E I G H T T E E N

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𝔸𝕝𝕨𝕒𝕪𝕤 𝕨𝕒𝕝𝕜 𝕝𝕚𝕜𝕖 𝕪𝕠𝕦 𝕕𝕖𝕤𝕖𝕣𝕧𝕖 𝕥𝕠 𝕓𝕖 𝕣𝕚𝕘𝕙𝕥 𝕨𝕙𝕖𝕣𝕖 𝕪𝕠𝕦 𝕒𝕣𝕖.

Die U-Bahn ratterte durch den Tunnel, als sie bei der Tottenham Court Road Station einfuhr. Es roch nach Schmieröl, Bremsen kreischten und Kinder weinten, während andere Leute sich unterhielten oder trockene Backwaren verzehrten. Die Massen von Menschen, die sich morgens durch den Londoner Untergrund drückten, schoben mich in den Zug der Central Line. Ich blieb in Nähe der Tür und hörte Musik. Während die Melodie durch meinen Kopf tanzte, beobachtete ich die Menschen um mich herum. Alle wirkten gestresst und müde. Die einen waren auf dem Weg zur Arbeit, die anderen kamen gerade zurück und wollten nur noch in ihr Bett fallen.

Ein kleiner Junge quengelte neben einer völlig entnervt Mutter und ein Pärchen stritt sich zwei Sitze weiter von mir. Ich musste nur eine Station zu Oxford Circus fahren, bevor ich erneut umstieg und mir meinen Weg durch den Untergrund bahnte. Mehrere Treppen hinunter, dann wieder links, rechts und wieder eine Treppe hoch. Ich erwischte gerade noch meinen Anschluss der Victoria Line, der mich zur Vauxhall Station bringen würde.

Diese Bahn war nicht weniger vollgestopft, da alle Businessleute zur Southbank wollten. Mich eingeschlossen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht nervös angesichts meines Termins bei Dr. Brown wäre. Ich wippte allein bei dem Gedanken nervös mit dem Fuß. James hatte mir heute früh angeboten, mich zum River House zu fahren, aber ich hatte abgelehnt.

Heute Morgen war ich distanziert gewesen. Gestern hatte es mich überrumpelt, aber im Grunde wusste ich nicht mal, was wir im Moment waren? Und ich meine, ich wusste auch nicht, ob ich ihn liebte. Als ich heute morgen wach geworden war, war das Bett leer gewesen und Bond stand nur in Boxershorts bekleidet gegen meine Küchenanrichte gelehnt und trank seinen Kaffee. Wir redeten nicht viel, aber er schob mir eine Tasse Kaffee rüber. Bei dem Anblick seiner Aufstehfrisur musste ich lächeln. Er sah verdammt gut aus. Trotzdem waren wir etwas unterkühlt. Nach einer Nacht Schlaf betrachteten wir beide das Ganze ziemlich nüchtern. Ich hatte mich dann schnell fertig gemacht und nachdem ich James mehrmals verdeutlich hatte, dass er mich nicht fahren musste, war ich in Richtung Tottenham Court Road aufgebrochen, die nur wenige Gehminuten entfernt lag. ich wollte erst eine klare Sicht auf die Dinge bekommen.

Jetzt stand ich hier im Zug und bereute meine Entscheidung James Angebot abgelehnt zu haben. Ich hatte nicht mal eine Ahnung, wo er gerade war oder was er machte. Wahrscheinlich hielt er sich immer noch in meiner Wohnung auf, nachdem ich ihn dort zurückgelassen hatte.

*oOo*

Nervös rutschte ich auf dem braunen Ledersessel rum und wartete auf Dr. Brown, um die Therapiestunde zu beginnen. Diese schien es aber nicht sonderlich eilig zu haben, sondern schrieb etwas auf ihr Klemmbrett, schenkte uns etwas zu trinken ein und schob ihre Brille zurück auf die Nase, bevor sie mich eingehend musterte. Ich gab mir alle Mühe mich nicht unter ihrem akribischem Blick zu winden, doch Dr. Brown hatte eine Ausstrahlung,die alle 00-Agenten nervös zu machen. Sie beurteilte unsere Einsatztauglichkeit und jedem Agenten war diese mehr als lieb. Ohne sie war er ein nichts, denn nur mit ihr konnten wir unserer Berufung nachgehen! Keiner von uns schaffte es ein normales Leben zu führen, aber Dr. Brown konnte uns je nach Laune und Belieben in den vorzeitigen Ruhestand verfrachten. Etwas, das jeder von uns im Stillen fürchtete.

Das Problem bei einer Therapiestunde mit einem Doppelnullagenten lag darin, dass Agenten von klein auf gedrillt wurden, niemals und unter gar keinen Umständen etwas über ihr Privatleben zu erzählen. Man hörte der Zielperson oder möglichen Informanten immer zu und verwendete empfindliche Informationen im Falle des Falles gegen das Opfer. Das war der Grund, warum die Menschen Agenten vertrauten. Sie waren gute Zuhörer und jeder war zu sehr in seinem eigenen Leid versunken als zu merken, dass sie nichts über die Personen, die gegenüber von ihnen saß, wussten. Diese Eigenschaft ist die tödlichste Waffe eines Agenten.

Dr. Brown hatte ihre Musterung abgeschlossen und räusperte sich, um mich aus meinen Gedanken zu reißen.

»Nun, Agent 004, wie geht es Ihnen heute? Ich freue mich, dass Sie zu unserem Termin erschienen sind.« begrüßte sie mich. Obwohl sie mir eine ganz banale Frage gestellt hatte, begann ich sofort mich unwohl zu fühlen. Schnell verbarg ich meine Nervosität unter einer Maske, auch wenn ich glaubte, Dr. Brown damit nicht im geringsten täuschen zu können. Sie war  sehr erfahren im Umgang mit verschlossenen Agenten.
»Gut, vielen Dank.«
»Wie waren Ihre letzten Tage, seid Sie wieder zurück in London sind?« Die Antwort, das es Himmel und Hölle zugleich gewesen war, würde sie wohl nicht von mir zu hören bekommen.
»Ich habe versucht wieder in meinen Trainingsalltag zu kommen.« erwiderte ich kurz angebunden. Die Psychologin ließ sich nicht beirren.
»Wie kommen Sie im Moment mit Ihrem Mentor Agent 007 klar? Sie sind die Beste Ihrer Abschlussklasse, jedoch kann 007 so manches Mal anstrengend sein.«

»Ich komme gut mit 007 zurecht. Er ist ein guter Mentor und ich kann viel von ihm lernen. Ich denke, dass wir ein gutes Team sind. Wir ergänzen uns gut, was unser Denken und unsere Kampftechniken angeht.« Ich wählte meine Worte sorgfältig aus, merkte aber, dass sie im Grunde stimmten. 
»Das freut mich zu hören. Wie stehen Sie ihm gegenüber nach der Sache mit der Mission?«

Aha, jetzt kamen wir also zum Thema. Automatisch versteifte ich mich.
»Er konnte nichts dafür. Er ist nicht darüber in Kenntnis gesetzt worden, weshalb er nichts für mich tun konnte.« entgegnete ich knapp.
»Verspüren Sie kein bisschen Wut? Er hat Sie in dieser Situation doch einfach allein gelassen. Er hatte seine Aufgabe als Mentor nicht erfüllt und hatte Sie alleine mit dem Feind stehen lassen. Mir wurde von einem Schusswechsel berichtet.« bohrte die Therapeutin genauer nach.
»Wie bereits gesagt, es ist nicht seine Schuld. Ich muss irgendwann so oder so alleine in den Dienst. Besser früh als spät. Es war eine gute Übung.«
»Eine gute Übung? Sie haben das erste Mal einen Menschen getötet, 004. Die meisten Agenten müssen sich davon erstmal erholen.«
»Das habe ich schon.«
»Nun, Agent 004. Manche Agenten brauchen dafür Wochen, andere Jahre und manche schaffen es nie. Und Sie haben das innerhalb von ein paar Tagen überwunden?« fragte sie und beäugte mich kritisch. Ich knirschte verärgert mit den Zähnen.
»Agent 007 war mir eine Hilfe dabei.«
»Eine Hilfe inwiefern? Man hört ja so einiges über unseren berühmt-berüchtigten Doppelnullagent 7.« Das sie an das eine dachte, machte mich ziemlich sauer.
»Er hat mir eben geholfen alles zu verarbeiten, Doctor.« Dr Brown schien zu merken, hier nicht weiterzukommen, also wechselte sie das Thema.
»Ich habe Ihre Akte gelesen. Sie kamen im Alter von 8 Jahren als Vollwaise zur Academy.«
Plötzlich war meine Kehle staubtrocken. Nein. Nein! Nicht dieses Thema. Ich machte sofort dicht.
»Ich denke nicht, dass das für meine gescheiterte Mission von Belang ist.« Die Therapeutin sah mich unnachgiebig über ihre Brille hinweg an, dann machte sie sich Notizen. Ich schluckte nervös und die Anspannung vibrierte durch meinen ganzen Körper. Ich warf einen Blick auf die Uhr über der Tür.
»Es tut mir leid, Doctor. Aber ich muss jetzt los, mein Mentor erwartet mich und ich habe heute noch eine Besprechung von Q angesetzt bekommen. Wenn Sie mich nun bitte entschuldigen würden...« Ich sprang regelrecht auf und verließ das Zimmer ohne nochmal einen Blick zurück zu riskieren.

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