18. März 2017

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18. März 2017; Chrissi:

Nach den schönen Konzerten in Hannover, Bremen, Hamburg und Kiel waren wir wieder zu Hause. Es waren mittlerweile keine vier Wochen mehr bis zur Geburt und wir wollten endlich das Kinderzimmer fertig machen. Dafür hatten wir das Musikzimmer gegenüber des Schlafzimmers ins Dachgeschoss verlegt. Es gab uns ein besseres Gefühl. das Kinderzimmer so nah am Schlafzimmer zu haben. Henning und Malte lösten heute ihre Wettschulden ein und strichen die Wände in heller Farbe. Zumindest war das ihre Aufgabe. Aber bei dem Lärm, den ich aus dem Zimmer vernahm, hoffte ich, dass sie wirklich die Wände strichen und nicht das Parkett. "Was machen die beiden Süßen denn da schon wieder?" Fragte auch Janas Mutter, Mona, die zum helfen gekommen war. Sie hatte uns alle schon lange ins Herz geschlossen und wir sie auch. Sie hatte eine wahnsinnig herzliche und lustige Art. Gerade bauten wir die Kommode für das Kinderzimmer zusammen. "Ach, die kriegen das schon hin, keine Sorge." Winkte Jana ab. Ihr Vertrauen in Malte in allen Ehren, aber das Gekicher und Geschrei machten mich nervös. "Ich geh mal lieber gucken." Ich stand auf, doch Jana hielt mich zurück. "Schatz, nicht. Die machen das schon. Lass sie doch Spaß haben. Sie werden den Raum schon heile lassen." Ich seufzte und gab nach. "Na gut.. Ich glaube, die Kommode ist jetzt fertig, schiebt mal die Schubladen rein." Jana und ihre Mutter machten sich ans Werk und schwupps, war die Kommode fertig. Wir trugen sie vor die Tür des Kinderzimmers, in dem es plötzlich ganz still war. Ich warf einen Blick hinein. Maltes eigentlich grüne Hose war fast komplett beige, als wenn Henning sie mehrfach mit der Farbrolle bearbeitet hätte. Und Henning hatte einige fette Kleckse auf seinem Pulli. Im Gesicht hatten sie beide Farbspritzer. Malte war gerade dabei, Henning mit dem Finger ein Herz auf den Pulli zu malen, während Henning fasziniert Maltes konzentriertes Gesicht beobachtete und ihm zärtlich eine Haarsträhne hinters Ohr strich. Als ich Jana und Mona zu mir winkte, schauten sie mir über die Schulter und lächelten. Mona schob uns beide wieder zu den unaufgebauten Möbeln. "Eine Schande, dass die Homo-Ehe immernoch verboten ist. Das sieht doch ein Blinder mit Krückstock, dass die beiden für immer zusammen gehören. Leiden sie denn darunter, dass sie das noch nicht können?" Fragte sie leise, ich wusste nicht recht, was ich antworten sollte. "Naja.. Ich würde jetzt nicht direkt leiden sagen.. Aber wünschen tun sie es sich schon sehr. Malte war letztens wieder ziemlich geknickt deswegen." Gab Jana leise zurück. Ich nickte zustimmend. "Einfach nur traurig. In was für einer Zeit leben wir eigentlich? Im Mittelalter?" Regte sich Mona auf. "Wer lebt im Mittelalter?" Fragte da Henning und stand in der Tür. "Ach, ich reg mich bloß über etwas auf, denk dir nichts dabei, Schätzchen." Winkte Mona ab. Henning fuhr sich durch die Locken und lächelte. "Achso. Ich wollte euch eigentlich nur sagen, dass wir drüben fertig sind. Alle Wände sind gestrichen." Verkündete er und wir folgten ihm ins Kinderzimmer. Ich schaute mich um. Tatsächlich hatten sie einen guten Job gemacht. Ich nickte anerkennend. Malte und Henning sahen uns erwartungsvoll an. Jana umarmte beide dankbar. "Das habt ihr toll hingekriegt, danke! Dann können wir ja jetzt alles aufräumen und die ersten Möbel herein tragen." Freute sie sich und drückte beiden einen Kuss auf die Wange. Sie grinsten breit, stolz wie Oskar. Ich beschwerte mich. "He! Und ich krieg keinen Kuss? Ich hab die Möbel aufgebaut!" Jana drehte sich lachend zu mir um, warf ihre Arme um meinen Hals und drückte ihre Lippen auf meine. Ich legte meine Hände auf ihren Bauch. "Du kriegst natürlich den dicksten Kuss von allen! Ich liebe dich!" Kicherte sie gegen meine Lippen, ich küsste sie nochmal. Jana zuckte auf einmal zusammen und stöhnte gequält auf. "Was ist los? Schatz?!" Fragte ich besorgt, hielt sie fest. "Oh Gott, das Kind kommt!" Stieß Malte direkt aus, Jana lachte unter Schmerzen auf. "Quatsch! Das sind nur Senkwehen.. Keine Sorge! Auaa!" Keuchte sie, ich stützte sie ins Schlafzimmer. "Leg dich hin, Schatz. Wir machen den Rest schon. Ruh dich aus, mh?" Sie nickte und legte sich hin, ich streichelte ihr sanft über den Kopf. "Danke!" Flüsterte Jana. Ich ging wieder zu den anderen, die die ersten Möbel ins Zimmer schleppten. Mona kam gerade mit Tüten und Kartons die Treppe wieder hoch. Während ich den Jungs zeigte, wo alles stehen sollte, fing sie schon an, einzuräumen und zu dekorieren. Drei Stunden später war das Zimmer fertig. Malte und Henning waren nach Hause gefahren und Mona hatte sich zu Jana ans Bett gesetzt, um sie langsam zu wecken und sie her zu holen. Ich konnte ihr Gesicht, wenn sie das Zimmer sah, kaum erwarten. Verschlafen kam sie mit ihrer Mama herein und schaute sich um. Ihre Augen begannen zu leuchten und ich meinte, Tränen glitzern zu sehen. Ich schmiegte mich an ihren Rücken und legte meine Arme um Jana. "Und? Was meinst du?" Murmelte ich ihr leise ins Haar, sie schniefte. "Es ist perfekt! Absolut perfekt. Genauso hab ich es mir vorgestellt. Danke, Schatz!" Sie küsste mich sanft. Drehte sich zu mir herum und legte ihre Arme wieder um meinen Hals. Ich vertiefte den Kuss, zog sie an mich. "Ich, ähh... Warte im Wohnzimmer." Hörte ich Mona grinsen, die Tür ging zu. Meine Hände strichen Janas Haare nach hinten, ich küsste ihren Hals zärtlich. Sie seufzte wohlig auf. "Gott, bin ich froh, wenn der Kleine endlich da ist.." Ihre Hände streichelten meine Brust auf meinem Pulli. Ohja, ich auch. "Ich liebe dich! Ich liebe dich so sehr, Jana!" "Ich liebe dich auch! Das Zimmer ist wirklich schön geworden! Jetzt sind wir bereit, oder? Jetzt kann unser Baby kommen." Fand sie, ich nickte, unsicher. "Ich bin bereit. Aber ich muss ihn ja auch nicht auf die Welt bringen.. Hast du.. Hast du Angst vor der Geburt?" Meine Finger strichen über ihren Bauch. "Schon, ja.. Das werden unmenschliche Schmerzen. Aber das alles wird es so unfassbar wert sein. Dann ist es da.. Unser Baby." Die Tränen schimmerten wieder in ihren Augen. Ich kämpfte auch gegen die Tränen an. Endlich stand die Geburt kurz bevor. "Endlich. Ich kann nicht mehr warten. Hast du dich jetzt eigentlich für einen Namen entschieden?" Sie wischte sich über die Augen und nickte. "Ja. Er soll Noah heißen. Was meinst du?" "Find ich sehr schön! War auch mein Favorit. Dann heißt er Noah." "Annen. Noah Annen." Verbesserte sie mich, ich bekam Gänsehaut und nickte. Ich wurde wirklich Vater. Gab meinen Namen weiter. Das machte es nochmal realer für mich. Unglaublich. Ich wusste auch schon, wem ich als nächstes meinen Nachnamen weitergeben wollte. Der wunderbaren, hochschwangeren Frau in meinen Armen.

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