Kapitel 15

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~Pov. Hoseok~
„Was ist das?", fragte ich immer noch geschockt. Langsam setzte er sich auf und starrte auf die Bettdecke, die ihm vom Körper in den Schoß gefallen war. Ich wollte Luft holen, um erneut zu fragen, doch spürte, dass ich etwas wütender wurde und stoppte. Er hatte gerade einen Rückfall, ich sollte vorsichtig sein.

Er antwortete immer noch nicht, also legte ich ihm vorsichtig meine Hand auf den Rücken. Dabei zuckte er ein wenig zusammen, doch trotzdem reagierte er nicht. „Yoongi, was ist das?", fragte ich erneut, diesmal klang es aber etwas ernster. Plötzlich tropften zwei Tränen auf die Decke. Zögernd legte ich einen Arm richtig um ihn und zog ihn so etwas näher an mich. Dann sagte ich:„Du musst es mir nicht sagen, wenn du es nicht kannst." Doch er schüttelte leicht den Kopf und wischte sich kurz übers Gesicht. „D-du hast die W-wahrheit ja verdient.", meinte er und atmete tief durch, um sich etwas zu beruhigen.

Er holte Luft, doch atmete diese nach ein paar Sekunden wieder aus. Wahrscheinlich hatte er keine Ahnung, wie er anfangen sollte also fragte ich:„Wofür steht das 'H'?" Auch wenn ich es mir denken konnte wollte ich sicher gehen. „H-hoseok.", antwortete er vorsichtig und es bildete sich ein Klos in meinem Hals. „Und wann hast du das gemacht?", fragte ich vorsichtig weiter. Ich wollte so versuchen ihm dabei zu helfen, was er sagen sollte, da er wohl wirklich nicht wusste, wie er das erzählen sollte. „E-ein paar Monate nachdem d-du dich nicht mehr g-gemeldet hast.", antwortete er und musste schluchzen. Wieder tropften ein paar Tränen auf die Decke. Ich schaute zur Seite zu seinem kleinen Nachttisch und wurde sofort fündig. Eine kleine Taschentücher Packung lag auf dieser. Ich nahm ein Taschentuch heraus und hielt es Yoongi hin, der es dankend annahm und sich die Tränen wegwischte und die Nase putzte.

„Aber wieso?", fragte ich nach ein paar Sekunden und er musste wieder kurz schluchzen, ehe er reden konnte:„I-ich habe dich h-halt so vermisst u-und wollte, dass z-zumindest ein Teil von d-dir bei mir ist. U-und ich wollte d-dich niemals vergessen k-können."

Seine Erklärung wurde immer wieder von Schluchzern unterbrochen, weswegen ich ihn zu mir drehte und in den Arm nahm. Sein Körper bebte und ich drückte ihn fest an mich, während ich ihm über den Rücken strich. „B-bist d-du sehr w-wütend?", fragte er unter Schluchzern und ich schwieg kurz, seufzte dann aber leise. „Schon. Und vor allem enttäuscht. Aber es ist nunmal passiert und wir können es nicht ändern. Sich darüber aufzuregen macht es auch nicht rückgängig, sondern gibt dir nur Schuldgefühle. Dir ging es damals scheisse, du hattest keinen Grund mehr zu Leben. Und genau so wenig hattest du keinen Grund es nicht zu tun. Ich kann verstehen, dass du es gemacht hast, finde es aber nicht gut. Trotzdem werde ich dich dafür nicht fertig machen, okay? Ich bin für dich da und du kannst mir alles erzählen, was du willst. Ich werde immer versuchen dich zu verstehen und immer hinter dir stehen, verstanden." Er nickte, doch musste trotzdem noch weiter weinen.

Langsam legte ich mich nach hinten und Yoongi lag zur Hälfte auf mir, was mich nicht sonderlich störte und ich umarmte ihn einfach weiter. Immer wieder flüsterte ich ihm leise beruhigende Worte zu, was wohl nach einiger Zeit funktionierte, denn nach und nach versiegten seine Tränen. Manchmal war aber noch ein Schluchzer zu hören, bis wenige Minuten später nichts mehr von ihm zu hören war, außer das leise ein- und ausatmen aus seinem Mund. Seine Nase war wahrscheinlich verstopft.

Ich fing an ihm durchs Haar zu fahren und murmelte:„Ich hoffe du siehst, wie stark du eigentlich bist." Kurz herrschte Stille, als er dann, fast schon flüsternd, sagte:„Ja. Das ist mir vor einer Weile bewusst geworden." So verweilten wir einige Minuten, als er seinen Kopf, der auf meiner Brust gelegen und zur Seite gedreht war, zu mir drehte und mich ansah. Zögernd fing er an zu reden:„Kann ich dir vielleicht davon erzählen, wieso ich so eine Angst vor Marshmallows habe? Ich kann mir denken, dass du es wissen willst und vielleicht kann ich es dann noch etwas mehr verarbeiten. Auch wenn es schon so lange her ist." „Natürlich. Aber wenn es dir zu viel wird musst du nicht weiter reden, ja?" Ich strich ihm die Haare aus der Stirn und er nickte, ehe er seinen Kopf wieder seitlich auf meine Brust legte.

Einige Sekunden herrschte Stille, dann fing er an zu reden:„Als ich noch sehr klein gewesen bin war mein Vater noch nicht wirklich gewaltig mir gegenüber. Wenn, dann hat er mich nur angeschrien, mich aber nie verletzt. Als ich mal was naschen wollte b-bin ich zu dem Süßigkeitenschrank gegangen. Der war für mich eigentlich verboten, aber welches Kind hört sch-schon bei Süßigkeiten?" Seine Stimme klang dünner, was sofort alle Alarmglocken schrillen ließ. „Du musst nicht weiter reden, wenn du es noch nicht kannst.", meinte ich und strich ihm sanft über die Schulter. Er schüttelte aber nur leicht den Kopf und redete weiter:„I-ich habe mir dann die Marshmallows genommen, weil die mir immer am besten geschmeckt haben. M-mein Vater hat mich dann erwischt u-und war unglaublich wütend. W-wenn ich mich auch richtig erinnere, d-dann war er auch betrunken. E-er hat mich geschlagen und ich habe versucht wegzulaufen, a-aber er h-hat mich fest gehalten." Er wollte weiter reden, doch sanft legte ich ihm einen Finger auf die Lippen. Er drehte seinen Kipf zur Seite und sagte etwas gereizter:„I-ich will e-es erzählen!"

Als er wohl realisierte, was er gerade gesagt hatte blieb er Still und hatte geweitete Augen. Vorsichtig fuhr ich ihm durchs Haar und sagte. „Ich wollte dich nicht davon abhalten es zu erzählen. Ich wollte nur, dass du dich etwas beruhigst. Nimm dir so viel Zeit wie du brauchst." Er drehte seinen Kopf langsam wieder zu mir und plötzlich liefen ihm ein paar Tränen übers Gesicht. Vorsichtig wischte ich sie weg und er legte seinen Kopf wieder seitlich hin und atmete einige Sekunden tief ein und aus, ehe er weiter redete:„Er hat m-mich gezwungen mein O-oberteil auszuziehen und mich umzudrehen, was i-ich dann auch gemacht habe. I-ich hatte zu sehr Angst, dass er mich wieder schlagen würde." Erneut holte er tief Luft. „D-dann hat er mit 'nem Feuerzeug e-ein paar Marshmallows g-geschmolzen, und m-mir dann auf den R-rücken gedrückt. E-es hat so u-unglaublich weh getan und ich hatte Monate später immer n-noch Schmerzen, w-weil die Wunden sich e-entzündet hatten. I-ich musste schon v-viel schlimmere D-dinge erleben, a-aber das w-war das erste Mal g-gewesen und das k-kann ich nicht vergessen.", flüsterte er am Ende.

Ich drückte ihn fest an mich und fuhr ihm sanft durchs Haar und über den Rücken. Ich hatte mir schon gedacht, dass es irgendeine Art Bestrafung vom Vater gewesen wäre, doch dass es so war hätte ich nie gedacht. Vor allem nicht, dass das seine erste Strafe war. „Es tut mir leid, dass du wegen mir jetzt den Rückfall hast. Ich werde besser aufpassen, versprochen." Er nickte leicht und umarmte mich fest, während er seinen Kopf in meinem T-Shirt versteckte. Vorsichtig zog ich die Decke über uns und drückte ihn weiter fest an mich, was er erwiderte.

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