25. Mai 2016; Henning:
Nachdem sich die Aufregung und der Ärger vom Wochenende gelegt hatten, widmeten wir uns unserem bevorstehenden Umzug in die neue Wohnung. Wir hatten Sevi erzählt, was passiert war, als er abends noch total aufgebracht in Maltes WG aufgetaucht war. Zu unserer Genugtuung hatte er dann von seiner Begegnung mit Jonas berichtet. Vermutlich war es besser, dass Sevi das geregelt hatte. Ich bezweifelte, dass ich so ruhig geblieben wäre. Jetzt saßen wir jedenfalls zu dritt in unserem überladenen Bus und waren auf dem Weg zurück zum Proberaum. Sevi hatte angeboten, uns beim Einkaufen der ganzen Sachen im Möbelhaus zu helfen. Da wir in einer Woche, zum 1. Juni, einziehen konnten, hatten wir schon viele Möbel, Lampen, Teppiche, Decken, Kissen und die wichtigsten Sachen für die Küche besorgt. Danach hatten wir noch einen kurzen Abstecher zum Baumarkt gemacht, um Paletten zu holen. Wir wollten so ein schönes selbstgebautes Bett haben, aus gestapelten Paletten und einer Matratze oben drauf. Den ganzen Tag waren wir unterwegs gewesen und jetzt qualmten uns echt die Stricksocken. Völlig fertig ließen wir uns auf die Couch und den Sessel fallen, als wir endlich alles ausgeladen hatten. Wir lagerten unsere Sachen hier zwischen, bis wir in die Wohnung konnten. Wir konnten es kaum erwarten. "Eigentlich hätten wir direkt noch eine zweite neue Couch bestellen können. Damit die da mal rausfliegt." Sevi zeigte auf die zerschlissene Couch, auf der ich mit meinem Freund saß. Malte hielt meine Hand, spielte mit meinen Fingern. "Wieso? Ich mag das alte Ding, hat doch was." Malte schaute sich das Leder an, das schon an einigen Stellen zerrissen war. "Ich kann dir sagen, was das Ding hat. Zu viel von euch." Sevi schüttelte sich und wir prusteten los. "Nein, das stimmt nicht!" Stieß ich zwischen Lachen hervor. "Die Couch ist zu unbequem dafür. Meistens waren es die Decken." Ich warf Malte einen vielsagenden Blick zu und er grinste. Schon so oft war es hier passiert, wenn die beiden anderen früh gegangen waren. Sevi sah erleichtert aus. Doch das würde nur so bleiben, bis er merkte, dass er auf einer der Decken saß. Als Sevi unsere Blicke bemerkte, schaute er unter seinen Hintern. "Wäääh! Euer Ernst!?" Entsetzt sprang er auf, wir lachten wieder los. Sevi schmiss uns die Decke vor die Füße. "Die könnt ihr schön mit in eure Wohnung nehmen." Schmunzelte schließlich auch er und setzte sich wieder auf den Sessel. Ich hob die Decke auf und warf sie auf den riesigen Stapel unserer Sachen. Dann griff ich nach meiner Ukulele und klimperte ein bisschen vor mich hin. Sevi unterhielt sich mit Malte und mir fiel auf, wie glücklich er aussah. Und dass es schon länger her war, dass wir zusammen gesessen hatten. Ich überlegte. Wann hatten wir überhaupt zuletzt was zusammen gemacht? Ich kam zu dem Fazit, dass es das Konzert in Köln vor zwei Wochen gewesen war. Das war für uns schon eine verdammt lange Zeit. Normalerweise hingen wir doch jeden Tag zusammen. Entweder hier oder bei einem von uns zu Hause, meistens bei Sevi. Plötzlich kroch mir das schlechte Gewissen in den Nacken. Irgendwie hatten wir ihn echt vernachlässigt. Ich fragte mich, ob er sich ausgeschlossen fühlte, weil ich rund um die Uhr mit Malte zusammenklebte, schon allein wegen der Wohnung und Chrissi nur noch Jana im Kopf hatte. Man konnte es ihm nicht übel nehmen. Er war so glücklich, wie lange nicht mehr. Wir alle gönnten es ihm zu hundert Prozent. Sevi musste sich trotzdem ganz schön mies fühlen. Irgendwie war er ja jetzt allein. Ich warf ihm einen Blick zu, er war noch immer am Grinsen, über irgendeinen Stuss, den Malte wieder von sich gegeben hatte. Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf und widmete mich wieder meiner Ukulele. Nein, Sevi fühlte sich sicher nicht vernachlässigt. Er sah so zufrieden aus, als er anfing, mit seinen Drumsticks auf dem Tisch irgendeinen Rhythmus zu meinem Geklimper zu trommeln.
Chrissi:
Ich wachte auf und merkte sofort, dass Jana nicht in meinen Armen lag. Als ich mich aufsetzte und mich umschaute, sah ich, dass sie gar nicht mehr im Zimmer war. Und dass es schon ziemlich spät sein musste. Hatte ich so lange geschlafen? Ich schlug die Decke zurück und streckte mich, bevor ich aufstand. Mit zerzausten Haaren und in Jogginghose verließ ich das Schlafzimmer und ging in die Küche, aus der leise Musik zu mir herüber drang. Ein breites Grinsen schlich sich auf meine Lippen, als ich meine Freundin entdeckte. Sie tanzte in einem bunten, weiten Kleid in der Küche umher, streifte sich immer wieder diese wiederspenstige Strähne hinters Ohr. Du bist so schön. Vor sich hin summend packte sie einen Korb, es duftete herrlich nach frischen Brötchen und Kaffee. Auf dem Herd stand ein Topf, indem Eier kochten. Ich fand die Idee eines Picknicks toll. Das Wetter war perfekt dafür. Und ich fand es süß, wie viel Mühe sie sich gab. "Du weißt nicht, wie schön du bist." Sagte ich und Jana fuhr erschrocken herum. Ihre Wangen wurden rot und sie grinste verlegen. "Du.. ähh.. danke. Aber das stimmt gar nicht." Stotterte sie, ich lachte leise und ging zu ihr. Jana schlang ihre Arme um meine Mitte und ich legte meine um ihre Schultern. Sie schaute auf und ich sah ihr in die Augen. "Natürlich stimmt das. Du bist wunderschön. Ich werde nie müde werden, dir das zu sagen. Bis du es selber von dir sagst." Versprach ich und ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. "Ich liebe dich!" Flüsterte sie und küsste mich zärtlich. Ich schloss die Augen und erwiederte den Kuss, nahm ihr Gesicht vorsichtig in meine Hände. Mein Bauch kribbelte wie verrückt. Sie machte mich verrückt. Ich seufzte leise in den Kuss. Lange standen wir mitten in der Küche, küssten uns streichelten uns, bis ich mich vorsichtig zurücklehnte und meine Freundin anschaute. "Ich liebe dich auch." Meine Hände lagen noch immer an ihren Wangen, ich streichelte sie sanft. Jana strahlte mich glücklich an, ihre Hände malten unsichtbare Muster auf meinem Rücken. Plötzlich riss uns ein schrilles Klingeln aus dem innigen Moment, wir zuckten zusammen. "Sorry.. der Wecker für die Eier." Murmelte sie und entzog sich meinen Händen, um das Geräusch abzustellen und die Eier abzuschrecken. Ich ging ins Bad, um duschen zu gehen und mich dann anzuziehen. Als ich wieder heraus kam, wartete Jana schon mit dem Picknickkorb in den Händen im Flur. "Hey.. da bist du ja wieder." Freute sie sich und ich küsste sie auf die Stirn. "Ja! Komm, wir gehen. Ich hab einen Bärenhunger!" Verkündete ich, zog meine Schuhe an und nahm ihr den Korb ab. Jana nahm meine Hand und zog mich aus der Wohnung. Wir schlenderten Hand in Hand die Straßen hinab und betraten den Park. Nach einer Weile erreichten wir einen großen Teich, an dessen Ufer wir uns einen Platz in der Sonne suchten und unser Frühstück auspackten. Ich genoss es, hier in der Natur zu sitzen, mit meiner Freundin neben mir, die mich verliebt anlächelte. Mich so unglaublich glücklich machte. Wieder fragte ich mich, womit ich sie überhaupt verdient hatte. Nach dem Essen kuschelte sie sich an mich und ich umschlang sie, streichelte verträumt über ihre weiche Haut, drückte meine Lippen auf ihr Haar. Genüsslich seufzte sie auf und schaute zu mir auf, drückte mir einen Kuss auf die Wange, ehe sie sich wieder an mich lehnte. Immer wieder flüsterten wir uns "Ich liebe dich!" zu und schauten auf das Wasser, das in der Mittagssonne glitzerte.
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Vielleicht, vielleicht
Fanfiction> Fortsetzung von Sieben Jahre < Für die Kölner Band AnnenMayKantereit hat sich, seitdem Malte als Bassist hinzugekommen ist, das Leben um 180 Grad geändert. Der holprige Sommer 2014 liegt lange hinter ihnen. Das erste Studioalbum hatte eingeschlag...