F O R T Y T W O

764 43 2
                                    

❝ 𝕎𝕒𝕤 𝕚𝕥 𝕪𝕠𝕦 𝕝𝕖𝕗𝕥 𝕪𝕠𝕦𝕣 𝕤𝕖𝕔𝕣𝕖𝕥𝕤 𝕚𝕟𝕤𝕚𝕕𝕖?
𝔸𝕝𝕝 𝕥𝕙𝕖 𝕝𝕚𝕖𝕤 𝕪𝕠𝕦 𝕔𝕒𝕟'𝕥 𝕙𝕚𝕕𝕖.
𝕀𝕥'𝕤 𝕒 𝕕𝕒𝕟𝕘𝕖𝕣𝕠𝕦𝕤 𝕘𝕒𝕞𝕖.
𝕊𝕥𝕒𝕣𝕥𝕤 𝕗𝕖𝕖𝕝𝕚𝕟𝕘 𝕙𝕚𝕘𝕙, 𝕡𝕝𝕒𝕪 𝕨𝕚𝕥𝕙 𝕗𝕚𝕣𝕖.
𝕀𝕥'𝕤 𝕒 𝕕𝕒𝕟𝕘𝕖𝕣𝕠𝕦𝕤 𝕘𝕒𝕞𝕖 ❞

In mir zog sich alles zusammen. Wovon zur Hölle sprach dieser Mann? Was wusste er über James, was ich nicht wusste? Und wer ist Vesper Lynd gewesen? Ich hatte unzählige Fragen, die gleichzeitig durch meinen Kopf rasten. Doch LeChiffres Stimme unterbrach das Gedankenkarusell in meinem Kopf schlagartig.

»Ich werde ihr Dinge antun, die du dir nicht einmal zutraust auszumalen, Bond.« James starrte LeChiffre ungerührt entgegen. Sein Gesichtsausdruck verrutschte nicht für eine Sekunde. Ich versuchte nicht zu genau über seine nichtvorhandene Reaktion im Bezug auf mich nachzudenken, sondern schob es einfach auf seine Professionalität, da dieser Gedanke weniger weh tat.
Und doch waren diese leisen nagenden Zweifel größer als ich gerne hätte.
Was hatte James alles vor mir verheimlicht?
Was wusste ich eigentlich über diesen Menschen, neben dem ich jeden Tag aufwachte?
Wer war er?!

»Die Sache ist die -« fuhr LeChiffre fort. »Sie können sie ganz einfach retten, James. Alles was sie dafür tun müssen, ist mir den Universalcode zu geben und einige Namen des MI6 zu nennen. Dafür lasse ich die Kleine frei und Sie gehen. Nur ein paar Namen und Sie beide kommen lebend aus der Sache wieder raus. Was halten Sie davon?« Abermals griff er nach James Kinn, sodass dieser ihn ansehen musste, obwohl er eisern versuchte den Kopf wegzudrehen.
James funkelte ihn weiterhin an, dann lachte er laut auf. Es war ein kaltes Lachen, dass mir einen Schauer über den Rücken laufen ließ.

»Und sonst? Sie wissen genauso gut wie ich, dass ich nicht kooperieren werde. Weder meine noch Lockwoods Sicherheit ist gewährleistet. Ich habe das Six nicht einmal für Vesper verraten und werde es auch nicht für Lockwood tun.« begann Bond. Mein Hals schnürte sich zu und mein Herz brach ein wenig. Es war nur seine Ausbildung, er wird uns beide hier raushauen, es ist nur ein Trick. Nur ein Trick! Doch mein Herz wollte das, was mein Kopf sagte, nicht glauben! Meine Vergangenheit kam mir immer wieder vor Augen.

Das einsame kleine rothaarige Mädchen, das alleine im Zimmer der Academy saß und sich immer wieder fragte, was es falsch gemacht habe. Es hatte die Stirn gegen die Scheibe gelehnt und die kleine Hand presste sich gegen das Fenster. Außen lief eine Familie auf dem Bürgersteig entlang auf dem Weg zur Kirche. Der kleine Junge und das blonde Mädchen hüpften durch den Schnee und zogen ihre Eltern immer wieder ungeduldig an den Händen in Richtung Kirche. Der Weihnachtsgottesdienst. Früher hatte meine Familie das auch gemacht. Früher hatte ich noch eine Familie. Früher. Vor dem Feuer. Das Feuer, das mein ganzes Leben verändern sollte und mich danach zu einem anderen Menschen formen würde. Einem Menschen, der ich die werden wollte.

Mom und Dad waren Agenten gewesen. Ich hatte es erst mit meinem vierzehnten Lebensjahr erfahren. Damals, als ich acht Jahre alt war, waren sie gekommen. Sie waren Terroristen, die wahllos versuchten, den MI6 auszulöschen und unschädlich zu machen. Und wo fing man da am besten an? Genau, bei den Agenten! Was sie nicht wussten, war, dass meine Eltern schon lange Zeit im Ruhestand waren und jegliche frühere Kontakte zum Geheimdienst abgebrochen hatten, um sich selbst und ihren beiden Töchtern ein normales Leben ermöglichen zu können. Sie waren naiv. So naiv. Einmal Agent, immer Agent. Das Six lässt dich nicht aus seinen Klauen. Du kannst nur mit dem Tod ausscheiden. Natürlich waren sie in noch immer in der Datenbank gelistet und der Rest war ein Kinderspiel.

Es war mitten in der Nacht, als sie unser Haus in der Abgeschiedenheit des Dartmoors stürmten. Mom und Dad hatten sie schnell gefunden und im Schlaf überrascht. Sie hatten kein Chance gehabt und waren sofort tot. Ich war von den Schüssen geweckt worden. Natürlich verstand ich nicht was los war, deshalb lief ich raus in den Flur und stand einem maskierten Mann gegenüber. Er hatte eine Waffe in der Hand und war gerade aus dem Schlafzimmer meiner Eltern gekommen. Er stand mit dem Rücken zu mir und hatte mich noch nicht bemerkt. Unten ertönte ein Rumpeln, dann ein Klirren und Fluchen und mehrere aufgeregte Stimmen riefen durcheinander. Der Mann vor mir schrie etwas vom Treppenabsatz hinunter und die Stimmen verstummten. Ich lief langsam rückwärts und wäre beinahe über die teure Vase, die meiner verstorbenen Granny gehört und meine Mom geliebt hatte, gefallen. Dann packte mich jemand am Arm und ich schrie auf. Eine Hand legte sich über meinen Mund und Auroras grüne Augen funkelten mich an. Sie hatte immer dieselbe stechend grüne Augenfarbe wie ich gehabt... Es roch nach Rauch und im Wohnzimmer schien ein helles Licht. Das Holz knackte laut, als die darauf überschlugen.
»Sei still!« zischte sie und bedeutete mir leise zu sein. Doch es war bereits zu spät. Der Mann hatte uns bemerkt und kam mit erhobener Pistole auf uns zu. Seit dem Tag wusste ich, wie eine geladene Pistole klang und wie man sie am effektivsten zum Töten einsetzte. Wenn ich die Augen schloss, konnte ich immer noch den Schuss in meinem Kopf nachhallen hören und Auroras Schrei, als sie sich vor mich schmiss.

Meine Augen tränten und ich schmeckte den beißenden Rauch in meinen Mund. Meine Lungen schrien. Ein Holzhaus brannte schnell, das wusste ich. Oft hatte ich abends mit Rory das Feuer im Kamin beobachtet, während Dad Abendessen gekocht hatte. Die Holzscheite verglühten schnell. Zu schnell. Das Holz knackte und ich röchelte als ich weinend an Rory's Seite saß. Sie starb, das wusste ich. Sie würde nicht wiederkommen. Ich war allein in unserem brennenden Zuhause. Die Terroristen hatten längst das Weite gesucht und hofften, dass das Feuer den Rest für sie erledigen würde.

Ich kann mich noch genau an den Anblick des in Flammen stehenden Hauses erinnern, dass sich so scharf gegen den schwarzen Nachthimmel abgezeichnet hatte, als ich wegrannte. Weg von meiner Familie, meinen Ängsten, meinen Zukunftsträumen, meinem Zuhause und meinem alten Leben, rein in die Arme des Six, wo mein altes Leben von nun an nur noch ein Schatten in meiner verblassenden Vergangenheit war.

Golden Roses | A James Bond fanficWo Geschichten leben. Entdecke jetzt