29. Mai 2016

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29. Mai 2016; Jana:

Meine Fingerspitzen streichelten sanft seine Wange. Er seufzte und blinzelte gegen das Sonnenlicht an, dass durchs Fenster schien. Müde schaute er mich an, lächelte. Du bist so süß. Ich lächelte genauso verschlafen zurück. "Hey.." Flüsterte ich und löste meine Finger von seiner Wange, um mit den Zärtlichkeiten auf seiner Brust fortzufahren. Chrissi seufzte genüsslich und kuschelte sich an mich. "Morgen.." Murmelte er mir ins Haar. Ich spürte, dass er hier bleiben wollte. Aber gleichzeitig zu seinem besten Freund. Ich wollte auch für immer mit ihm hier liegen. Aber ich verstand es. Mir würde es genau so gehen. Wahrscheinlich wäre ich sofort losgefahren. "Es ist okay. Wirklich. Ich bin nicht enttäuscht. Am Liebsten würde ich sogar mitkommen, ich mache mir ja auch große Sorgen um He.." Fing ich an, Chrissi fiel mir ins Wort. "Dann tu es. Komm mit mir." Er sah mir in die Augen. Ich setzte mich auf, kniete neben ihm auf der Matratze und fuhr mir durch die blonden Haare. "Ich kann nicht.. Die Uni.. Ich hab die letzte Woche schon zu viel versäumt.." Zögerte ich. "Bitte.. Ich möchte nicht ohne dich fahren." Murmelte er traurig, mein Herz tanzte in meiner Brust. Es war verrückt. Komplett verrückt, wie man nach nur wenigen Wochen so innige Gefühle für jemanden haben konnte. Gerade mal vier Wochen kannten wir uns jetzt. Und doch liebte ich ihn so sehr. Und es tat immer wieder unglaublich weh, mich von ihm zu verabschieden. "Ich kann nicht.. Noch.. ähh sechs Wochen, dann hören die Vorlesungen auf. Dann kann ich viel zu Hause machen, für die Uni. Und da ist noch ein Projekt, bei dem du mir helfen kannst. Dann sehen wir uns noch öfter. Versprochen, mein Schatz." Erzählte ich, Chrissis Gesicht hellte sich auf. "Ja? Das ist die Festivalzeit.. Wenn Henning bis dahin wieder fit ist, kannst du im Sommer mit uns auf Festivaltour gehen.. Wenn wir denn mal Anfragen bekommen." Schlug er grinsend vor und ich nickte begeistert. Vorfreude auf den Sommer breitete sich in mir aus. Ich lächelte und beugte mich über ihn, um meine Hände an seine Wangen zu legen und ihn zärtlich zu küssen. "Mhh.." Seufzte er wohlig und setzte sich auf, ehe ich auf seinen Schoß kletterte und meine Arme um seinen Hals schlang. Innig küssten wir uns, Chrissi ließ seine Hände an meinen Seiten auf und ab wandern, ehe er meine Hüften umfasste. Mit den Fingern strich ich von seinem Nacken über seine nackte Brust. Er erschauerte und bekam Gänsehaut. Leise stöhnte er in den Kuss und ich streichelte seine Wange liebevoll. Ich fand es schön, was ich für eine Wirkung auf ihn hatte. Wie es wohl war, mit ihm zu schlafen? Ich stellte es mir wunderschön vor. Meine Finger fuhren zu seinem Bauch. Wieder entwich ihm ein Stöhnen. Mein Bauch begann, wahnsinnig zu kribbeln, als ich über den Bund seiner Jogginghose strich. "Jana.. Nicht.. Ich muss gleich los. Ich.." Seine Hände ergriffen meine und hielten sie fest, als er den Kuss beendete und mich sanft anschaute. "Ich möchte nicht, dass es so passiert. Nicht zwischen Tür und Angel, wenn ich eigentlich schon im Auto sitzen müsste. Ich möchte, dass es besonders wird.. Und dass wir alle Zeit der Welt haben.." Flüsterte er und umarmte mich. Schmetterlinge flatterten wie verrückt in meinem Bauch herum, er war so wundervoll. "Das klingt so schön.. Ich vermiss dich bloß jetzt schon, weißt du." Murmelte ich, streichelte seinen Rücken. "Ich weiß. Ich dich auch. Ich liebe dich." Antwortete er und dann verdrängte dieses blöde Gefühl von Abschied die Schmetterlinge. "Ich möchte nicht, dass du fährst. Aber ich weiß, dass du zu Henning willst. Komm, ich mache dir schnell Frühstück und du gehst ins Bad, ja?" Ich rutschte von seinem Schoß und stand auf, um ihn ebenfalls hoch zu ziehen. Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn. "Das ist lieb, danke. Bis gleich." Lächelte er und ich ging in die Küche.

Chrissi:

Ich hatte das Gefühl, dass es von mal zu mal schwerer wurde, mich von Jana zu verabschieden. Es brach mir das Herz, wie sie immer anfing zu weinen, sobald ich los fuhr, oder ihr Zug das Gleis verließ. Sie dachte wohl, ich sah es nicht, weil sie es immer bis zur letzten Sekunde unterdrückte. Aber ich hatte es immer gesehen. Ich hatte gegen meine eigenen Tränen angekämpft, als ich auf die Autobahn gefahren war. Nur der Gedanke an den Sommer, der vor uns lag, hatte mir geholfen, nicht anzufangen, zu heulen.
Jetzt nahm ich den letzten Schluck Kaffee aus dem Thermobecher, den Jana mir mitgegeben hatte und stieg aus dem Auto. Ich betrat die Klinik und fragte nach Henning. Eine Fahrstuhlfahrt, 10 endlose Gänge und doppelt so viele Glastüren später stand ich vor seinem Zimmer und klopfte nervös an. "Herein!" Kam es von drinnen, ich schob die Tür auf. Henning grinste mich mit schmerzverzerrtem Gesicht an, in seinem Krankenbett. "Hey. Was machst du bloß für Sachen, man?" Begrüßte ich ihn und setzte mich neben ihn. Abgesehen von seinem typischen Grinsen, sah er furchtbar aus. Er war blass. In dem Arm, der nicht in einem dicken Gips ruhte, steckten mehrere Nadeln mit Schläuchen. Auf seiner Stirn prangte ein großes Pflaster. Vermutlich hatte er da eine Platzwunde. Henning war mit Kratzern übersät. Sein Grinsen verschwand mit einem Mal. "Frag nicht. Ich weiß selber nicht, wie ich so ausrasten konnte." Murmelte er, offensichtlich war ihm das Ganze sehr unangenehm. "Oh man.. Du hast uns allen einen riesigen Schrecken eingejagt. Mach das nie wieder, du Trottel." Ich verwuschelte seine ohnehin schon völlig zerzausten Haare. Wir schauten uns an und dann mussten wir doch wieder grinsen. "Wo sind eigentlich Sevi und dein Liebster?" "Unten.. Was essen. Malte ist seit gestern hier. Er hat die Schwestern in Grund und Boden argumentiert, bis er die Nacht über hier bleiben durfte." Belustigt und irgendwie stolz sah er mich an, ich verdrehte die Augen. "Wieso wundert mich das nicht?" "Ist doch süß." Henning lächelte verliebt. "Ja. Wahnsinnig goldig." Zog ich ihn auf, als die Tür plötzlich aufflog. Das konnte ja nur bedeuten, dass.. "Hey, Chrissi! Du bist ja auch endlich da!" Sevi legte mir seine Hände auf die Schultern und drückte sie fest. "Ahh, nicht so doll! Gott, wieso bin ich hergekommen?!" Fluchend rieb ich mir die Schulter. "Weil du mich lieb hast!" Säuselte Henning. "Ich stelle eine neue Diagnose - Dachschaden." Gab ich zurück, Malte mischte sich ein. "Nicht so lieb, wie ich dich habe! Ich liiiebe dich!" Er schmiss sich neben Henning auf die Bettkante und küsste ihn überschwänglich. Henning stöhnte auf. Aber wohl eher vor Schmerz, als aus Genuss. Kopfschüttelnd beobachtete ich die beiden. "Wirklich, ich hätte einfach in Frankfurt bleiben sollen. Hier ist doch alles gut. Ihr seid immer noch alle gleich bescheuert. Nur du, du bist noch bekloppter. Muss die Schramme sein." Ich zeigte auf Hennings Stirn. Unschuldig schaute er drein. "Ich bin froh, dass du da bist." Schleimte er dann und ich gab nach. Wir setzten uns alle um das Bett herum und quatschten. Zwischendurch kam eine Schwester herein und kontrollierte die Schläuche. Sie fragte Henning, wie schlimm die Schmerzen waren und er bekam ein Mittel. Sevi erzählte uns, oder eher mir, von den Emails, die er bekommen hatte. Ich fragte mich, was das für unverschämte Leute waren. Wir beschlossen, sie uns zusammen vorzunehmen, wenn Henning wieder zu Hause war. Apropos nach Hause. Den Umzug der beiden verschoben wir um drei Tage. Weil Henning erst in einigen Tagen gehen durfte. Sie wollten ihn noch beobachten, wegen der Wunde am Bauch. Henning gefiel das überhaupt nicht. Ich wusste, wie dringend die zwei in ihr neues Reich ziehen wollten. Deswegen beeindruckte es mich, als Malte auf ihn einredete und ihm versicherte, dass es gar nicht so schlimm war. Henning gab seufzend nach. Dann fiel ihm etwas anderes ein. "Ihr müsst die Konzerte absagen, vergesst das nicht. Saarbrücken und Frankfurt.." Sein Blick huschte zu mir. Ich nickte verständnisvoll. Jana würde das bestimmt schade finden, sie hatte sich schon sehr drauf gefreut. Aber sie würde es verstehen. "Klar, mach dir darum keinen Kopf. Deine Aufgabe ist, wieder auf die Beine zu kommen. Und nichts anderes." Beruhigte Sevi ihn schnell. Henning nickte zufrieden und kuschelte sich wieder ins Kissen. Er gähnte. "Das dumme Schmerzmittel wirkt. Gleich ist er weg." Malte lehnte sich über ihn und küsste ihn sanft. "Ich bleibe hier." Versprach er ihm, Henning schüttelte den Kopf. "Du musst schlafen, Schatz.. Fahr nach Hause." Murmelte er, Malte zögerte. "Henning hat recht, Malte. Er ist in guten Händen. Du musst dich ausruhen." Stimmte ich zu und auch Sevi nickte, er legte ihm eine Hand auf die Schulter. Henning strich Malte über die Wange. "Außerdem bringt es nichts, wenn ich wach bin und du hängst halb schlafend auf dem Bett. Wirklich." Malte nickte widerstrebend und wir standen auf. "Ich bleibe noch, bis du eingeschlafen bist. Jungs, ich komme gleich raus." Wir nickten ihm zu und verabschiedeten uns von Henning. Als Malte Minuten später auch raus kam, grinste er verschlagen. "Halt die Klappe. Ich möchte es nicht hören." Sagte Sevi sofort, Malte winkte ab. "Hey, es ist nichts passiert. Wir haben nur.. Ein bisschen.." Er zog seinen Pulli ein Stück runter und sein Hals war mit Flecken übersät. "Ein bisschen, ja?" Stieß ich hervor, wir prusteten los. "Ihr seid verrückt!" Sevi boxte ihm kopfschüttelnd gegen die Schulter. "Ja! Nach uns!" Strahlte Malte, ich seufzte. "Komm, du liebeskranker Trottel. Wir fahren." Zusammen verließen wir die Klinik.

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