T W E N T Y T W O

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❝ 𝔸𝕝𝕠𝕟𝕖 𝕨𝕖 𝕝𝕚𝕧𝕖 𝕒 𝕤𝕙𝕠𝕣𝕥 𝕣𝕖𝕓𝕖𝕝𝕝𝕚𝕠𝕟 𝕠𝕗 𝕕𝕖𝕒𝕥𝕙,
𝕥𝕠𝕘𝕖𝕥𝕙𝕖𝕣 𝕨𝕖 𝕕𝕖𝕗𝕪 𝕚𝕥. ❞

»Es tut mir leid.«
»Es tut Dir leid?! Du wärst fast draufgegangen, weil du den Sender nicht von Anfang an aktiviert hattest. So, wie ich dich im Übrigen auch vorher mehrmals angewiesen habe, es zu tun!«
»Das weiß ich. Du hast es mir in der letzten Stunde ein paar hundert Mal gesagt! Und ich kann immer noch nicht mehr tun, als mich zu entschuldigen.«
Am anderen Ende der Leitung erklang nur ein Schnauben.
»Eines Tages wirst du mein Tod sein!«
»Soll ich es dir auf deinen Grabstein eingravieren lassen?«
»Ja, bitte! Hier ruht, nicht wirklich in Frieden, Q, der von 004 in den Wahnsinn oder Herzinfarkt getrieben wurde. Du musst dann einfach das ergänzen, was früher eingetreten ist.«

*oOo*

Ich musste noch mehrere Tage im Krankenhaus in Kairo verbringen, bevor ich mit der Schusswunde ohne Bedenken ausreisen konnte. In dieser Zeit lernte ich Amber, die Krankenschwester, besser kennen. Sie war von ziemlich neugieriger Natur, was es mir nicht einfach machte, sie abzuschütteln, aber spätestens als sie mir immer eine zweite Tasse Earl Grey brachte, gewann ich sie lieb. Sie war eine nette ältere Frau, die eine alleinerziehende Mutter von zwei Kindern war.

Sie war als junges Kind von zwei britischen Archäologen nach Ägypten gekommen, die hier ihren Traum verwirklichen wollten. Jedoch starben beide nur wenige Monate später an Dengue-Fieber, was das schlechte Englisch trotz ihrer Herkunft erklärte.

Ich schätzte ihre Gesellschaft sehr, auch wenn sie manchmal etwas zu verbissen war. Sie fragte beispielsweise nach James, meiner Kindheit, meinem Job, meiner Schulzeit, meinem Studium und wie ich mir denn bitte eine Kugel eingefangen hatte. Also im Grunde alles ganz normale Themen, die man einen Menschen eben so fragt, um mehr über ihn zu erfahren oder ins Gespräch zu kommen. Und alles Themen, die ich entweder nicht beantworten wollte oder aufgrund meiner Verschwiegenheitserkkärung nicht beantworten durfte, was die ganze Sache ein wenig schwieriger machte. Am Ende erzählte ich ihr immer nur Halbwahrheiten oder etwas, dass im entferntesten Sinne mit meinem wahren Job zu tun hatte.

Ich war Mary Simpson aus England, wo ich in London Sportmedizin studierte. Gemeinsam mit meinem Kommilitonen James, natürlich! Meine Schulzeit hatte ich auf einem englischen Internat verbracht und somit hatte sich die Frage nach meiner Kindheit erledigt. Ich hatte schon bei dem Gedanken daran beinahe eine Panikattacke erlitten.

Amber war sehr interessiert an James, da sie offenbar eine Person war, die an die wahre Liebe glaubte und mir nicht abkaufte, dass er einfach nur ein Mitstudent war, für den ich nichts weiter als Freundschaft empfand. Jedoch stieß sie bei diesem Thema auf eine Mauer.

*oOo*

Es war halb Zwölf, als ich endlich meinen Koffer vom Kofferband des Heathrow Airports erhalten hatte und mich müde auf den Weg zum Ausgang machte, um ein Taxi nach London zu erwischen. Das möglichst bevor ich im Stehen einschlief. Die Reise hatte mich geschafft und die Schusswunde zehrte noch immer an meinen Kräften.

Die frische Nachtluft schlug mir entgegen und die Kälte biss mir unsanft in den geröteten Wangen. Man spürte nun deutlich, dass der November sich seinem Ende entgegen neigte. Ich fuhr mir mit dem Handrücken über die Stirn und strich mir eine rote, vor Anstrengung schweißnasse Strähne aus dem Gesicht. Die Schmerzen der Wunde pochten mit jedem Herzschlag. Erschöpft sah ich mich nach einem Taxi um und zog mir meinen Schal fester um den Hals. Meine Haare hüpften zu einem Pferdeschwanz gebunden über die Rückseite meines grauen Mantels.

Ich wollte mich gerade zu dem Taxistand begeben, als ein beiläufiges Räuspern mich herumfahren ließ.

»James.« rief ich überrascht. Er lächelte mich gegen den Aston gelehnt an.
»Laura.« Er stieß sich elegant vom Wagen ab und trat einen Schritt auf mich zu. Ich konnte nicht anders und musste lächeln. Dann schlang ich meine Arme um seinen Hals und umarmte ihn fest. Er lachte und ich spürte, wie sehr ich dieses Geräusch vermisst hatte. Wir verharrten einige Minuten in der Umarmung, bevor ich mich von ihm löste und ihn erwartungsvoll anblickte.
»Wieso bist du hier?« fragte ich neugierig.
»Um dich abzuholen.« erklärte er, während er meinen Koffer nahm und ihn in den Aston verlud.
Dann öffnete er mir die Beifahrertür und sah mich auffordernd an. Jedoch war ich zu überrascht, um auch nur daran zu denken, mich zu bewegen.
»Na los, es wird langsam kalt.«
»Um mich abzuholen?«wiederholte ich seine Worte.
»Natürlich.« Damit war alles geklärt und ich stieg mit einem Lächeln in das teure Auto ein.

Im Inneren des Wagens roch es nach Neuwagen, Leder, aber auch ein bisschen beißend nach herbem After Shave, Zigaretten und Scotch. James' eigene Duftnote. Ich konnte das müde aber glückliche Lächeln, das an meinen Mundwinkeln zog, nicht vermeiden.

Die Fahrt über schwiegen wir, aber es war eine angenehme, beruhigende Stille, die sich über uns ausgebreitet und um uns herumgelegt hatte. Der Motor des Aston brummte leise und die Lichter der Städte und Straßen zogen an uns vorbei. Die Scheinwerfer warfen weite Kreise auf den Asphalt vor uns, aber ansonsten war es dunkel. James tippte wie zu einer lautlosen Musik einen Rhythmus auf das Lenkrad und ich wand meinen Blick ab und zum Fenster hinaus. Meine Augen erfasste die Sterne und Felder. Sterne sah man nur selten über Londons Nachhimmel, da die leuchtende Skyline der Millionenstadt es meist unmöglich machte, einen Blick auf die Sterne zu erhaschen.

*oOo*

Nach unserer Ankunft öffnete ich die Tür zum Treppenhaus und ließ James meinen Koffer hinter mir her tragen. Er hatte drauf bestanden und ich war zu müde, um mich dagegen zu wehren. James wollte sich gerade daran machen, mein Türschloss aufzubrechen, aber ich legte meine Hand über seine.
»Ich habe einen Schlüssel, James. Und ich glaube, du brauchst auch einen. Immerhin hast du hier die letzten paar Tage gelebt. Hast du jedes Mal das verdammte Schloss geknackt?« fragte ich.
Er blieb stumm, aber das war Antwort genug. Ich seufzte und strich unbewusst mit meinem Finger über seinen Handrücken, während ich in der Tasche nach dem Wohnungsschlüssel kramte.

Ich hielt weiterhin an seiner Hand fest und wir stolperten ungeschickt ins Innere der Wohnung. In einem Knäul aus Koffern, Mäntel, Schals und Beinen gingen wir zu Boden. Ich landete auf ihm und blieb einfach lachend liegen. Er stimmte ein. Schließlich verstummten wir und ich sah ihm in seine schönen eisigblauen Augen. Er sah mich ebenfalls unverwandt an. Endlich beugte ich mich runter und küsste ihn kurz und sanft. Dann lehnte ich mich zurück und lehnte meine Stirn gegen seine. »Hi.« flüsterte ich lächelnd.
»Willkommen zuhause.«

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