Deutschland, 14. Januar 2050
Jetzt, da ich dem hellen Schein des Feuers entflohen war, bemerkte ich erst die Dunkelheit, die mich umgab. Ich musste mindestens fünf Stunden in diesem kleinen Raum verbracht haben.
Hinter dem Zaun befand sich ein schmaler Weg, daran an schloss direkt das nächste Grundstück, dass von einer kleinen Mauer eingerahmt war.
Das hier waren Vorstadthäuser. Einfamilienhäuser mit Garten.
Es war nicht schwer über die Mauer zu klettern und sich in das Gras auf der anderen Seite fallen zu lassen. Noch immer pochte mein Herz in wilder Aufregung und verdrängte jedes andere Gefühl.
Ich huschte geduckt an der Mauer entlang und kletterte über sie auf das nächste Grundstück. So entfernte ich mich immer weiter von dem hellen Lichtschein hinter mir. Als ich in der Ferne das Geräusch von Feuerwehrsirenen ausmachen konnte, verließ ich meinen Schleichpfad durch die Gärten. Die ersten Bewohner wurden aufgeschreckt und sahen aus den Fenstern um der Unruhe nachzugehen. Ich wollte in keinem Garten erwischt werden.
Zurück auf der Straße lief ich langsamer und versuchte möglichst unverdächtig auszusehen. Ich erinnerte mich an das, was Zed über die Verkehrskameras gesagt hatte, aber ich entschied, dass Duce Acano gerade zu beschäftigt war um mich so leicht ausfindig zu machen. Dennoch brauchte ich schläunigst ein gutes Versteck und ich musste mich umziehen. In meinen blutigen Klamotten fiel ich überall überdeutlich auf.
Mein Atem beruhigte sich und mit jedem Schritt den ich tat fühlte ich mich wieder sicherer. Die Panik flaute ab, dafür strömten andere Empfindungen in mein Bewusstsein. Der Schmerz in meinem rechten Bein, von dem Aufprall, als ich den Zaun hinauf und knapp zwei Meter tief hinuntergesprungen war. Oder der nagende Hunger und der Durst, der meine Kehle austrocknete.
Ich entschied mich Richtung Stadtzentrum zu laufen. Dort nahm jedoch auch die Zahl der Menschen zu. Nach kurzem Zögern zog ich meinen Pullie über meinen Kopf. Darunter trug ich nur ein schwarzes Top, aber ich musste mir keine Sorgen machen zu erfrieren. Ja, der Klimawandel hatte die Erde ziemlich abgefuckt, aber im Winter war es normalerweise für ein Top dennoch zu kalt. Aber obwohl keine Sonne mehr da war, um die Erde zu wärmen, fror ich nicht.
Ich schmiss den blutigen Pullie kurzerhand in einen Mülleimer an der Straße und setzte meinen Weg etwas weniger auffällig fort.
Die Stromleitungen mussten unter dem Erdbeben gelitten haben. Teilweise lagen die Straßen im Dunkeln und ich bevorzugte in diesen Gassen zu laufen. Hier häuften sich auch die beschädigten Gebäude. Einen Teil der Fußgängerzone hatte es heftig getroffen. Ein Absperrband quer über die Straße sollte verhindern, diesen Teil der Stadt zu betreten. Die Aufräumarbeiten hatten hier noch nicht begonnen. Das war perfekt für mich.
Ich ignorierte die Wahrnhinweise, dass Gebäudeteile einsturzgefährdet seien und suchte mir meinen Weg zwischen Teilen von Wänden und genauso Mobiliar.
Tische, Stühle, Kühlschränke, Spielzeuge und alle möglichen Kleinigkeiten lagen auf der Straße verteilt. Der Mond warf ein blasses Licht auf diese unheimliche Szenerie und all diese zerstörten Heime anzusehen trieb mir Tränen in die Augen. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie viele Menschen es gab, denen es ähnlich wie mir ergangen war. Viele mussten geliebte Menschen in dieser Katastrophe verloren haben.
An einem ehemaligen Kleidergeschäft blieb ich stehen. Der hintere Teil des Gebäudes stand noch. Das leise Poltern verriet mir jedoch, dass Steine aus dem Mauerwerk sich beständig lösten. Ich ging das Risiko dennoch ein und suchte in der fahlen Dunkelheit schnell einige Kleidungsstücke. Hinter Mauerstück verborgen entledigte ich mich meinen Sachen und schlüpfte in die eben erbeuteten. Auch diese waren nicht hundert Prozent sauber, aber immerhin klebte an ihnen nur Staube und kein Blut.
Dort wo einst die Kasse gewesen sein musste lagen viele in Plastik verpackte Decken verstreut und ich klemmte mir mehrere für mein Nachtlager unter den Arm.
Als ich meinen Weg fortsetzte war ich auf der Suche nach Lebensmitteln. In einem zerstörten Wohnhaus fand ich einen auf der Seite liegenden Kühlschrank. Darin fand ich leicht gammeliges Gemüse und stinkenden Käse, aber genauso eine Flasche Sprudel und Dosenwurst.
Ich nahm beides und folgte den Spuren, die das Mondlicht auf den Boden malte. Mein Bein begann stärker zu schmerzen und ich hinkte stark. Meine Kraft ließ nach und ich wusste, dass ich schnell einen Ort finden musste, an dem ich mich ausruhen konnte.
Ich fand ihn in einer Tiefgarage. Das Haus darüber war eingestürzt, aber die Stützpfeiler schienen stark und nicht beschädigt.
Es war stockdunkel dort unten, nur wenig Licht fiel durch die Einfahrt hinein und erhellte gerade einmal die ersten paar Meter. Durch das Zwielicht tatstete ich mich vor, fuhr mit der Hand über die glatte kalte Oberfläche der Autos und fand schließlich eine Ecke hinter einem Transporter. Dort ließ ich mein "Gepäck" fallen und versuchte die erste Plastikpackung um eine der Decken aufzureißen. Fluchend zerrte ich daran und versuchte ein Loch mit meinem Fingernagel zu stechen. Mit etwas mehr Licht hätte ich sicher die Aufreißnaht gesehen, aber so konnte ich nichts tun, als Gewalt anzuwenden. Endlich gab die Verpackung nach und ich riss die Decke heraus. Sie stank nach maschineller Verarbeitung, aber darüber wollte ich mich im Moment nicht beklagen. Ich breitete sie auf dem Boden auf und ließ die Tortur des Auspackens noch mehrere Male über mich ergehen, bevor ich ein annehmbares Nachtlager hatte.
Im Schneidersitz ließ ich mich darauf nieder und hüllte mich fest in eine weitere Decke ein. Auch wenn es draußen recht warm war: hier drinnen hatte sich die Kälte gehalten.
Ich schraubte die Wasserflasche auf und leerte sie in einem Zug bis zur Hälfte. Dann machte ich mich über die Dosenwurst her. Ich zog den Deckel an der Lasche auf und warf ihn achtlos beiseite. Mit den Fingern pulte ich die gepresste Wurst heraus.
Sie füllte meinen Magen und ein wohliges Gefühl kroch in meinen Bauch.
Ich ließ mir einen kleinen Rest für mein Frühstück übrig und rollte mich dann auf meinen Decken zusammen. Eine weitere verwendete ich als Kopfkissen.
DU LIEST GERADE
2050 - Rule one
Science Fiction- Schwer atmend hielt ich in einer Querstraße zu seiner Wohung an und keuchte: "Da ist es." Zed beugte sich vor (kein Stück aus der Puste übrigens) und zog sogleich den Kopf wieder zurück. "Oh shit!" "Was?!" Ich sah jetzt meinerseits um die Ecke und...