22. März 2016

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23. März 2016; Severin:

Chrissis trauriges Gesicht, wenn er unser Pärchen beobachtete, gefiel mir gar nicht. Irgendwas war doch da im Argen. Ich hoffte, dass es wenn dann, keine Eifersucht war, sondern Neid. Auf Beziehungsdrama hatte ich so gar keinen Bock. Generell auf gar kein Drama. Das Leben machte momentan endlich wieder so viel Spaß, ich wollte nicht, dass irgendwer oder irgendwas das wieder kaputt machte. Das Album-Release war jetzt eine knappe Woche her und, wie erhofft, war es von der ersten Minute an wahnsinnig erfolgreich. Der Hype ging durch die Decke, womit wir noch gar nicht so richtig umgehen konnten. Wie sollte das denn bitte erst auf Tour werden? Für uns war das relativ unvorstellbar. Aber wir hatten verdammt Bock!
Gerade saßen wir in meinem Wohnzimmer am Kamin, da es immernoch so verdammt kalt draußen war. "Wenn das so bleibt, können wir Strickpullis mit auf Tour nehmen, anstatt T-shirts." Dachte ich laut und erntete einen Lacher von Malte. "Klar, und Handschuhe." Grinste er, zupfte an Hennings Locken herum und malte mit dem Finger unsichtbare Muster in seinem Nacken. Malte saß im Sessel neben dem Kamin und Henning vor ihm auf dem Teppichboden. Er lehnte am Sessel zwischen Maltes Beinen und genoss die sanften Berührungen sichtlich. Mein Blick huschte zu Chrissi, der krampfhaft versuchte, nicht zu den beiden zu schauen. Doch ich erwischte ihn immer wieder dabei, wie er doch hinsah und dann war da dieser verbitterte Ausdruck auf seinem Gesicht und seine Lippen verzogen sich zu einer dünnen Linie. Was war nur mit ihm los? Gönnte er den beiden ihr Glück nicht? Wollte er etwa selber was von einem der beiden? Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen. Ich beschloss, ihn bei Gelegenheit darauf anzusprechen. "Ich will, dass es endlich los geht! Lasst uns einfach schon morgen losfahren." Faselte Henning gedankenverloren vor sich hin. "Ja klar und dann schlafen wir eine Woche in der Garderobe der Arena oder was." Kicherte Malte, Henning drehte sich zu ihm um. "Solange du dabei bist, schlafe ich überall." Oh mein Gott. Ich lehnte meinen Kopf gegen die Wand hinter dem Sofa und schloss die Augen. Irgendwann war es auch mal zu viel des Guten. Als ich sie wieder anschaute, sah ich gerade noch, wie Chrissi den Raum verließ. "Ich muss mal." Murmelte er und war verschwunden. Am anderen Ende des Flurs knallte die Badezimmertür in den Rahmen. "Man, was hat der bloß für ein Problem?" Nuschelte Malte verwirrt. "Das wüsste ich auch gerne. Aber wenn er dich klauen will, sehe ich das gar nicht ein." Bockig warf Henning einen neuen Holzscheit aufs Feuer, was sofort aufloderte. Malte suchte Hennings Blick und legte ihm die Hände an die Wangen. Ich schaute weg, um ihnen ein wenig Privatsphäre zu lassen. "Ich gehe nirgendwo hin. Ich liebe dich!" Hörte ich jedoch Malte sagen und Henning seufzte erleichtert. "Ich liebe dich auch!" Ich schaute auf und sah noch, wie sie sich wieder voneinander lösten. "Meint ihr, ihr könnt mal für ein paar Minuten die Finger voneinander lassen? Was auch immer Chrissi für ein Problem hat, ihr scheint es ihm nicht gerade zu erleichtern." Fragte ich vorsichtig. Sie schauten mich an, als wollte ich sie für immer auseinander reißen. "Kommt schon." Henning verdrehte die Augen und gab Malte einen Kuss. Sofort hielt der ihn am Hemd fest. Ich hörte die Badezimmertür aufgehen. "Jungs!" Zischte ich und sie lachten, ehe Henning sich dann neben mich pflanzte.
"Also, wer hat Bock auf heiße Schokolade?" Fragte ich in die Runde, als Chrissi wieder kam und in die unschuldigen Gesichter blickte. "Moi!" Lächelte er mich dann deutlich entspannter an und ich lächelte zurück. Er war wieder der Alte. "Wir auch!" Kam es dann synchron aus einer Ecke des Raumes. Ich drehte mich um und natürlich saßen die beiden Horsts zusammengequetscht im Sessel. Hmpf. Ich schob Chrissi aus dem Raum in Richtung Küche. "Komm, wir gehen Kakao machen." Verdutzt nickte er. "Klar."

Chrissi:

Während ich die heiße Schokolade im Topf rührte, spürte ich den Blick von Sevi in meinem Rücken. Ich wusste, dass er was gemerkt hatte. Ich hatte es aber auch relativ deutlich gemacht, ich Idiot. Wieso? War doch ganz unauffällig, wie du so rausgestürmt bist. Meldete sich mein Gehirn. Ich konnte einfach nichts dagegen tun, es kam einfach so über mich, in den unpassendsten Momenten. Ich fühlte mich scheiße, weil ich die anderen nicht verunsichern wollte, sie konnten ja nichts dafür, dass sie so verdammt glücklich waren. Und es war mir peinlich, dass ich so verzweifelt war. Ich kam mir so albern vor. Sevis Blick brannte. "Was ist?" Fragte ich wohl etwas patzig, um das unangenehme Gefühl loszuwerden. "Das würde ich gerne von dir wissen." Antwortete er ruhig. Es war zum Verrückt werden. Ich konnte ihn nicht anlügen. Aber ich konnte ihm auch irgendwie nicht die Wahrheit sagen. Schisser. "Ich.. Also.. Ich hätte auch gerne.. Nein. Ich möchte da nicht drüber sprechen. Zumindest nicht jetzt. Ich.. Weiß selber nicht, was gerade abgeht." Gab ich also stotternd zurück. Sevi stand auf und holte vier Tassen aus dem Schrank. Er strahlte eine unglaubliche Ruhe aus. Er hatte es gar nicht verdient, dass ich es ihm nicht sagen wollte. Nicht sagen konnte. Ich wollte es ja, aber.. Ich erschrak, als er plötzlich meine Hand festhielt. "Hast du gehört? Sie ist fertig. Du rührst schon die ganze Zeit." Sagte Sevi leise und ich wurde rot. Ich hatte ihn gar nicht mehr gehört, so tief war ich in Gedanken gewesen. "Äh, ja stimmt.. Du, es tut mir leid, aber ich muss los." Ich zog den Topf von der Platte und verließ die Küche, um meine Schuhe und meine Jacke zu holen. "Was, hey, warte! Chrissi!" Hörte ich Sevi rufen, doch ich war schon in die Turnschuhe geschlüpft und aus der Tür. Sie fiel ins Schloss und ich sprang die drei Stufen in einem herunter, ehe ich mir mein Fahrrad schnappte und abhaute. Sorry, Sevi.

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