14. September 2016

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14. September 2016; Malte:

Irgendwas war anders. Irgendwas stimmte nicht. Doch ich konnte nicht genau sagen, was. Seitdem Jana sich tagelang komplett von uns ferngehalten hatte, war sie nervös und unkonzentriert. Wir konnten uns das nicht erklären. Auch Chrissi war oft mit den Gedanken ganz wo anders. Heute kamen wir in der Mittagshitze vom letzten Festival wieder und räumten verkatert all unser Zeug in den Proberaum. Wir hatten alle ordentlich gebechert und waren todmüde. Naja, außer Sevi natürlich. Er trank ja nicht. Außerdem hatte er da dieses Mädel kennengelernt.. und hing jetzt die ganze Zeit am Handy. Aber es war ein anderes Mädchen, das mir Sorgen machte. Das Mädchen, das ich mittlerweile meine beste Freundin nannte. Jana. Ich wusste, dass ihr was auf dem Herzen lag. Ich räumte den Schrank ein, während Sevi und Henning die Kisten herein schleppten und Chrissi den vorderen Teil des Transporters von unserem Müll befreite. Plötzlich hörte ich Jana nach Luft schnappen. Ich warf ihr einen Blick zu. Sie klammerte sich an die Sofalehne und war ganz bleich. "Jana?! Was ist?" Schnell lief ich zu ihr und half ihr, sich auf die Couch zu setzen. "Mir ist schwindelig. Wird gleich besser." Murmelte sie. War es wegen der Hitze? Ich traute der Situation nicht. "Chrissi! Jana geht's nicht gut!" Rief ich also, er erschien sofort in der Tür. "Schatz!" Er holte ein Glas Wasser und setzte sich zu ihr. Langsam trank sie es aus, während sich auch Sevi und Henning zu uns setzten und Jana genauso besorgt musterten, wie ich. Als das Glas schließlich leer war, hatte ihr Gesicht wieder Farbe angenommen. Chrissi lehnte sich zu ihr und flüsterte ihr irgendwas ins Ohr. "He, wir wollen auch wissen, was los ist!" Beschwerte ich mich, Jana lächelte Chrissi an und dann uns. "Ich.. Also.. Ich hab diese Kreislauf Anfälle in den letzten Tagen öfter, weil.." Sie zog etwas aus ihrer Tasche und drehte es unsicher in ihren Händen. "Du kannst uns alles sagen, Jana." Ermutigte ich sie. Schließlich legte sie das Papier auf den Tisch. "Weil ich schwanger bin." Verriet sie endlich. Wir starrten Jana mit offenem Mund an. "Du.. Du bist schwanger?" Flüsterte ich, sie nickte und sah auf ihre Hände. Wow! Damit hatte ich bestimmt nicht gerechnet. Aber sie und Chrissi sicherlich auch nicht. Jana mied unsere Blicke. Nicht mal mich schaute sie an. Hatte sie Angst, ich könnte ihr böse sein? Oder einer der anderen Jungs? "Aber.. Das ist doch total schön. Ich meine.. Hey, schau mich an." Ich nahm ihre Hände und drückte sie sanft. Jana sah auf und ich erahnte die Tränen in ihren Augen. "Das ist doch toll. Ihr habt ein neues Wesen erschaffen. Ein neues, kleines Leben. Das ist doch nicht schlimm? Im Gegenteil. Wieso weinst du denn?" Fragte ich, Jana rutschte zu mir und umarmte mich. Ich legte meine Arme um sie und rieb langsam ihren Rücken auf und ab. Chrissi warf mir einen dankbaren Blick zu. Ich konnte mir nur vorstellen, was in den letzten Tagen bei ihm zu Hause für ein Gefühlschaos geherrscht hatte. Jana war völlig neben der Spur. "Ich.. Ich hab so Angst, dass ihr mich nicht mehr hier haben wollt, mit dem Baby. Ihr habt doch so viel vor, nächstes Jahr.. Da störe ich doch bloß! Und Chrissi.. Kann nicht mehr so viel hier sein und da.." "Ssshh! Beruhige dich! Ganz ruhig.." Murmelte ich, und auch Henning und Sevi redeten leise auf sie ein, drückten ihre Hände oder legten ihr eine Hand auf die Schulter. Irgendwann saß sie verheult aber halbwegs entspannt zwischen Chrissi und mir, während mein Freund und Sevi auf dem Boden saßen und sich stritten, wer Patenonkel werden würde. Ich wusste nicht, woher sie die Unverschämt nahmen, überhaupt daran zu denken. Es war ja wohl klar, dass ich der Patenonkel werden würde. Jana wischte sich verlegen übers Gesicht. "Blöde Hormone. Ihr wisst nicht, wie viel ich in den letzten zwei Wochen geheult habe." Wir lachten auf. "Das kann ich mir sehr gut vorstellen, so durch den Wind, wie ihr beide seid. Das muss so krass für euch sein.. Fühlt man..also ich meine.. Fühlst du schon was?" Ich zeigte auf ihren Bauch. Jana schüttelte den Kopf. "Es ist so groß wie eine Himbeere. Das dauert noch, Malte." Ich sah sie enttäuscht an. "Aber ich sag dir sofort Bescheid, wenn es passiert." Sie tätschelte meinen Kopf. Sehr witzig. "Ha ha." Machte ich und schmollte. "Wann ist denn der Geburtstermin? Müsste ja dann im.. November, Dezember, Januar..." Sevi rechnete nach. ".. April sein?" Jana nickte. "Dann wisst ihr ja schonmal, wann es keine Konzerte oder sonst was für Termine gibt. Das verpasse ich nicht." Meinte Chrissi, er zog Jana an sich. Sie lächelte ihn gerührt an. "Spätestens in.. 4 Monaten kann ich eh nicht mehr mit anpacken. Und dann immer weniger machen, auch zu Hause. Da brauch ich dich dann ein bisschen mehr. Und wenn es dann da ist.. Tut mir so leid, dass ich dich von der Arbeit abhalten werde. Ich weiß doch, wie sehr du das hier liebst." Murmelte sie, Chrissi legte seine Hände auf ihren Bauch, während sie sich mit dem Rücken an ihn lehnte. "Aber dich liebe ich auch! Sehr. Und das Baby. Schatz, mach dir keine Sorgen.." Antwortete er leise, streichelte sie. Ich zog mich zurück und scheuchte auch Sevi und Henning nach draußen. Die beiden brauchten Zeit für sich. Auf dem Hof ließen wir uns auf die Bänke fallen. "Krass, oder?" Fragte Henning irgendwann in die Runde. "Mh, ja. Schon heftig." Stimmte Sevi zu und ich nickte. "Bald gibt es hier ein kleines Würmchen, was deinem Geschrei glatt Konkurrenz machen wird." Neckte ich Henning. Er sah mich empört an. "Geschrei? Ich höre wohl nicht richtig?!" Ich grinste ihn frech an. Er stand auf und beugte sich über mich. Sofort fiel mir das Grinsen aus dem Gesicht. Oh shit. Nein, nein.. Ich schrie auf und lachte los, als er begann, mich gnadenlos zu kitzeln. "Wer schreit jetzt, mh, mein lieber Schatz?" Lachte Henning, er folterte mich regelrecht. Ich trat irgendwann nach ihm, weil ich es nicht mehr aushielt. "Aua! Du.. Aua." Grummelte er, rieb sich das Knie. Ich japste nach Luft. "Das hast du jetzt davon." Ich warf ihm einen strafenden Blick zu. Henning schüttelte den Kopf und begann ein Gespräch mit Sevi. Wohl, um mich zu ärgern. Denn irgendwann fing er an zu grinsen. Er zog sich seine Cap vom Kopf, wuschelte sich durch die Locken und setzte sie falsch herum wieder auf. Sein Blick huschte immer wieder zu mir. Ich schluckte, konnte meinen Blick nicht von ihm wenden. Du bist so schön. Jetzt fuhr er also die Schiene, ja? Henning wusste genau, welche Wirkung er auf mich hatte. Als er dann noch beiläufig sein Shirt hoch zog, um sich die Schweißperlen von der Stirn zu wischen, konnte ich mich nicht mehr zusammen reißen. "Würdest du uns für einen kleinen Augenblick entschuldigen?" Fragte ich Sevi mit bebender Stimme, er grinste breit. "Ich wollte eh los. Viel Spaß euch." Er stand auf und schwang sich auf sein Rad. Kaum, dass er außer Sichtweite war, stürzte ich mich auf Henning. "Ich hasse dich manchmal wirklich, weißt du." Flüsterte ich, wir grinsten uns an. Und dann zog er mich zu sich herunter und küsste mich.

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