11. Dezember 2016

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11. Dezember 2016; Jana:

Die ganze Küche war voller Mehl. Ich pustete mir eine Haarsträhne aus der Stirn und warf einen Blick ins Kuchenrezept. "Und jetzt.. Backpulver.." Murmelte ich vor mich hin, riss das Päckchen auf. Ein Kichern ließ mich zusammenzucken. Ich schaute auf, Chrissi stand in der Tür und grinste breit. "Was ist denn hier passiert?" Er zeigte auf die Mehlschicht, die die Küchenzeile, den Fußboden und mich überzog. "Ich versuche zu backen. Siehst du das etwa nicht?" Seufzte ich, las weiter in dem Rezept. Mein Freund kam zu mir herüber. "Es ist nicht zu übersehen. Maltes Geburtstagskuchen?" "Ja.. Ich bin gleich fertig. Dann mache ich das alles sauber, versprochen. Mir ist doch bloß diese dumme Mehlpackung umgefallen.." Ich spürte, wie meine Unterlippe zitterte und meine Augen sich mit Tränen füllten. Blöde Hormone. "Hey.. Nicht weinen.. Ich bin doch gar nicht böse.." Chrissi umarmte mich liebevoll und ich drückte mich an ihn. Mein kugelrunder Bauch war mittlerweile echt hinderlich beim Kuscheln. Er drückte sich gegen Chrissi. Ich wusste nicht, warum er immernoch nicht die Schnauze voll hatte von meinen Launen. Aber ich konnte nicht dankbarer sein. "Ich mach das schon sauber. Du solltest dich ein bisschen hinlegen, wenn der Kuchen im Ofen ist." Er drückte mir einen Kuss auf den Mund. "Danke, mein Schatz. Mein Rücken bringt mich um." Seufzte ich und Chrissi fuhr mit seinen warmen Händen auf meinem Rücken auf und ab. Es tat mir unglaublich gut. "Mhmm.." Machte ich wohlig, legte meinen Kopf an seiner Schulter ab. "So schön, wie das auch ist, der Kuchen muss fertig werden.. Ich sollte.. Oh! Was.. Hast du das auch gemerkt? Da.. Das Baby.." Hauchte ich überrascht, entzog mich den Armen meines Freundes und wir legten beide unsere Hände an meinen Bauch. "Ja.. Es hat getreten oder geboxt.. Oder?" Chrissi war vor mir in die Hocke gegangen und tastete meinen Bauch ab. Ich nickte, total überwältigt. Endlich! Wir hatten so lange darauf gewartet. "Mach das nochmal, Kleiner." Flüsterte Chrissi, ganz sanft. Er war total vernarrt in unser Ungeborenes. Oft lagen wir abends kuschelnd auf der Couch oder im Bett und Chrissi fühlte und horchte an meinem Bauch nach dem Baby. Ich lächelte, er war so süß. Ich war mir sicher, dass er ein wundervoller Vater sein würde. "Scheinbar möchte es nicht noch mal tre.. Woah.. Wow!" Keuchte ich, rieb über die Stelle. "Der Kleine hat ganz schön Kraft." Keuchte ich. Chrissi grinste. "Er wird bestimmt genau so ein Haudrauf, wie du." Witzelte er. "Ich weiß nicht, wovon du redest." Grinste ich zurück, schnappte mir das Geschirrtuch vom Haken und schlug es ihm gegen die Schulter. "Aua! Ach nein?" Lachend wich er zurück. Ich warf ihm das Tuch an den Kopf und tastete nochmal nach dem Baby. "Das meint dein Papa nicht so." Versicherte ich ihm, doch jetzt blieb es wirklich ruhig. "Du hast ihn beleidigt." Schmollte ich und warf Chrissi einen strafenden Blick zu, während ich die Kuchenform mit dem Teig füllte und sie in den Ofen schob. "Dafür machst du jetzt hier sauber und ich lege mich hin." Schimpfte ich und Chrissi sah mich schuldbewusst an. Mir entging das Zucken seiner Mundwinkel nicht. So so. Du nimmst mich also nicht ernst, ja? "Ich liebe dich, Jana." Versuchte er es, ich verschränkte meine Arme vor der Brust. Mein Freund zog mich an sich, küsste mich auf die Wange. "Tut mir leid.. Wirklich." Ich sah ihn skeptisch an. Jetzt konnte er das Grinsen nicht mehr unterdrücken. Und ich konnte nicht mehr beleidigt sein. Ich liebe dich so sehr. Verdammt! Als Chrissi sich zu mir beugte, kicherte ich gegen seine Lippen, ehe sie auf meine trafen und wir uns zärtlich küssten. "Ich liebe dich. Euch. Ich liebe euch beide." Murmelte er in den Kuss, ich streichelte seinen Nacken. "Und wir lieben dich. Papa." Er bekam Gänsehaut. "Das klingt so verrückt.. Wir sind ganz bald Mama und Papa." Ich versank in seinen Augen, in denen sich so viel Liebe spiegelte. "Ich kann es kaum erwarten.." Flüsterte ich zurück, zupfte gedankenverloren an den Haarspitzen in seinem Nacken. Wieder erschauerte er. "Aber.." Fing ich an, er hielt mit den Streicheleinheiten auf meinem Rücken inne. "Was?" Ich lehnte mich zurück und schaute ihn frech an. "Vorher musst du die Küche putzen. Ich leg mich jetzt nämlich hin. Sonst schlafe ich nachher beim Geburtstag im Stehen ein!" Ich drückte ihm noch einen Kuss auf die Lippen und wandt mich aus seinen Armen, um ins Wohnzimmer zu verschwinden. Aber nicht, ohne nochmal zurück zu schauen und sein verdutztes Gesicht zu sehen. Kichernd machte ich es mir auf der Couch bequem.

Sevi:

Die laute Musik aus Hennings und Maltes Wohnung hörte man bis nach hier draußen, in die winterliche Kälte. Es war kurz vor 21 Uhr, stockefinster und eiskalt. Merle drückte auf die Klingel, neben der May & Huck stand. Ich fragte mich, wer wessen Namen annehmen würde, wenn sie irgendwann heirateten. Die Verlobung war sehr plötzlich gewesen und mir war die Kinnlade erstmal bis zum Boden gefallen. Aber überrascht, dass sie es gemacht hatten, war ich nicht. Es war ja wohl klar, dass sie zusammen gehörten. Aber jetzt waren wir erstmal bei ihnen, um in Maltes Geburtstag reinzufeiern. Das Summen des Türöffners riss mich aus meinen Gedanken. Merle nahm meine Hand und zog mich in das alte Bürogebäude, indem die vielen neuen Wohnungen entstanden waren. Im ersten Stock wurde die Tür aufgerissen und die Musik schallte durchs Treppenhaus. "Jesus und Maria, wollen die das ganze Haus unterhalten?" Fragte ich, Merle lachte. "Scheinbar. Komm schon!" Ich folgte ihr nach oben und in die Wohnung. Malte stand an der Tür und grinste wie ein Schneekönig. Was er wortwörtlich war. Draußen lag eine dicke Schneeschicht wie eine weiße Decke auf den Gehwegen. Pünktlich zur Vorweihnachtszeit hatte es angefangen zu schneien. "Hey, Malte! Na, gleich bist du ein Jahr älter, mhm?" Begrüßte Merle ihn und drückte ihm gleich unser Geschenk in die Hände. Wir hatten ihm ein, zwei Platten von den Foals und Bon Iver gekauft, in der Hoffnung, dass er sie noch nicht besaß. Ich umarmte ihn und klopfte ihm freundschaftlich auf den Rücken. "Du bleibst trotzdem unser Kleiner." Ich konnte mir die Stichelei nicht verkneifen. Er boxte mir beleidigt gegen die Schulter. "Ich bin nicht klein." "Doch. Und die kleinsten haben bekanntlich die größte Klappe. Was bei dir auch zutrifft." Erwiderte ich grinsend. "Sevi, sei nicht so gemein!" Schimpfte Merle über die laute Musik hinweg, ich lachte. Malte verdrehte grinsend die Augen und wollte die Tür schließen, als es schon wieder klingelte. "Na, wer kommt da?" Neugierig sah ich Malte über die Schulter, während ich meine Jacke aufhängte. Carlo und Fabian aus unserer Crew kamen die Treppen hoch. Wir begrüßten sie und schauten dann ins Wohnzimmer, wo meine Freundin neben Jana auf der Couch saß und offensichtlich in ein Gespräch über das Baby vertieft war. Ich ging zur Küche. Chrissi und Henning waren dabei, Schüsseln und Teller mit Essen zu füllen, während Martin mit seiner Kamera vor ihnen stand und Fotos machte. "Hi, Jungs! Das sieht ja gut aus!" Begrüßte ich sie. "Danke! Hey. Kannst uns gleich helfen und den Krempel auf den Tisch stellen." Bat Henning, der Salat umfüllte. Der Ring an seinem Finger entging mir nicht. Hatten sie sich jetzt nochmal ganz offiziell verlobt? Ich schob meine Neugier erstmal zur Seite und gehorchte. Als auch die Getränke bereit standen, gingen wir wieder rüber zu den anderen und quatschten, bis es fast Mitternacht war. Henning und Fabian waren schon jetzt relativ betrunken. Malte hatte auch ordentlich einen im Tee. Chrissi saß kuschelnd mit Jana auf der Couch, sie redeten immernoch mit Merle über das Kleine. Carlo und Martin hockten auf den Sitzkissen und unterhielten sich über irgendwas wegen der Band. Ich drehte die Musik leiser und zog damit alle Blicke auf mich. "Gleich ist es soweit, Freunde! Malte, halt mal eine Rede!" Forderte ich, er stand grinsend auf. Wow, etwas wackelig auf den Beinen, der Gute. Er hob sein Glas in die Höhe. "Danke, dass ihr.. alle da seid! Ich.. Ich bin echt.. Schlecht in sowas." Fing er an, seine Worte waren schwammig. "Aber ich möchte mich für die letzten zweieinhalb Jahre bei.. Euch bedanken." Er schwankte kurz, doch Henning hielt ihn fest. "Ich weiß nicht, warum ihr mich Idioten in die Rhythmusgruppe aufgenommen habt.. Aber ich liebe euch dafür! Also auf euch!" Wir stießen an, ich nahm einen Schluck von meiner Cola. Maltes Blick blieb an Henning haften. "Und vor.. allem liebe ich dich, Henning. Ich.. Ich liebe dich! Und ich.. Möchte nochmal offiziell sagen, dass wir.. offiziell.. Oh, das war doppelt.." Er kicherte. "Das wir jetzt richtig.. verlobt sind. Guckt!" Er zeigte stolz seinen Ring. Hab ich's doch gewusst! Wir klatschten und jubelten lautstark, alle durcheinander. Und dann war es null Uhr. Glückwünsche prasselten auf Malte ein, er wurde umarmt und geknuddelt. Die Musik wurde wieder lauter gedreht, es wurde getanzt, geknutscht, Schwachsinn erzählt und irgendwann pennte die halbe Truppe im Wohnzimmer ein. Es war halb vier morgens, als wir Henning und Malte zu viert in ihr Bett verfrachtet hatten, und Carlo, Fabian und Martin sich auf den Heimweg machten. Ich verabschiedete sie, löschte das Licht und legte mich zu meiner Freundin, Jana und Chrissi auf die nun ausgeklappte Couch. Schnell fielen auch mir die Augen zu.

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