15. Juli 2016

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15. Juli 2016; Henning:

Von wegen, bis Ende des Monats. Die blöden Brüche in meinem Arm waren natürlich noch nicht ausreichend verheilt gewesen. Doch jetzt war es endlich soweit. Ich saß im Behandlungszimmer und wartete auf den Arzt, der mir den dummen Gips nach über sechs Wochen endlich abmachen würde. Ich ertrug das Gejucke und diese Ungeschicktheit mit dem Ding nicht mehr.  Malte hatte mich mehrfach davon abgehalten, das Ding zu Hause einfach selber kaputt zu machen. Und auch meine Ausraster, wenn es oft nicht so lief, wie ich gerne wollte, hatte er knallhart mit Kuss-Entzug bestraft. Ich wusste nicht, wie er das jedes Mal gepackt hatte. Ich hielt es kaum eine Stunde aus, ohne ihn zu küssen oder wenigstens zu berühren. Er hatte es mal mehrere Stunden, mal einen oder zwei Tage durchgezogen. "Es bringt mich um, dich nicht zu küssen. Ich mach den Gips jetzt kaputt, dann hast du nichts mehr gegen mich in der Hand!" Hatte ich beschlossen und nach einem der neuen scharfen Küchenmesser gegriffen. "Ich warne dich, Henning! Wenn du ihn kaputt machst und dir den Arm gleich wieder mit dazu, küss ich dich nie wieder!" Hatte er panisch angedroht und mir das Messer aus der Hand gerissen. Ich hatte frustriert schnaufend nachgegeben. Malte würde Augen machen, wenn ich später ohne Gips zur Probe kam. Das würden sie alle tun, denn ich hatte ihnen nicht gesagt, dass heute der Termin war. Ich freute mich unglaublich, endlich wieder über die Tasten des Klaviers zu streichen. Die Saiten meiner Ukulele unter meinen Fingerspitzen zu spüren. Und den Genuss, dass ich es war, der die Töne darauf erzeugte. Die Tür des Behandlungszimmers öffnete sich und der Arzt kam herein. "Guten Morgen, Herr May! Na, endlich kommt das Ding runter, was?" Begrüßte er mich und suchte die Utensilien zusammen, die er dafür brauchte. "Ja! Ich weiß schon gar nicht mehr, wie mein Arm aussieht." Scherzte ich, er lachte. "Na, dann wollen wir mal." Er zog seinen Stuhl zu mir heran und fing an, den Gips zu entfernen. Eine halbe Stunde später verließ ich die Klinik wieder und fühlte mich unglaublich befreit. Glücklich machte ich mich auf den Weg zum Proberaum, wo die anderen schon versammelt waren. Ich öffnete die Tür und drei Augenpaare schauten mich an. Den Arm hinter meinem Rücken versteckt grinste ich sie an. "Hey. Wieso grinst du, wie ein Honigkuchenpferd und wieso versteckst du.. Oh. OH!" Malte sprang auf und kam zu mir gelaufen. "Ist er..?" Fragte er, ich nickte und strahlte ihn an. "Ja, er ist ab! Guck!" Ich hielt aufgeregt meinen Arm hoch und Malte fiel mir um den Hals. Die anderen jubelten voller Erleichterung und Freude. Ich lachte und umarmte meinen Freund, endlich wieder mit beiden Armen. Ich konnte ihn viel enger an mich ziehen, viel mehr von ihm spüren. Mein Bauch begann zu kribbeln. "Es ist so schön, dich wieder in den Armen halten zu können." Murmelte ich in sein Ohr. Malte seufzte wohlig. "Endlich!" Er nahm mein Gesicht in seine Hände und ich schaute ihm in die Augen. "Ich bin so froh, dass es dir endlich besser geht! Deine Launen waren kaum auszuhalten. Und.. Dich auf Entzug zu setzen, wenn du mal wieder übertrieben hast.." Fing er an und grinste frech. "..ich weiß nicht, wie ich das geschafft habe." Gab er zu, seine Wangen wurden rot. Ich wusste doch, dass es ihm genauso schwer gefallen war. "Dann tu es nicht mehr." Hauchte ich, er schluckte. "Nie wieder." Damit zog er mein Gesicht zu sich und presste mir die Lippen auf den Mund. Ich packte seine Hüften und drückte ihn gegen die Wand. Küsste ihn fordernd, er vergrub stöhnend seine Hände in meinen Haaren. "Leute! Hey! Kommt schon, reißt euch zusammen!" Chrissi warf mit einem Kissen nach uns. Ich seufzte und legte meinen Kopf auf Maltes Schulter. "Nach Hause?" Flüsterte ich, er kicherte und nickte. Ich griff mit meiner endlich wieder freien Hand nach seiner. "Komm." Grinste ich, zog ihn zur Tür. "Hey! Wo wollt ihr hin? Wir müssen proben! Bleibt hier!" Kommandierte Sevi, wir kicherten und liefen nach draußen. "Malte Huck! Du zerrst deinen Freund sofort wieder hier rein, sonst..!" Hörten wir Sevi in der Tür stehend fluchen und liefen lachend vom Hof. Das Einzige, was ich noch mehr wollte, als endlich wieder Musik zu machen, war Malte. Alles in mir verlangte gerade nach seiner Zärtlichkeit, seiner Liebe, seinem Körper, der mir so quälend lange Wochen verwehrt worden war. Ich war mir sicher, dass ich meine Finger den ganzen Tag und die ganze Nacht nicht von ihm lassen würde. Und ich konnte es nicht erwarten, seine zärtlichen Berührungen auf meinem Körper zu spüren.

Chrissi:

Als ich nach einer ewig langen Probe am späten Abend zu Hause auf dem Sofa lag und las, schweiften meine Gedanken immer wieder von dem Buch in meinen Händen ab. So viel hatte sich verändert. Das Dachgeschoss stand seit Wochen leer. Während Henning und Malte in ihre neue Wohnung gezogen waren, war mein Mitbewohner Jonas nämlich ausgezogen. Es war seitdem merkwürdig still im Haus. Ich fand es traurig, dass es so gekommen war. Jonas war echt ein toller Kumpel gewesen. Auch, wenn er mich manchmal zur Weißglut getrieben hatte. Wir hatten noch ein paar Male darüber geredet, was plötzlich zwischen uns und ihm stand. Er konnte zuerst nicht darüber sprechen, aber dann hatte er sich doch eingestanden, dass er wohl vom anderen Ufer war, wie Malte. Oder von beiden Ufern, so wie Henning. Er hatte sie Hals über Kopf in Malte verknallt, ob er wollte oder nicht. Gefühle konnte man nun mal nicht abstellen. Aber er hatte auch eingesehen, dass er sich nicht zwischen die beiden drängen konnte. Nichts und niemand konnte das. Es hatte mir leid getan, ihn so geknickt zu sehen, an dem Abend. Und ich hatte verdammt großen Respekt vor ihm, weil er beschlossen hatte, das alles hinter sich zu lassen. Weg zu ziehen, in eine andere Gegend, damit Malte glücklich sein konnte. Und das war er. Mit Henning. Die beiden hatten es so gut. Ich beneidete sie um ihre perfekte Beziehung. Seitdem Jana und ich miteinander schliefen, passte endgültig nichts mehr zwischen uns, wenn wir zusammen waren. Ich liebte sie über alles. Sie machte mich einfach so unfassbar glücklich. Doch wenn sie in Frankfurt war und ich hier in Köln, drängten sich etliche Kilometer zwischen uns und das machte mich fertig. Morgen würde ich endlich wieder zu ihr fahren. Ich fragte mich, wie es wohl wäre, ganz mit ihr zusammen zu wohnen. Ob sie hier einziehen würde? Ich wusste, dass es dafür viel zu früh war. Wir waren ja gerade mal ein paar Wochen zusammen. Aber ich stellte es mir trotzdem schön vor. Weil ich sie so gerne jeden Moment bei mir haben wollte. Aber vielleicht.. Vielleicht wollte sie das gar nicht. Vielleicht wollte sie in Frankfurt bleiben? Bei ihrer Familie und Freunden. In ihrer Heimat. Ich spürte ein Stechen in meiner Brust. Der Gedanke, Jana deswegen zu verlieren, tat verdammt weh. Mein Handy klingelte, ich zuckte zusammen. Mist! Ich hatte Jana doch anrufen wollen. "Hey." Begrüßte ich meine Freundin. "Hey, du. Stör ich?" Ich hatte ihre Stimme vermisst. Ein kleines Lächeln stahl sich auf meine Lippen. "Nein, ich hab nur.. nachgedacht." "Worüber?" Fragte sie neugierig. Ich suchte nach einer Ausrede. Ich wollte ihr nicht von meinen egoistischen Gedanken erzählen. "Ach.. nichts wichtiges." Versuchte ich, mich rauszureden. "Wenn du dabei vergisst, dich zu melden, muss es wichtig sein." Sie klang nun skeptisch. Aber sie hatte ja recht. Ich seufzte. "Ich.. ich hab daran gedacht, wie.. wie schön es wäre, wenn du.. wenn du hier wohnen würdest." Gab ich zu, Jana sagte nichts. "Ich meine.. ganz hier wohnen würdest.. nicht nur alle paar Wochen.. weil.." Ich verstummte. Ich kam mir schrecklich dumm und verzweifelt vor, weil wir halt erst so kurz zusammen waren. Jana brach das Schweigen zuerst. "Chrissi.." Flüsterte sie, ich biss mir auf die Lippe. Sie hielt mich sicher für durchgeknallt. "Das geht nicht.. noch nicht."  Wieder dieser Stich in meiner Brust. "Ich weiß.. aber .. ach, vergiss es. Ich spinne rum. Ich.. ich gehe jetzt schlafen.." Ich wollte schnell auflegen, weil mir das Ganze so unangenehm war. Doch Jana stoppte mich. "Schatz, warte.. ich hab gesagt, noch nicht. Auf jeden Fall möchte ich das irgendwann. Aber momentan kann ich das nicht, wegen der Uni. Das verstehst du doch, oder?" Ich wollte nicht zugeben, dass sie wieder recht hatte. "Schatz?" Fragte sie leise, als ich nicht antwortete. Ich seufzte. "Ja.. das verstehe ich.. Gute Nacht, Jana." Traurig legte ich auf. Ich wollte ihr doch bloß nah sein können, wann ich wollte. Und nicht, wann es die Zeit zu ließ.

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