Meine Lieben, zur Feier dieses Feiertages und der Tatsache, dass ich gestern nach schlaflosen Nächten meine mündliche Prüfung bestanden habe, dachte ich mir, poste ich mal ein längeres Kapitel. Viel Spaß :) 💓✌
___________________________29. März 2016; Severin:
"Ich hätte auch gerne.." Chrissis abgebrochener Satz hallte immer wieder in meinem Kopf wider, während ich meinen Koffer für die Tour packte, die morgen in Dortmund startete. Ich könnte nicht noch aufgeregter sein, doch die Sorge um Chrissi gewann immer wieder. Was hätte Chrissi gerne? Ich grübelte seit einer Ewigkeit und konnte mir keinen Reim darauf machen. Seine neidischen Blicke, die er Henning und Malte zu warf, sein aus dem Raum stürmen, seine Abwesenheit in den letzten Tagen.. Was steckte bloß dahinter? Ich nahm einen Stapel Hemden aus dem Schrank und plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich! Wieso war ich nicht gleich darauf gekommen? Ich schlug mir mit der Hand vor die Stirn und sprang auf, um mein Handy zu suchen. Schnell tippte ich eine SMS an Chrissi. "Hey, hast du Lust, heute Abend rüber zu kommen?" Es dauerte nicht lange, bis die Antwort kam. "Komme gegen 20 Uhr." "Okay." Tippte ich genau so knapp zurück und widmete mich wieder meinem Koffer. Ich musste ihn dringend aufmuntern. Um kurz nach 20 Uhr klingelte es, ich schlitterte auf Socken über das alte Parkett und öffnete die Tür. Chrissi sah relativ.. fertig aus. Müde schaute er mich an, ein kleines Lächeln im Mundwinkel. "Hey! Sag mal, sieht man so aus, wenn man morgen auf Tour geht?" Begrüßte ich ihn grinsend, er schlug in meine Hand ein. "Klar, Panda-Style ist in." Er zeigte auf seine Augenringe und ging in Richtung Küche. "Mensch, was ist bloß los mit dir, mh? Was macht dich so fertig?" Fragte ich vorsichtig, er wich meinem Blick aus und setzte sich an meinen Küchentisch. Ich warf ihm meine Zigaretten hin und stellte den Aschenbecher daneben. Wir zündeten uns beide eine an. Chrissi atmete ein, ehe er den Qualm mit einem langen Atemzug ausstieß. "Tu doch nicht so. Du weißt doch, was los ist. Warum bin ich sonst hier?" Gab er dann patzig zurück, ich zuckte zusammen. War ich so leicht durchschaubar? Und warum war er her gekommen, wenn er genau wusste, dass ich es wusste? Wollte er doch darüber reden? Verlegen schaute ich ihn an, Chrissi seufzte und tippte gegen seine Zigarette. Die Asche rieselte in den Aschenbecher. "Ich bin einsam. Scheiße einsam. So, jetzt hast du Gewissheit. Das war es doch, was du dachtest, oder? Du hattest Recht." Grimmig sah er zum Fenster, vor dem es schon fast dunkel war. Winter halt. "Ja. Das war es. Ich bin heute Nachmittag drauf gekommen, bevor ich dir geschrieben habe. Ich verstehe nur nicht, wieso du nicht schon früher mit mir geredet hast. Ich bin dein bester Freund, Chrissi.." Meine Enttäuschung klang in jedem Wort mit. "Weil es peinlich ist. Ich fühle mich, wie ein pubertierender Teenager. Wie komme ich mir denn vor, wenn die Jungs jede Gelegenheit nutzen, um zu knutschen und ich sitze daneben und könnte platzen vor Neid auf meine eigenen Freunde. Sowas Bescheuertes." Ärgerte er sich über sich selbst. "Ich meine, sie können ja nichts dafür und ich gönne ihnen das ja alles, aber wieso müssen sie das immer und überall machen und.." Chrissi redete sich in Rage. "Siehst du? Schon wieder! Das ist scheiße, alles scheiße! Wieso hab ich nicht mal Glück, irgendwo muss doch jemand sein, der.. argh!!" Ich ließ ihn minutenlang vor sich hin fluchen, sich alles von der Seele reden. Es tat mir leid, ihn so verletzt und verwirrt zu sehen. Und so sollten wir morgen die Tour beginnen? Na wunderprächtig. Chrissi nahm sich noch eine Zigarette und ich zündete sie ihm an. Chrissi seufzte auf und sah mich dann dankbar an. "Danke. Das hab ich echt gebraucht. Es tut gut, das alles mal rauszulassen, anstatt es immer nur in sich hineinzufressen." Murmelte er, ich nickte. "Kein Problem. Ich bin froh, dass du endlich sagst, was Sache ist. Dass man mit den beiden nicht wirklich reden kann, verstehe ich.. Aber es ist nicht ihre Schuld, wie du schon gesagt hast. Es wäre nicht richtig, sie zu mehr Abstand oder so zu zwingen. Das würde keinen von uns glücklich machen. Wir sind keine 12 mehr, sie dürfen machen, was sie wollen. Aber ich verstehe dich, das muss hart sein. Wenn du willst, können wir mehr zusammen unternehmen? Also zu zweit meine ich, dann musst du dir das Geturtel nicht so oft antun." Schlug ich vor, Chrissi nickte. "Wäre cool. Aber jetzt kommt ja eh erstmal die Tour. Langsam bin ich doch aufgeregt." Er drückte seine Kippe aus und lächelte. "Du bist schon die ganze Zeit aufgeregt, hast es aber unter all dem Ärger nicht gemerkt." Grinste ich zurück. Ich wusste, wie sehr er sich innerlich auf die Konzerte freute. Chrissi hatte schon immer wahnsinnig gerne live gespielt. "Erwischt." Jetzt formten sich seine Lippen doch zu einem Grinsen. "Wann treffen wir uns morgen nochmal?" Er scrollte suchend durch unseren Chatverlauf auf seinem Handy. "8 Uhr am Proberaum. Wenn möglich früher. Dortmund ist zwar nicht weit, aber du weißt ja, erstes Konzert und so. Doppelt und dreifacher Soundcheck. Und bis alles eingeladen ist.. Henning kommt bestimmt wieder zu spät.." "Nein, die pennen im Proberaum. Glaube ich zumindest. Als ich eben dran vorbei gefahren bin, war noch Licht an." Unterbrach mich Chrissi, er verdrehte die Augen grinsend. Ich schüttelte mich. "Wir brauchen dringend eine zweite Couch. Ich will mich da nicht mehr draufsetzen. Echt nicht." Wir schauten uns an, ehe wir beide in Gelächter ausbrachen. Chrissi fing sich als Erster wieder. "Na gut. Ich denke, ich muss dann mal nach Hause. Mein Koffer ist weit von "fertig gepackt" entfernt und eine Mütze Schlaf brauche ich auch ganz dringend. Danke nochmal. Und sorry, dass ich nicht eher gekommen bin." Wir standen auf, ich brachte ihn zur Tür. "Dann sorg mal dafür, dass er morgen früh fertig ist. Ich fahre um 9 los." "Du fährst? Ohje." Ärgerte er mich, ich boxte ihm gegen die Schulter. Schnell hüpfte Chrissi die drei Stufen hinunter. "Was dachtest du denn? Malte bestimmt nicht, der fährt noch auf die Gegenfahrbahn, sobald Henning ihn anguckt." Wieder Gelächter, es hallte in die dunkle Nacht. Ich wusste gar nicht genau, wie spät es war. "Alles klar, dann bis morgen früh." Chrissi stieg auf sein Fahrrad und hob die Hand, ehe er um die Ecke bog und im Dunkeln verschwand. "Bis morgen." Grinste ich zufrieden und schloss die Tür hinter mir.
Chrissi:
Ich fühlte mich total befreit, jetzt, wo ich Sevi alles erzählt hatte. Müde, aber erleichtert und tierisch aufgeregt lenkte ich meinen Drahtesel nach Hause. Im Proberaum waren die Lichter mittlerweile auch aus. Sollte ich nachschauen...? Ich wägte den Gedanken kurz ab, entschied mich dann dagegen. Die beiden sollten nochmal ihre Ruhe haben, denn davon würden sie in den nächsten Wochen nicht viel bekommen. Ich spürte zum ersten Mal seit langem, wie ich mich für die zwei freute. Sie hatten es echt gut. Sie hatten sich nicht gesucht, aber gefunden und konnten die Anwesenheit des anderen fast jeden Tag genießen. Soweit ich wusste, war Henning mehr bei Malte zu Hause, als bei seinen Eltern. Sicher würden sie bald zusammen ziehen. Ach, wie gerne hätte ich auch jemanden, mit dem ich das alles teilen konnte, was wir erlebten.. Ich kam zu Hause an und schon mein Rad durch das Gartentor, um es abzustellen. Dann schloss ich die Haustür auf und betrat meine Butze. Ich wohnte in einer Doppelhaushälfte, zusammen mit Jonas, meinem Mitbewohner. Er hatte sein Reich unterm Dach, während mein Zimmer, mein Musikzimmer und das Bad im ersten Stock waren. Unten waren Küche, Esszimmer, Wohnzimmer und ein kleines WC. Ich tastete nach dem Lichtschalter und stieg leise die Treppen hoch, um Jonas nicht zu wecken, falls er da war. In meinem Zimmer zog ich meinen Koffer vom Kleiderschrank und warf ihn aufs Bett. "30.03. bis 08.04.." Okay, zehn Tage, dafür brauchte ich ja nicht sooo unglaublich viel. Wahllos warf ich meine Klamotten aus dem Schrank in den Koffer und klappte ihn schließlich zu. Ich schob ihn leise in den Flur und schmiss mich dann totmüde ins Bett. Mein Wecker zeigte 01.57 Uhr an, als ich ihn im Halbschlaf auf 6.30 Uhr stellte. Ganze viereinhalb Stunden Schlaf waren mir vergönnt. Schnell wurden meine Augenlider zu schwer, um sie noch eine Sekunde länger offen zu halten. Das Klingeln meines Weckers riss mich aus dem Tiefschlaf. Ich saß sofort senkrecht und streckte mich ausgiebig. Heute geht es los! Fuhr es mir durch den Kopf. Trotz des Schlafmangels fühlte ich mich um Welten besser, als ich den Wecker ausschaltete, mich umständlich aus meiner Bettdecke befreite und aufstand. Auf dem Flur begegnete ich Jonas, der schon fertig angezogen die Treppen herunter kam. Er würde mich mit dem Auto zum Proberaum bringen. "Guten Morgen! Wo warst'n du gestern Abend noch so lange? Musst du nicht.. Wow, du siehst gar nicht mehr so kacke aus, wie die letzten Tage." Fiel ihm während seinem Geschwafel auf und er blieb stehen. "Morgen. Ich war noch bis spät bei Sevi.. wir haben geredet.. Mir geht's jetzt viel besser." "Das sieht man. Freut mich echt für dich. Aber jetzt los, hopp, hopp, geh dich fertig machen. Geht doch gleich los, oder?" Ich nickte und hastete ins Badezimmer, um zu duschen. Sevi würde Wort halten, was das Abfahren um Punkt 9 anging, da war ich mir sicher. Nach einer kurzen Dusche zog ich mich an und suchte meine letzten Sachen zusammen, in meinem Zimmer. Handy, Ladekabel, Kopfhörer, ein Buch gegen Langeweile und die Kippen. Ich schmiss alles in meinen Rucksack und warf ihn mir über die Schulter, ehe ich meine Zimmertür schloss und dann meinen Koffer, der an der Treppe wartete, nach unten hievte. "Ich hab dir Frühstück gemacht. Steht da." Empfing mich Jonas in der Küche und zeigte auf die Theke, auf der eine Schüssel mit Müsli stand. "Danke. Ich weiß aber nicht, ob ich das runter kriege. Ich bin so aufgeregt, man." Grinste ich wie ein Honigkuchenpferd und setzte mich auf den Barhocker. "Das glaube ich! Ich wünsche euch viel Spaß! Wann ist nochmal Tourpause?" Wollte er dann wissen. "Wieso? Damit du rechtzeitig das Haus aufräumen kannst, bevor ich wiederkomme?" Lachend schaufelte ich mir das Müsli rein. "Klar!" Zwinkerte Jonas und stellte seine Schüssel bereits in den Geschirrspüler. "Am 09. kommen wir wieder." Antwortete ich ihm dann und würgte den letzten Löffel herunter. Als auch meine Schüssel in der Maschine stand, griff ich nach meiner Jacke, meinem Gitarrenkoffer, meinem Rucksack und dem Koffer und schleppte die Sachen nach draußen, um sie in Jonas Auto zu verladen. "Kann los gehen!" Rief ich, als mein Mitbewohner auch schon raus kam.
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Vielleicht, vielleicht
Fanfiction> Fortsetzung von Sieben Jahre < Für die Kölner Band AnnenMayKantereit hat sich, seitdem Malte als Bassist hinzugekommen ist, das Leben um 180 Grad geändert. Der holprige Sommer 2014 liegt lange hinter ihnen. Das erste Studioalbum hatte eingeschlag...