut und es ist auch nicht blau. Es ist auch nicht genug, damit ein Mensch längst verblutet wäre."
"Genau genommewn bin ich auch verblutet - aber können wir diese Diskussion vielleicht auf später verschieben, wenn wir hier raus sind?" Er deutete ungeduldig auf die am Boden liegenden Männer, die sich zu regen begannen. "Auf noch eine Runde hab ich keine Lust."
Zed zog eine Miene, die ganz deutlich zeigte, dass er sich kein später erhoffte. Wenn es nach ihm ging, dann würden wir uns hier wohl von Ginger trennen.
Aber er stimmte zu, dass es Zeit war zu verduften.
Ich ließ mich von ihm stützen, auf unserem Weg zur Tür, aber als mein Blick auf die Monitore fiel und ich die Menschen dort im Hangar sehen konte, hielt ich inne.
Wir konnten ncoh nicht gehen.
"Wartet. Wir müssen damit aufhören."
"Womit?", fragte Ginger ungeduldig.
"Damit ständig Wegzurennen. Sie werden uns weiter verfolgen, wenn wir jetzt gehen. Und es werden Menschen sterben, viele. Wir klären das, jetzt.", bestimmte ich mit fester Stimme. Auch wenn ich mich ganz und gar zittrig fühlte.
Manchmal ist Menschen mit Vernunft nicht beizukommen. Aber in einer Zeit, in der die Vernunft uns sagt 'das ist unmöglich. Das gibt es nicht', war es eben doch ab und zu möglich, jemanden zu überzeugen.
Heute mussten wir Inger Bond davon überzeugen, dass wir nicht die Gefahr waren. Er musste verstehen, dass er die Apokalypse nicht würde stoppen können, wenn er uns jagte. Es gab kein Land mehr vor Zed Einbrüchen, Diebstählen und Morden zu beschützen.
Es gab nur noch eine Welt die vor die Hunde ging.
Und wenn dein Gegner eine überirdische Macht ist, dann musst du dich mit jedem verbünden, den du kriegen kannst.
Zed und Ginger waren beide nicht begeistert von meiner Idee. Ja, auch ich wollte lieber verschwinden und endlich Gingers Erklärung hören.
Aber wenn ich etwas gelernt hatte, dann das man die Dinge manchnal hintenanstellen musste.
Also warteten wir, bis Inger, Poke und der mir unbekannte Soldat wieder ganz bei sich waren.
Wir hatten dafür gesorgt, dass sie keine Waffen in die Finger kriegen konnten und die Tür zum Hangar verriegelt, um nicht unerwartet gestört zu werden. Den Soldaten fesselte Zed mit den Handfesseln, die noch zuvor Ginger getragen hatte, an den Schreibtisch. Wir brauchten keine drei Männer gegen uns.
Poke hatte sich als erster wieder voll im Griff. Erst zog er sich halb am Schreibtisch hoch und wirkte noch recht desorientiert, doch dann wurde er immer klarer. Sein Blick schweifte zwischen und hin und her. Ihm war klar, dass er keine Chance hatte.
Ich deutete auf einen Stuhl. "Setzt dich ruhig."
Er folgte meiner "Einladung". Doch den Blick nahm er nicht von Ginger.
"Es ist also wahr. Du hast uns damals aus dem Feuer gerettet?"
"Du hast mich nie vergessen.", erwiderte Ginger schlicht, aber überrascht.
Poke nickte langsam. "Welche Wege das Leben doch geht..."
Es war wirklich verrückt. Ginger rettete den kleinen Poke aus einem Feuer und stand ihm dann Jahre später als Feind gegenüber.
Inger stöhnte und suchte mit einer Hand nach Halt, um sich aufzurichten. Er bekam das Gitter des (verschlossenen) Waffenschrankes zu fassen und hiefte sich mit dessen Hilfe auf die Beine.
Er sondierte in Sekundenschnelle die Lage. Und die war für ihn ziemlich aussichtlos.
"Ihr hättet verschwinden sollen, solange ihr das konntet.", knurrte er.
Ginger wischte seine Worte mit einer lässigen Handbewegung weg. "Klar. Und da wir noch da sind, sollte dir klar sein, dass wir einen verdammt guten Grund haben."
Inger zog die Augenbraunen hoch. Einen Moment starrten wir uns alle gegenseitig an, als könnten wir die Probleme nur mit Blicken lösen.
"Was wollt ihr?", fragte Inger schließlich. "Was wollt ihr von uns?"
"Gar nichts.", sagte ich. "Es geht uns nicht um euch. Es geht uns um alle. Weißt du eigentlich was hier gerade passiert?"
"Ja. Dieser Mann hat es mir erklärt."
"Pride? Der? Ja, ich hab seine Erklärung gehört. Aber sie war nicht ganz vollständig."
Inger unterbrach mich. "Du hast uns belauscht."
Ich nickte. "Klar. Und würdest du jetzt bitte mal zuhören?"
Poke griff nach Ingers Schulter, als der den Mund öffnete um sich sicherlich weiter zu beklagen. Ich warf ihm ein kurzes Lächeln zu.
"Diese Macht, das Gravar, das Pride so unbedingt für sich will, wird uns alle töten. Darum passiert das alles. Das hier ist die Apokalypse. Kein 2012, keine Maya-Hervorsage, die sich nicht bewahrheitet, das hier ist echt."
"Wieso?", fragte Poke schlicht.
"Das ist zu komplex um es zwischen Tür und Angel zu erklären.", fiel Ginger in das Gespräch ein. "Und Wie Kassie schon sagte, gibt es Wichtigeres."
"Ihr müsst alle Menschen so weit wie möglich von der Küste wegbringen. Und zu allen anderen Küstenregionen, die ihr finden könnt, Wahrnungen schicken." Ich sah den beiden ernst in die Augen. Der Soldat wachte aus seinem Dornröschenschlaf auf und fluchte, als er sich an den Schreibtisch gefesselt fand, aber niemand achtete auf ihn.
Poke richtete sich in seinem Sitz weiter auf, Inger beugte sich ein Stück vor. "Wieso?"
"Das 'wieso' ist euch wohl sehr wichtig.", stöhnte Ginger.
"Ist eine riesige Flutwelle ein ausreichender Grund für euch? Ihr könnt die Sattelitenbilder checken, wenn ihr uns nicht glaubt.", schaltete Zed sich ein.
"Hier sind unschludige Menschen. Sie werden alle sterben, wenn ihr nichts unternehmt."
"Wenn dieses... Gravar uns in einer Apokalypse sowieso alle tötet, warum sollen wir die Leute dort draußen retten?"
Ich senkte den Blick. Spürte Tränen in meinen Augen. "Hoffnung. Überlebenswille. Wir werden kämpfen. Und siegen. Wir müssen siegen." Ich sah Inger direkt in die Augen. "Ich werde nicht aufgeben. Solange wir stehen, werden wir weiter um unser Überleben und das aller kämpfen. Das ist was uns bleibt. Das ist die einzige Entscheidung, die ihr treffen müsst. Ob ihr es hinnehmt, oder ob ihr mit uns kämpft."
Schweigend ließ ich meinen Blick zwischen Poke und Inger hin und her schweifen. Ginger beugte sich leicht zu mir. "Das war eine gute Rede, Kleines.", wisperte er und ich grinste. Er war immer noch Ginger. Auch wenn er anders war. Er war gut. Das spürte ich. Das zählte.
Poke erhob sich und trat einen Schritt vor, er streckte mir die Hand entgegen und ich ergriff sie zögerlich und überrascht.
"Ich bin dabei."
Ich lächelte. Mein Blick wanderte zu Inger, der seufzte. "Schön. Nur sag mit eins vorher: Dieser Pride meinte, dass Gravar ist in dir. Wieso kämpfste du gegen jemanden, der ein Teil von dir ist?"
"Das ist kompliziert. Und Meyro ist kein Feind. Nur weil wir Teil von etwas sind, muss es uns nicht gefallen. Er beschützt mich."
"Ich blicke da nicht ganz durch. Aber ich werde wohl darauf vertrauen müssen, dass du das richtige tust. Also schön, was als nächstes?"
"Kommt schon, in die Busse!", rief ich und schob die zwei Frauen vor mir weiter. Jedes fahrbereite Fahrzeug wurde mobilisiert, die Leute kletterten auf die Ladeflächen. Wir wussten nicht, wie viel Zeit uns blieb, aber wir mussten jede Sekunde nutzen. Je weiter wir fort kamen, desto besser.
Wir hatten Zeit dabei verschwendet, das MIlitär zu überzeugen. Der General Urich hatte uns nicht geglaubt, bis er die Bilder der Welle gesehen hatte. Inger hatte das Ruder ergriffen. Er war eine starke Führrungspersönlichkeit. Er wusste, wie er die Leute dazu brachte, das zu tun, was er wollte.
Jetzt gerade setzte er seine Fähigkeiten ein, um diese Flucht zu koordinieren. Ich versuchte mich irgendwie nützlich zu machen.
Ginger und Zed hätten es lieber gesehen, wenn ich irgendwo herumgesessen und mich erholt hätte. Aber ich hatte genug Erholung. Mein Kopf schmerzte nicht mehr. Ich kippte nicht um. Also konnte ich helfen.
Ich sah mich um, ob noch jemand HiIlfe brauchen konnte. Mein Blick blieb an einem kleinen Mädchen hängen. Ihr langes blondes Haar fiel ihr zerzaust über den Rücken. Sie drehte sich um Kreis und sah sich mit großen blauen Augen um. Sie trug einen großen Pulli und eine rote Hose und sie sah ziemlich verloren aus.
Ich ging auf sie zu und tippte ihr auf die Schulter. Als sie sich zu mir umdrehte, ging ich in die Hocke, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein.
"Hey, du? Warum bist du denn ganz allein? Wo ist deine Mami?"
Sie schlang ihre Arme um sich selbst. "Die ist gar nicht mit hier her gekommen. Sie wollte nicht aufstehen."
Ich öffnete den Mund vor Entsetzen. Ihre Mutter hatte nicht auf stehen wollen. Sie hatte nicht gekonnt.
"Mit wem warst du dann hier?", hakte ich weiter nach. Vielleicht war ja ihr Vater irgendwo?
Sie zuckte mit den Schultern. "Eine Frau hat mich mitgenommen. Aber jetzt ist sie weg."
"Du bist ganz alleine?"
Sie nickte. Ich hatte auf der Welt nie etwas traurigeres gesehen. Da stand ein kleines Mädchen, ohne Eltern, auf einem riesigen Platz voller Menschen. Allein. Wusste nicht was sie tun sollte.
"Ich bin Kassie. Verrätst du mir deinen Namen?"
Sie zögerte kurz, dann nickte sie. "Ich bin Allissa."
Ich stand auf und streckte ihr meine Hand hin. "Willst du mich begleiten, Allissa?"
Sie nahm meine Hand sofort, als hätte sie nur auf eine freundliche Geste gewartet. Sie konnte nicht älter als sieben sein. "Bleib immer bei mir, okay?", sagte ich.
"Mein Teddy liegt noch drinnen!"
"Ja, den können wir natürlich nicht hier lassen. Lass ihn uns holen."
Sie führte mich zielsicher zum Hangar zurück. "Da irgendwo." Sie deutete auf die Flut aus Betten und Chaos. Aber jetzt war es hier leer und wir konnten die Reihen durchgehen. Wir fanden ihren Teddy unter einem Bett. Ich war froh, dass er noch da war. Es war vielleicht Allissas letzte Erinnerung.
Sie umarmte ihn glücklich und hielt ihn in der einen Hand, während sie mit der anderen wieder nach meiner Hand griff.
"Hat er einen Namen, dein Teddy?", fragte ich, als wir wieder nach draußen gingen. Die meistens Leute waren auf Lastwagen oder in Autos und ich suchte den Weg zu dem Treffpunkt, den ich mti Ginger, Zed und Poke vereinbart hatte.
"Pug." Sie hielt ihn hoch, damit ich ihm in die schwarzen Kulleraugen sehen konnte. "Und er kann zaubern."
"Wow, einen Zauberer hab ich noch nie getroffen."
"Er zaubert Traurigkeit weg und macht ein Lächeln."
Ich musste bei ihrer Erklärung unwirllkürlich lächeln und sie strahlte triumphierend. "Da, siehst du? Du lächelst!"
Ich lachte. Die Kleine war Gold wert.
"Kassie!", Ginger hatte uns entdeckt und winkte uns zu einem Jeap. "Wer ist das?"
"Das ist Allissa. Allissa, das ist mein Freund Ginger.", stellte ich die beiden vor.
Sie deutete auf Gingers Blutverschmiertes Shirt. "Du hast dich überall blau angemalt. Mit Farben muss man aber vorsichtig sein, die gehen nicht raus."
"Ich sehe schon, du bist eine Klugscheißerin.", grinste Ginger. "Aber du hast recht. Die Flecken krieg ich nicht mehr raus."
Dann sah er mich fragend an. "Sie war ganz alleine. Hat keine Eltern mehr.", erkläre ich leise. Er nickte langsam.
Inger saß schon vorne auf dem Fahrersitz, Poke kletterte gerade auf den Zweisitzer Vordersitz. Zed wippte ungeduldig mit dem Fuß. "Kommt ihr endlich?"
Ich nickte und hob Allissa hoch, um sie auf den Rücksitz in die Mitte zu setzten und sie anzuschnallen. Während Zed noch vorne einstieg, kletterten Ginger uns ich nach hinten. Er hatte seinen zerlächerten Trenchcoat dabei und warf ihn in den Fußraum. "Von dem Ding kann ich mich einfach nicht trennen. Ich hab ihn jetzt schon seti dreißig Jahren... Mein größter Schatz."
Inger startete den Motor und wir folgten der Karawane von Wagen weg vom Meer.
Eine Weile redeten wir nicht. Ich sah schweigend aus dem Fenster. Der Tag war schon weit vorgeschritten. Es war wieder viel mehr passiert, als ich erwartet hatte.
Ich blickte zu Allissa, die sichg egen mich lehnte. Sie war so ruhig. Tatsächlich war sie eingeschlafen. Als ich hoch sah, begegnete ich Gingers Blick.
"Jetzt ist Zeit.", sagte ich leise. Er senkte den Kopf.
"Das ist kompliziert."
"Alles ist kompliziert."
"Ich bin unsterblich. Und ich bin ein Mensch. Ja, ich habe blaues Blut, ich bin anders als ihr. Aber dort, wo ich herkomme, hatte jeder blaues Blut."
"Dort, wo du herkommst?", fragte ich irritiert.
"Ich bin nicht von dieser Welt. Wortwörtlich."
Mein Mund blieb offen stehen. Das war wirklich viel zu verdauen. Ich wusste, dass ich tausend Dinge fragen konnte, sollte, aber nur eine Sache interessierte mich jetzt noch wirklich.
"Wie heißt du wirklich?"
Wieder schwieg er einen Moment. "Erinnerst du dich noch, als mir der Name meines Bruders nicht eingefallen ist? Es ist tausende von Jahren her, dass ich ihn gesehen habe und genauso lange benutze ich meinen wahren Namen nicht mehr."
"Dann hast du ihn vergessen?"
Er hob seinen Arm so, dass ich ein Tattoo auf seiner Haut sehen konnte. Es war geformt wie ein Regentropfen, an der Spitze geöffnet. Im Inneren waren zwei schräge parallele Striche und zwei merkwürdige Zeichen waren klein unter den Tropfen gesetzt.
Er fuhr die schwarzen Linien mit dem Zeigefinger nach. Einen Moment schimmerten sich weiß. Gefesselt beobachtete ich das Schauspiel.
"Das sind meine Erinnerungen. Jedes Tattoo hilft mir mich an alles zu erinnern. DAS hier erinnert mich an den Anfang.
Ich war Kylaniel, Mitglied der Weißen Armee."
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2050 - Rule one
Science Fiction- Schwer atmend hielt ich in einer Querstraße zu seiner Wohung an und keuchte: "Da ist es." Zed beugte sich vor (kein Stück aus der Puste übrigens) und zog sogleich den Kopf wieder zurück. "Oh shit!" "Was?!" Ich sah jetzt meinerseits um die Ecke und...