28. März 2017

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28. März 2017; Sevi:

"Woran denkst du?" Fragte Merle leise, sie schaute zu mir hoch. Wir kuschelten auf dem Sofa in meinem Wohnzimmer. Ihre nackten Beine waren mit meinen verschlungen. "An dich. Wie wir uns kennengelernt haben.. Es kommt mir nicht so vor, als wäre das schon ein halbes Jahr her. Hab ich mich nicht gestern erst in dich verliebt?" Murmelte ich, sie kicherte. "Kann doch sein. Ich verliebe mich jeden Tag neu in dich. Immer ein bisschen mehr." Mein Herz schlug mir plötzlich wieder bis in den Hals und mein Bauch kribbelte, wie noch vor ein paar Minuten, als wir.. Als ich mit ihr geschlafen hatte. "Wie kann ein Mensch so süß sein? So wunderbar?" Ich legte meine Arme um sie und zog sie enger an meine nackte Brust. Ich wusste nicht, womit ich das Glück verdient hatte, Merle meine Freundin nennen zu können. "Seviii.." Nuschelte sie verlegen, ich schmunzelte. "Ist dir das unangenehm?" "Ja.. Hör auf." "Okay.." Ich streichelte ihr über den Rücken. Sie seufzte wohlig auf. "Aber wirklich, du bist die Süßeste.." "Lalalalaaaa!" Lachte Merle, ich stimmte in ihr Lachen ein. "Jetzt hör auf!" "Sonst was? Mhm?" Neckte ich sie, Merle grinste mich teuflisch an. "Dir ist klar, dass ich weiß, dass du kitzelig bist, oder?" Versuchte sie es, ich lachte auf. "Joa.. Aber das weiß ich über dich auch." Meine Hände attackierten ihre Seiten, sie schrie entsetzt auf und prustete los. "Sevi, nein! Hör auf, oh mein.. Gott!" Japste sie, ich hatte Erbarmen mit ihr und schlang meine Arme wieder um sie. "Mach das nie wieder!" Warnte Merle mich ganz außer Atem. Ich drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Okay. Ich liebe dich!" "Wer ist hier süß, mhm?" Flüsterte sie, schaute mir in die Augen. Ich lächelte. "Ich liebe dich auch. So sehr.." Merle drehte sich auf mich, zupfte an den Bändern meiner Jogginghose. Ich strich mit den Händen über ihre nackten Oberschenkel. Sie hatte nur ihren Slip und meinen Kapuzenpulli an, der ihr viel zu groß war. Sie verschwand darin und doch sah sie so schön aus in meinen Sachen. Ich schaute sie überrascht an und schluckte. "Was soll das werden?" Sie grinste bloß verlegen und zog energischer an den Bändern. "Ach, daher weht also der Wind." Auch auf meine Lippen schlich sich jetzt ein Grinsen. Meine Hände wanderten ihre Schenkel hinauf, während Merle ganz rote Wangen bekam. "Die junge Dame möchte gerne nochmal.." Schmunzelte ich, sie schaute mich nicht an. "Vielleicht..? Ich.." Ich ließ sie nicht aussprechen, drückte meine Lippen auf ihre, schob meine Hände unter den Pulli. Streichelte ihre weiche Haut zärtlich, überall. Merle stöhnte leise auf. "Sevi!" Ich bekam wahnsinnige Gänsehaut bei dem Klang. Merle streifte sich den Pulli über den Kopf. Ich strampelte mir die Jogginghose von den Beinen, meine Freundin zog ungeduldig an dem dünnen Stoff darunter. "Gemach, Gemach. Nicht so eilig, junge Frau.." Ärgerte ich sie, warf meine Boxershorts auf den Boden. Merle zog mich ungeduldig an den Schultern zu sich, ich ließ mich vorsichtig auf sie sinken. Sie war mir wieder so nah. Ob sie mein Herz unter ihren Händen wie verrückt schlagen spürte? Ich schaute ihr in die Augen. "Merle, ich liebe dich!" Flüsterte ich, sie lächelte, küsste meine Brust. "Ich liebe dich auch, Sevi.." Ich widmete mich ihrem Hals, ihrer Brust, ihrem ganzen Körper.
Am Abend, als wir wieder kuschelnd Fernsehen schauten, merkte ich, dass ich seit Monaten nicht an Lea gedacht hatte. Und dass ich mit Merle so glücklich war, wie noch nie zuvor. Dass ich mir vorstellen konnte, mit ihr mein Leben zu verbringen. Und dass ich nichts anderes brauchte, als sie, meine Freunde, meine Familie und die Musik. Vielleicht.. Vielleicht konnte alles so bleiben, wie es jetzt war. So war es perfekt.

Henning:

Aufgeregt und angespannt warteten wir  am Abend auf die Nachrichten. Ich saß eng an Malte geschmiegt auf unserer Couch, Kaja lag auf dem Teppich und schnarchte. Malte knetete nervös meine Hände, zerdrückte sie halb. Wir warteten auf die Entscheidung der erneuten Debatte um die gleichgeschlechtliche Ehe. So oft war das Ergebnis in den letzten Monaten ein klares Nein gewesen, hatte unsere Hoffnung immer wieder zerschmettert. "Wie lange dauert das denn noch?" Jammerte ich, lehnte meinen Kopf an Maltes Schulter. Die Minuten zogen sich hin. Dann endlich war es 18 Uhr. Die Nachrichten begannen. Ich drehte die Lautstärke des Fernsehers lauter. Maltes Hände begannen zu zittern. "Shhh.. Ganz ruhig." Flüsterte ich, doch das Beben in meiner Stimme war nicht zu überhören. Nach einigen Beiträgen wurde endlich das gezeigt, worauf wir gewartet hatten. Unsere Blicke klebten am Fernseher. "Und deshalb haben wir uns nach langer, mehrfacher Diskussion.." Wir hielten beide die Luft  an und hielten die Hand des anderen ganz fest. ".. dazu entschieden, dass die gleichgeschlechtliche Ehe in Deutschland ab dem 01. Oktober 2017 gesetzlich legal ist." Nach kurzer überraschter Stille brach im Fernsehen tosender Beifall aus, während ich Malte sprachlos anschaute. Tränen sammelten sich in unseren Augen. Wortlos nahm ich sein wunderschönes Gesicht in meine Hände und küsste ihn, mit allem was ich für ihn empfand. Malte presste sich an mich, er wurde von heftigen Schluchzern geschüttelt. Tränen liefen uns beiden die Wangen hinab, vermischten sich miteinander. Irgendwann schnappten wir nach Luft. Ich legte meine Stirn an seine. "Wir können heiraten.. Hast du gehört? Wir können endlich heiraten.." Schniefte ich, fassungslos. Malte lachte unter Tränen. "Gott, wie ich dich liebe. Wie unglaublich doll ich dich liebe." Er nahm meine Hände in seine. "Und ich liebe dich, Malte. Du bist alles für mich." Flüsterte ich zurück. Wir umarmten uns, küssten uns wieder. Es war unglaublich, wie viel man für einen Menschen empfinden konnte. "Du bist meine Welt. Du bist meine Welt, Henning." Seine Worte ließen meine Tränen erneut überlaufen. Ich heulte überwältigt, während Malte mich zärtlich streichelte und versuchte, uns beide zu beruhigen. Das Klingeln seines Laptops auf dem Couchtisch ließ uns zusammen zucken. Kaja sprang erschrocken auf. "Das ist Jana. Sie hat es bestimmt gesehen." Malte nahm den Anruf an und Janas und Chrissis strahlende Gesichter erschienen. Nach einem Freudenschrei von Jana beglückwünschten sie uns tausend mal. "Ich freue mich so unendlich für euch! Oh Gott, wie seht ihr denn aus? Ihr seid ja fix und fertig!" Verlegen wischte ich mir über die Augen. "Ja, wir.. Es wurde gerade ziemlich viel geheult. Aber vor Freude, keine Sorge. Ich glaube, wir können noch nicht ganz in Worte fassen, was gerade in uns vorgeht. Oder?" Ich sah meinen Freund an. Malte schüttelte den Kopf. "Nicht wirklich. Wir sind.." Erneutes Klingeln kündigte an, dass Sevi anrief. Wir holten ihn ins Gespräch. Sein zerzauster Lockenkopf tauchte im Bild auf, neben ihm Merle, mit ebenso verwüsteter Frisur. "Euer Ernst?" Meldete sich Chrissi als Erstes zu Wort. "Hey! Wir haben es eben gesehen. Wollten euch nur kurz beglückwünschen! Entschuldigt unseren.. Style." Grinste er in die Kamera. "Danke, Sevi! Aber, Alter, es ist offensichtlich.. Ich hoffe, ihr habt wenigstens Hosen an." "Oh Gott, Henning! Wir.. Wir haben nicht.. Das war heute mittag! Nur weil unsere Haare noch so aussehen.." Stammelte Merle beschämt, wir lachten alle. "Dann ist ja gut. Danke nochmal für die Glückwünsche. Es ist noch total surreal, irgendwie.. Wir.. Wir möchten die Neuigkeiten jetzt noch ein bisschen sacken lassen. Treffen wir uns morgen im Proberaum? Dann können wir feiern." Schlug Malte vor. Sie nickten alle begeistert. "Klar. Bis morgen dann. Gute Nacht. Tschüss." Kam es von ihnen und die Gespräche wurden beendet. Malte klappte den Laptop zu und legte sich einfach auf mich. Wie ein Sack Mehl, dachte ich und musste lachen. "Was?" Fragte Malte leise, ich fuhr mit den Fingerspitzen über seinen Rücken. Sein Körper erschauerte und Malte seufzte wohlig auf. Seine Körperwärme umhüllte mich wie eine warme Decke. "Nichts. Ich liebe dich, mein Schatz." "Mhhmm.. Ich liebe dich auch." Murmelte er leise zurück. Sein Kopf wurde auf meiner Schulter immer schwerer. Irgendwann begann er, ganz leise zu schnarchen. Ich drückte ihm einen Kuss auf die Stirn und lächelte. Malte war perfekt. Mein Leben war perfekt. Alles war perfekt. Und vielleicht.. Vielleicht würde alles so bleiben, wie jetzt gerade. Nur, dass wir irgendwann dieses Jahr noch einen Ring an den Händen tragen würden. Noch immer streichelte meine Hand seinen Rücken und ich wiegte mich mit der gleichmäßigen Bewegung selber in den Schlaf.

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Ohhh mein Gott, dieses ist definitiv eines meiner liebsten Kapitel. Henning und Malte sind einfach zu viel für mein armes Herz.
Allerdings war dieses Kapitel auch eines der letzten. Vermutlich kommt nur noch eins und der Epilog.
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