T H I R T Y

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❝ 𝕀𝕗 𝕒𝕟𝕪𝕠𝕟𝕖 𝕒𝕤𝕜𝕖𝕕 𝕞𝕖
𝕎𝕙𝕒𝕥 𝕚𝕤 𝕙𝕖𝕝𝕝
𝕀 𝕨𝕠𝕦𝕝𝕕 𝕒𝕟𝕤𝕨𝕖𝕣
𝔻𝕚𝕤𝕥𝕒𝕟𝕔𝕖 𝕓𝕖𝕥𝕨𝕖𝕖𝕟 𝕥𝕨𝕠 𝕡𝕖𝕠𝕡𝕝𝕖 𝕨𝕙𝕠 𝕝𝕠𝕧𝕖 𝕖𝕒𝕔𝕙 𝕠𝕥𝕙𝕖𝕣 ❞

Völlig außer Puste schaltete ich das Laufband von der höchsten Stufe runter und auf eine angenehme Schnelligkeit. Mit einem Handtuch wischte ich mir den Schweiß aus der Stirn und trank gierig einige Schlucke aus meiner Trinkflasche. Tief die wertvolle Luft einsaugend schaltete ich das Laufband aus und tat einige wacklige Schritte auf den Boden. Ich war zwanzig Minuten auf voller Schnelligkeit durchgerannt. Meine Muskeln schrieen noch immer und das Blut pumpte rasend durch meine Adern. Aber ich fühlte mich gut. Lebendig. Ich warf einen Blick aus dem Fenster des Six, das von der Hitze im Inneren leicht beschlagen war und beobachtete wie die Sonne über London aufging. Mein Herzschlag war heruntergefahren und meine Lungenflügel füllten sich nun gleichmäßig mit Luft, als ich den grellen weißen Ball beobachtete, welcher sich langsam zwischen den Häuser gen Himmel erhob.

Ich weiß noch, wie mein Mom uns immer kurz vor Sonnenaufgang geweckt hatte. Es war draußen noch dunkel und frisch, jedoch hatten die Vögel schon ihre Lieder begonnen und das erste feurige Glimmen war am Horizont über dem Moor zu erkennen. Mom lächelte mich liebevoll an und hielt mir Jacke und Schuhe entgegen, während ich mir noch den Schlaf aus den Augen rieb und herzhaft gähnte.
»Aurora ist auch schon wach.« Mit diesen Worten verließ sie mein Zimmer und ich strampelte eilig die Decke von meinen Beinen, um mich aufzurappeln und ihr zu folgen. Dad schlief noch, als wir alle drei auf Zehenspitzen am Schlafzimmer vorbei schlichen. Mom deutete uns mit dem Zeigefinger auf den Lippen an, ganz ruhig zu sein und schloss nur wenig später die Haustür auf.
Rora drückte sich an mir vorbei und rannte nach außen auf das Morgentau-bedeckte Moor hinaus.
»Sei nicht los langsam, Laura!« rief sie mir zu.
»Warte, Rory. Nicht so schnell! Ich kann nicht so schnell.« und versuchte mit den kurzen Beinen einer Fünfjährigen mit meiner großen Schwester mitzuhalten. Mom lachte leise und nahm mich auf den Arm, um meiner Schwester auf den Hügel hinterm Haus zu folgen. Wir setzten uns auf den kalten Boden und Mom breitete eine Decke über uns aus. Wir hatten einen wundervollen Ausblick auf das Moor, das sich zu unseren Füßen erstreckte. Wir kuschelten uns an Mom, die uns durch ihre roten Haarsträhnen hinweg ansah und sie strich uns Strähnen der gleichen intensiven Farbe bevor sie zum Horizont zeigte.
»Seht! Die Sonne geht auf.« Schweigend saßen wir da und beobachteten dieses unglaubliche Spektakel.

Von dieser Erinnerung aus dem Hinterhalt überrascht schüttelte ich den Kopf. Da hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr dran gedacht. Es hatte sich am Rand meines Bewusstseins aufgehalten und war kurz davor gewesen in den Abgrund des Vergessens zu stürzen.
Wie Mom damals fuhr ich mir durch's Gesicht und strich mir eine feuchte Strähne aus dem Gesicht. Trauer, die ich seit Jahren nicht mehr an mich herangelassen hatte, drohte sich um diese familiäre und besinnliche Zeit des Jahres an die Oberfläche meiner Gefühle zu kämpfen.

Seit James und ich unsere Auseinandersetzung gehabt haben und er mir abends diese kleine Rede gehalten hatte, hatten wir einfach so getan, als wäre nichts passiert und hatten das Thema erfolgreich totgeschwiegen oder umgangen. Damit war der Streit nicht aufgehoben, jedoch wollte ich die letzten Tage, die uns noch blieben, nicht wütend verbringen. Wir hatten in gemeinsamem Einverständnis den Streit zurückgestellt. Heute würde James nach Russland abfliegen und ich würde ihm vorher als kleine Überraschung noch sein Weihnachtsgeschenk überreichen. Sobald ich aber einen Blick auf die Uhr über dem Eingang zum Trainingscenter warf, fing ich an zu fluchen. Bald würde James in der Luft sein und ich hatte das verdammte Geschenk in der Wohnung liegen lassen! Dabei wollte ich mich doch am Flughafen noch von ihm verabschieden und ihm eine gute Reise sowie viel Glück wünschen! Hektisch machte ich mich fertig und war auf dem Weg zur Wohnung.

POV James

Nervös sah James immer wieder auf seine teure Armbanduhr und zum Ausgang des Flughafens. Laura hatte ihn gesagt, dass sie ihn verabschieden wollte, jedoch war sie noch immer nicht gekommen und James Flug ging in etwas weniger als einer Stunde. Seinen Koffer hatte er schon aufgegeben, aber er musste immer noch die Sicherheitskontrollen und die Passkontrolle passieren. Sein Fuß wippte ungeduldig auf und ab und er spielte mit dem Gedanken reinzugehen. Es sah Laura zwar gar nicht ähnlich, dennoch war es möglich, dass sie ihn schlichtweg vergessen hatte. Er schaffte es nur mit Mühe die überwältigende Enttäuschung hinter der undurchdringlichen Maske auf seinem Gesicht zu verbergen. Schließlich konnte er es nicht leugnen, sie gerne nochmal in die Arme geschlossen zu haben. Stumm drehte sich um und ging ohne einen Blick zurückzuwerfen auf den Eingang zu. Die Glastüren öffneten sich und ihm schlug eine willkommene Wärme entgegen.

POV Laura

Meine Beine zitterten noch immer von dem ausgiebigen Training, aber ich biss die Zähne zusammen und ignorierte das schmerzhafte Ziehen in meinen Beinen, wobei ich weiter von der nächstgelegenen Station in Richtung des riesigen Gebäudes eilte, das sich vor mir empor erhob. Ich stieß eine der Seitentüren auf und stürmte hinein. Gerade noch sah ich, wie James die Absperrung überqueren wollte.
»James!« reif ich. Doch er hörte mich nicht.
»James!« rief ich nochmals aus vollem Hals. Verwirrt drehte er sich um und suchte mit seinen Augen den Raum ab. Blau traf auf Grün. Ich kannte James gut genug, um die Erleichterung und die sich vor Überraschung weitenden Pupillen zu erkennen. Er machte sofort kehrt und kam auf mich zu. Ich lief immer schneller, bevor ich letzten Endes rannte und ihm in die Arme fiel. Er schloss mich fest in eine Umarmung. Tief atmete ich sein Parfüm ein.
»Tut mir leid. Ich hatte etwas vergessen.« murmelte ich in seine Halsbeuge. Er brummte nur irgendetwas. Nach ein paar Minuten lösten wir uns von einander und er sah mir tief in die Augen. Ich hatte das Gefühl, er könne mit seinen stechend blauen Augen direkt in meine Seele schauen. Ob er wusste, dass ich mir Sorgen darüber machte, ob ich ihn lebend wieder sehen würde? Vielleicht. Schließlich räusperte ich mich.
»Ich habe hier noch etwas für dich. Eigentlich wollte ich es dir erst am Weihnachtsmorgen geben, aber du wirst es wohl brauchen.« Vorsichtig holte ich ein mit Geschenkpapier umwickeltes Päckchen aus meiner Tasche. James sah mich mit großen Augen an und nahm es bedächtig entgegen. Beinahe konzentriert wickelte er das Papier von dem Paket ab. Er öffnete es und als er den Inhalt sah, lächelte er.
»Damit Dir warm bleibt.«
Ich griff über seine Hände hinweg und holte den dunkelblauen Burberry Schal aus dem Karton. Sanft schlang ich ihm den Schal um den Hals. Dann stellte ich mich auf Zehenspitzen und küsste ihn.
»Frohe Weihnachten, James.« flüsterte ich gegen seine Lippen, als er mich erneut küsste.
»Schau am Morgen des 25. in die unterste Schublade des Schranks im Schlafzimmer. Da wirst du etwas finden.« schief grinste er mich an. Ich lachte leise.
»Ich weiß jetzt schon, dass es mir gefallen wird.«
»Ach ja?«
»Es ist von Dir. Allein deswegen.«
James sah auf seine Armbanduhr und fluchte leise. Seufzend sah er mich an.
»Ich muss los.« Stumm nickte ich.
»Pass auf dich auf und gute Reise.« Er versprach mir dies zu tun, auch wenn mich das nicht im Geringsten beruhigte. Er wollte sich gerade zum Gehen umwenden, als ich ihn nochmal zurückrief.
»Ach, James? Es kann sein, dass ich nicht da bin, wenn du zurückkehrst, also - « Ich holte etwas kleines silbernes aus meiner Jackentasche.
»Ich denke, den hast du dir schon seit Langem verdient.« Überrascht nahm er den Schlüssel zu meiner Wohnung entgegen. Er wollte gerade etwas sagen, als die blecherne Stimme der Flughafendurchsage ihn unterbrach.
»Letzter Aufruf für Flug 91054 nach Sankt Petersburg. Der Passagier James Bond wird gebeten sich bitte unverzüglich zum Gate 31 zu begeben.«
Schnell beugte er sich vor und küsste mich.
»Ich liebe dich.« Dann rannte er los und ließ mich sprachlos zurück.

Golden Roses | A James Bond fanficWo Geschichten leben. Entdecke jetzt