10. April 2017

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10. April 2017; Jana:

Nach einem ausgiebigen Frühstück saß ich mit Chrissi im Wohnzimmer, er hatte seine Gitarre auf dem Schoß und klimperte ein paar Melodien, die mir nur zu bekannt vor kamen. Es waren alles Songs von der Band. Dem Baby gefiel es, wenn Chrissi Gitarre spielte. Die Musik beruhigte ihn meistens, wenn er strampelte. Ich kuschelte mich in die Kissen und Decken, streichelte meinen Bauch. Mein Freund lächelte, als er eine mir neue Melodie begann und ich ihn fragend anschaute. Was war das für ein Lied? Gebannt hörte ich ihm zu, als er leise anfing, zu singen und mir dabei immer wieder in die Augen sah.

"Es ist so einfach, wenn ich sage nein
Oder, ich bin noch nicht so weit
Du gibst mir Zeit

Und du bist süß
Wie du aussiehst,wenn du genießt
Dass es im Winter endlich schneit
Du magst jede Jahreszeit
Und morgens muss ich lächeln
Weil mich deine Küsse wecken
Und dann merk' ich, es ist leicht
Weil dir so wenig reicht
Du gibst mir Zeit

Und dann denk' ich, dass es
vielleicht, vielleicht
Für immer so bleibt
Und dann denk' ich, dass es
vielleicht, vielleicht
Für immer so bleibt
Ja es ist leicht, leicht, leicht, leicht
Ja es ist leicht, leicht, leicht, leicht

Es ist so schön
Dir zuzusehen
Wenn du duschen gehst
Und dann vor mir stehst
Und sagst, es wird ein langer Tag
Und wenn du mich dann fragst
Was wir heut Abend machen
Und wir zwischen Küssen lachen
Dann merk' ich, es ist leicht
Weil dir so wenig reicht
Du gibst mir Zeit

Und dann denk ich, dass es
vielleicht, vielleicht
Für immer so bleibt
Und dann denk' ich, dass es
vielleicht, vielleicht
Für immer so bleibt
Ja es ist leicht, leicht, leicht, leicht
Ja es ist leicht, leicht, leicht, leicht

Weil du siehst, was ich sonst niemandem zeige
Ich kann dir erzählen, was ich mir selbst verschweige
Und ich will, dass es für immer so bleibt
Und ich glaube, das geht
Vielleicht, vielleicht
Vielleicht, vielleicht
Vielleicht, vielleicht
Vielleicht, vielleicht

Und ich will, dass es für immer so bleibt
Und ich glaube, das geht
Vielleicht, vielleicht
Vielleicht, vielleicht
Vielleicht, vielleicht
Vielleicht, vielleicht"

Stumme Tränen kullerten meine Wangen hinab, ich wischte mir immer wieder über die Augen. Ich war zutiefst berührt, denn den Song hatte er offensichtlich für mich geschrieben. Es passte alles. Erinnerte mich an die Zeit, als wir uns kennengelernt hatten, an die ersten Küsse und Zärtlichkeiten, an unseren Herbst und Winter, in denen unser Kind in meinem Bauch wuchs, an unseren Streit, an alles. Schluchzend nahm ich ihm seine Gitarre ab und krabbelte auf seinen Schoß. Chrissi umschlang mich liebevoll. "Ich.. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, außer.. Ich liebe dich über alles." Schniefte ich, vergrub mein Gesicht an seinem Hals. "Ssshh.. Du musst nichts sagen. Deine Tränen sagen mehr, als tausend Worte. Ich liebe dich." Sanft streichelte er meinen Bauch, ich legte meine Hände auf seine. Es dauerte seine Zeit, bis meine Tränen versiegt waren. Ich atmete durch. "Danke. Wirklich. Von ganzem Herzen, danke. Das Lied ist wundervoll. Ich werde nie genug davon kriegen." Flüsterte ich, Chrissi lächelte. "Es ist ja auch für eine wunderbare Frau. Ich.. Ich hatte allerdings ein wenig Hilfe von den anderen. Der beste Texter bin ich schließlich nicht.." "Unsinn! Es ist perfekt." Unterbrach ich ihn, küsste ihn zärtlich. Ein unglaublich schmerzhaftes Ziehen in meinem Bauch ließ mich aufkeuchen und hielt länger an. Ich wusste sofort, was das bedeutete. "Was? Was ist los?" Fragte Chrissi, ich legte meine Hände um meinen Bauch "Nun.. So wie jetzt wird es wohl nicht für immer bleiben.. Da möchte uns jemand endlich kennenlernen. Schatz, ich.. Das sind Wehen. Ahh!" Stöhnte ich erneut auf und versuchte dann, sie wegzuatmen. Chrissi saß kurz regungslos da. Dann sprang er auf, um die gepackte Tasche aus dem Schlafzimmer zu holen und mir zum Wagen zu helfen. Auf der Fahrt ins Krankenhaus zerquetschte ich seine Hand fast und atmete hektisch. In der Klinik brachten sie uns direkt in ein Zimmer. Zu meiner Überraschung war mein Körper schon sehr viel bereiter für die Geburt, als ich dachte. Ich saß auf einem Gymnastikball neben dem Bett und hatte meine Arme um Chrissis Hals gelegt. Er redete beruhigend auf mich ein, während ich jammerte und keuchte, die Wehen aushielt. Schon eine Stunde später war Noah fast auf unserer Welt. Ich lag auf dem Bett im Kreißsaal und drückte. Chrissi hielt meine Hand. "Du machst das wunderbar! Du bist so stark." Flüsterte er, strich über meinen Kopf, während ich vor Schmerzen schrie und nach Luft rang. "Nochmal, Jana! Du schaffst das! Gleich ist er da!" Lächelte meine Hebamme, ich drückte wieder mit aller Kraft. So ging es noch drei, vier Mal. Jedes Mal verzweifelte ich mehr. Hörte das denn nie auf? "Ich kann nicht mehr." Schluchzte ich, Chrissi beugte sich zu mir herunter und küsste mich auf die Stirn. "Er ist gleich da. Du kannst das." Murmelte er, ich krallte mich in seinen Pulli. "Bei der nächsten Wehe kommt das Köpfchen. Nur noch zwei oder dreimal, Jana." Ermutigte mich die Hebamme, ich gab nochmal alles. Und dann.. Dann war Noah da. Empörtes Babygeschrei schallte durch den Raum. "Möchte der Papa die Nabelschnur durchtrennen?" Fragte die Ärztin, die unser Baby in den Armen hielt. Chrissi nickte und schnitt die Nabelschnur mit zitternden Fingern durch. Jetzt war Noah endgültig da. Erschöpft, aber überglücklich fiel ich Chrissi in die Arme. "Er ist da, Schatz. Du hast es geschafft! Ich bin so stolz auf dich! So unglaublich stolz!" Ich hörte, dass auch er kurz davor war, zu weinen. Die Hebamme wog und maß Noah, säuberte ihn und wickelte ihn in ein frisches Handtuch. Dann setzte sie ihm eine Mütze auf und kam zu uns. Er weinte noch immer. "Einen sehr süßen Jungen habt ihr da! Herzlichen Glückwunsch!" Freute sie sich für uns. Ich nahm unser Baby in die Arme und legte ihn auf meine Brust. Noah war wunderschön. Er hörte sofort auf, zu schreien. "Er hört deinen Herzschlag." Flüsterte Chrissi, ich nickte. "Sieh nur, wie schön er ist." Noahs winzige Finger legten sich auf meine Haut, tasteten unbeholfen. Ich konnte unmöglich beschreiben, was ich in diesem Moment fühlte. Chrissi strich ihm ganz vorsichtig über die rosigen Wangen. Noah hatte ein paar blonde Haare auf dem Kopf und wie jedes Neugeborene, dunkelblaue Augen. "Er ist wundervoll.." Murmelte sein Papa. Ich lächelte ihn müde an. Die Hebamme trat vorsichtig wieder zu uns. "Wenn ihr möchtet, könnt ihr jetzt wieder auf euer Zimmer. Das ist ein bisschen gemütlicher, als dieses." Ich nickte. "Gerne." Im Zimmer angekommen zog ich mich erstmal um und machte mir einen neuen Zopf. Dann legte ich mich wieder hin. Ich war so unendlich müde. Noah lag in Chrissis Armen und schlief. "Hast du den anderen und unseren Eltern Bescheid gesagt?" Wollte ich wissen, Chrissi nickte. "Sie müssten gleich hier sein. Schlaf aber ruhig, wenn du willst." Ich schüttelte den Kopf. "Ich möchte dabei sein." Ich nahm einen großen Schluck Wasser aus dem Glas auf meinem Nachttisch. Chrissi setzte sich neben mir auf die Bettkante. Still bestaunten wir unser Baby, bis es an der Tür leise klopfte. "Herein?!" Rief ich, die Tür ging auf. Es waren natürlich Malte und Henning. "Wo ist.." Stieß Malte sofort hervor und verstummte, als sein Blick auf Noah fiel. "Awwww." Machte er dann und trat vorsichtig näher. Henning schaute ihm neugierig über die Schulter. "Ist der süß! Das habt ihr gut gemacht!" Flüsterten sie beide, ich lachte schwach auf. "Danke." Grinste Chrissi. Malte kam zu mir und umarmte mich vorsichtig. "Ich bin so stolz auf dich! Du bist unglaublich!" "Danke, Malte." Ich ließ ihn los und kuschelte mich wieder ins Kissen. Henning drückte bloß lächelnd meine Hand. "Schlaf doch eine Weile." "Gleich, ich will noch warten, bis.." Wieder klopfte es an der Tür. "Der Besuch da war." Beendete ich meinen Satz. Henning nickte verständnisvoll. Diesmal waren es Chrissis Eltern. Wie Henning und Malte waren sie hin und weg von ihrem Enkelkind. Seine Mutter hörte gar nicht mehr auf, an der kleinen Mütze herum zu zupfen. Ich hingegen konnte kaum noch die Augen offen halten. Ein wenig später waren auch Sevi und Merle da. "Jana! Oh Gott, ist der niedlich!" Quiekte die dunkelhaarige Freundin von Sevi. Der Wuschelkopf sah Noah ebenfalls fasziniert an. "Das ist er. Herzlichen Glückwunsch, ihr zwei!" "Dankeschön! Ja, er ist das schönste kleine Wesen, das ich je gesehen habe." Ich streckte meine Finger nach seinen kleinen Händen aus, strich darüber. Noah schmatzte leise im Schlaf. "Awwww." Kam es von sämtlichen Besuchern. Malte und Chrissis Mama durften ihn als Erste in den Armen halten. Und dann scheuchte mein Freund alle wieder hinaus. Endlich konnte ich schlafen. Chrissi setzte sich in den Sessel in der Ecke und wiegte Noah in den Armen, während ich ins Traumland sank.
Am späten Nachmittag kam meine Mutter auch endlich zu Besuch. Ich war gerade damit fertig, Noah zum zweiten Mal zu stillen, als sie leise herein kam. "Wo sind denn meine Lieben..? Ohhh!" Machte sie entzückt, ich lächelte. Es ging mir schon besser als direkt nach der Geburt, aber fix und fertig war ich trotzdem. Das würde wohl auch noch ein paar Tage so bleiben. "Mein Gott, Kinder, was ist das niedlich!" Schwärmte sie, Noah lag im Strampler auf meiner Brust und ertastete wieder meine Haut. Seine großen blauen Augen schauten sich um. "Hey, Mama." "Mein Kind, ich bin so stolz auf dich! Auch, wenn du mich viel zu früh zur Oma gemacht hast. Was habt ihr da bloß Niedliches fabriziert." Vorsichtig streichelte sie Noahs Wange.  Chrissi konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. "Danke, Mona." Er umarmte meine Mama. Sie drückten sich lange und flüsterten. Ich schmollte, weil ich nichts verstand. "Dann rede ich halt mir dir.. Naja, reden kannst du ja noch nicht, mein Schatz.. Du bist so schön.. So wunderschön.." Murmelte ich, Noahs kleine Finger umschlossen meinen Ringfinger. Zufrieden nuckelte er an seinem Schnuller. Er war so perfekt. Wie konnte er vor einigen Stunden noch in meinem Bauch gewesen sein und jetzt in meinen Armen liegen? Meine Mutter riss mich aus meinem Anschmachten. "Wirklich? Oh! Ja natürlich! Ohh, da sprechen wir dann nochmal drüber!" Aufgeregt drückte sie Chrissi an sich. Er lachte und strich ihr über den Rücken. "Danke! Ich wollte dich nur vorher gefragt haben.. Macht man doch vorher so, oder? Die Eltern fragen?" Er sah erleichtert aus. Verwundert schaute ich zwischen den beiden hin und her. Was fragte man die Eltern? Dann kapierte ich. Mein Mund klappte auf und ganz schnell wieder zu. Ich ließ mir nicht anmerken, dass ich sie gehört hatte. Doch innerlich flippte mein Herz komplett aus und schrie schon jetzt "Ja, ich will!" in Chrissis Richtung. Ich sah wieder meinen Sohn an. Er machte unser Glück komplett. Vielleicht.. Ja, vielleicht war unser Leben gerade ziemlich perfekt.

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My heart could burst! 💓💓
Ich habe so lange darauf gewartet, dieses Kapitel zu schreiben. Jetzt kommt nur noch der Epilog. Irgendwie macht mich das aber auch traurig. Ich hätte nicht gedacht, dass diese Geschichte mal so lang werden würde, nachdem die Erste ja irgendwie nur 14 Kapitel oder so hat 😅
Es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht, sie zu schreiben und dann eure Kommentare und Reaktionen zu lesen, danke dafür!!
Ich weiß gar nicht, was ich mit meiner Zeit anfangen soll, wenn die Story endgültig zuende ist.
Nochmal DANKE, dass ihr euch meinen Quatsch bis hier hin durchgelesen habt. Ihr seid toll. 💓

Vielleicht, vielleicht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt