T W E N T Y F O U R

1K 44 3
                                    

❝𝕐𝕠𝕦𝕣 𝕙𝕒𝕟𝕕𝕤 𝕒𝕣𝕖 𝕤𝕔𝕒𝕣𝕣𝕖𝕕 𝕗𝕣𝕠𝕞 𝕞𝕦𝕣𝕕𝕖𝕣, 𝕒𝕟𝕕 𝕪𝕖𝕥 𝕀 𝕥𝕣𝕦𝕤𝕥 𝕥𝕙𝕖𝕞 𝕔𝕠𝕞𝕡𝕝𝕖𝕥𝕖𝕝𝕪.❞

James hob die Schlittschuhe über die Köpfe der anderen und drückte mir mein Paar in die Hand, dann schob er mich in Richtung einer freien Bank. Zusammen ließen wir uns auf dem kalten Holz nieder und machten uns daran die Schlittschuhe zu binden.

Schließlich erhoben wir uns und staksten wenig elegant hinüber zur Eisfläche. James ging auf's Eis und zog mich hinter sich her. Einen kurzen Moment stand ich auf wackligen Füßen und musste aufpassen, dass es mir nicht den Boden unter den Füßen wegzog, denn ich war schon seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr auf Schlittschuhen gestanden. Das letzte Mal vor mehreren Jahren.

Früher, als ich jünger war, habe ich die Wintertag fast die ganze Zeit über immer mit meiner Schwester auf dem See, weiter draußen am Moor hinter unserem Haus, Eishockey gespielt oder einfach nur Schlittschuh gelaufen. Weite Kreise hatten wir über das gefrorene Wasser gezogen und mit Stöcken und Steinen gespielt. Abends rief Mom uns und wir machten ein Wettrennen nach Hause. Ich hatte mich immer vor dem dunklen Moor gegruselt und habe versucht so schnell wie möglich zu rennen. Aurora kannte da nichts. Wenn wir reinkamen, gingen wir baden und Mom rubbelte uns die Haare trocken. Bis, nun ja -

Die Erinnerungen war zu schmerzhaft und ich versuchte sie zu vertreiben. James sah mich kritisch von der Seite an, sagte aber nichts. Er reichte mir die Hand und zog mich hoch.
»Alles in Ordnung?« fragte er ruhig. Abermals musterte er mich und ich sich seinem Blick schnell aus. Ich wollte die Stimmung jetzt nicht mit alten, verblassten Erinnerungen ruinieren.
»Ja, alles klar. Mach dir keinen Kopf.« Ich glaubte mir nicht, das hatte er noch nie, aber für einen Moment würde er es dabei belassen. Dafür war ich ihm dankbar.

Um abzulenken glitt ich voraus über das Eis und zog eine scharfe Kurve auf einem Bein. Dann blieb ich stehen und grinste James herausfordernd an. Er lachte und schüttelte den Kopf.
»Ganz sicher nicht.« Schon hatte ich ihn am Ärmel gepackt und mit mir gezogen.

Der Mann konnte Eis laufen, das musste man ihm lassen. Ich bewunderte ihn immer wieder für seine verborgenen Talente, denn er überraschte mich ständig aufs Neue. Es legte ihn nicht einmal hin, was ich schon ein bisschen unfair fand... Das würde ich noch ändern!

*oOo*

Ich hatte Spaß wie seit Langem nicht mehr und auch James hatte ein befreites Grinsen auf dem Gesicht. Nachdem wir unsere Schlittschuhe abgeben hatten, ließen wir uns erneut auf einer Bank am Rand der Eisfläche nieder und beobachteten das Treiben auf dem Eis in der kalten Winterluft. Inzwischen war es dunkel und merklich abgekühlt, jedoch spürte ich die Kälte kaum. Die Lichter der Tannenbäume auf dem Square brachten meine Augen zum Leuchten und die Kälte bescherte mir rosige Wangen. Ich bemerkte überhaupt nicht, dass James mich unentwegt von der Seite beobachtete. Ich wendete meinen Blick von dem Geschehen ab und sah ihn fragend an.

»Du siehst so süß aus.« Ich musste lächeln. Süß war wohl nicht das Wort, das ich verwenden würde, um mich zu beschreiben, aber der Wille zählte eindeutig. Ich fing das Strahlen an und auch James lächelte mich ehrlich an. Es war ein losgelöstes, unsicheres und beinahe vorsichtiges Lächeln. Ich hatte ihn noch nie zuvor so lächeln sehen. Es hatte den Anschein, als hätte er dies seit Jahren nicht mehr getan.

Er beugte sich vor und küsste mich sanft. Sofort erwiderte ich den Kuss und fuhr mit meiner Hand über seine Wange, wo ich diese mit dem Daumen nachfuhr. Als wir uns voneinander lösten, strich er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sah mich stumm an. Kurz flackerte ein Schatten über seine Augen, aber es war so schnell vorbei, dass ich mir nicht sicher seien konnte, ihn überhaupt gesehen zu haben. Ich kannte diesen Blick. Erst vorhin hatte ich ihn gehabt. Immer wenn mich eine schmerzhafte Erinnerung einholte, wirkten meine Augen so.  Ich drückte seine Hand und sah ihn ruhig und fest an.

»Woran denkst du gerade, James?« fragte ich leise.  Kurz schien er mit sich zu ringen, jedoch gewann die Mauer um ihn herum das Spiel und er antwortete nicht auf die Frage.
»Nicht so wichtig.« meinte er schließlich. Dann erhob er sich. »Na los. Ich hole uns noch einen Kakao und wir laufen heim.« Ich nickte bloß.

*oOo*

Wir spazierten neben einander in der Stille der Nacht und geschützt von der Dunkelheit durch die Straßen Londons auf den Weg zurück zu meiner Wohnung. Unser Atem blies Wölkchen in die klirrende Nachtluft und unsere Schritte hinterließen knirschend Abdrücke im Schnee. Wind war aufgekommen und die Schneeflocken tanzten wild durch die Luft. Ich zog mir den Mantel fester um die Schultern und schob meinen Schal zurecht. Der Schein der Straßenlaternen warf lange Schatten auf den Weg vor uns.

Wir waren nur noch wenige Häuserblocks entfernt, aber ich blieb plötzlich mitten auf dem Weg stehen, sodass James fast in mich hinein lief. Überrascht sah er mich an und folgte dann meinem Blick zum Himmel. Dicke Schneewolken zogen vom Meer auf und zeichneten sich dunkel gegen den Nachthimmel ab. »Es wird einen Schneesturm gegeben.« stellte ich fest. Dann lachte ich und begann mich zu drehen. Ich breitete meine Arme aus und wirbelte über den Bürgersteig. Ich tanzte durch den Schnee und lachte James an. Wie so oft an diesem Tag reichte ich ihm meine Hand und zog ihn mit mir. Aus der Ferne erklang leises Gedudel eines Weihnachtsliedes der Pentatonix und ich sang leise mit. James gab mir die Vorlage für eine Pirouette und ich drehte mich elegant um meine eigene Achse. Es war wie in einem kitschigen Liebesroman.

Glücklich traten wir in die Wohnung hinein und warfen die nassen Jacken achtlos in die Ecke. Meine Haare klebten nass in meinem Gesicht und ich schlotterte vor Kälte. Meine Zehen waren taub und ich huschte auf nassen Socken durch die Wohnung zum Bad, um heiß zu duschen.

Ich duschte so heiß, dass meine Haut sich rötete und meine Zehen kribbelten. Der Spiegel und die Scheibe beschlugen. Ich sang unter der Dusche vor mich hin und hörte gar nicht, wie sich leise die Tür zum Badezimmer öffnete und der Agent leise eintrat und sich vor den Spiegel stellte. Erst als ich das Wasser abstellte und ohne böse Gedanken aus Dusche treten wollte, bemerkte ich ihn. Ich schrie empört und überrascht auf, rutschte fast weg und fing mich gerade noch.

Ich stand tropfend und triefend vor dem Agenten und warf ihm einen tödlichen Blick zu.
»James!« presste ich wütend zwischen den Zähnen hervor.
»Gib. Mir. Sofort. Das. Verdammte. Handtuch!« Er grinste mit der Zahnbürste im Mund und ließ sich gehörig Zeit, mich zu begutachten. Ich fühlte mich entblößt und wickelte mich notgedrungen in den verdammten Duschvorhang ein. »Ich hasse dich manchmal, Bond!« zischte ich.

*oOo*

Nachdem ich nach einer Unendlichkeit ein Handtuch ergattert hatte, hatte ich James rausgeschmissen, mich umgezogen und die feuchten Haare zu einem lockeren Dutt gedreht.
James begrüßte mich mit einem Wiedergutmachungs-Tee auf der Couch. Ich plumpste neben ihn und griff sofort nach der Fernbedienung. Games reichte mir den Tee rüber und ich startete einen Film. Ich war müde und beachtete kaum den Film. Ich rutschte rüber und kuschelte mich an James. Während des Films wurden meine Lider schwerer und mein Kopf sackte langsam auf James Brust. Ich erinnerte mich nicht mehr an das Ende des Films. James Atmen und Herzschlag lullten mich ein und ich gab den Kampf auf. James hatte einen Arm um mich gelegt und wollte ebenfalls nur für einen kurzen Moment die Augen. Wir waren schließlich beide auf der Couch eingeschlafen.

Keiner von uns merkte, wie der Wind vor dem Fenster stärker wurde und die Flocken durch die Luft wirbelten. Wir bemerkten nicht, wie sich der Sturm längst über uns zusammenbraute.

Golden Roses | A James Bond fanficWo Geschichten leben. Entdecke jetzt