T W E N T Y O N E

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❝ 𝔽𝕚𝕩𝕡𝕦𝕟𝕜𝕥: 𝕗𝕖𝕤𝕥𝕖𝕣 𝔹𝕖𝕫𝕦𝕘 𝕒𝕦𝕗 𝕛𝕖𝕞𝕒𝕟𝕕𝕖𝕟 𝕠𝕕𝕖𝕣 𝕖𝕥𝕨𝕒𝕤. ❞

Mit einem Ruck füllten sich meine Lungen mit Luft und ich keuchte auf. Gierig saugte ich den Sauerstoff ein, um gegen das Gefühl des Erstickens anzukämpfen. Mein Herz pumpte und arbeitete »Sie atmet wieder. Puls stabilisiert sich.« Ich öffnete meine Augen, konnte jedoch nur das grelle Licht erblicken und musste meine Augen schmerzhaft zusammenkneifen. Lichtpunkte tanzten vor meinen Augenlidern. »Sie ist wach, aber sehr schwach. Wir werden operieren müssen.« Um mich herum wackelte es und ein Schatten fiel über mein Gesicht. Erneut versuchte ich die Augen unter größter Anstrengung zu öffnen. Ein Gesicht hatte sich in mein Blickfeld geschoben. »Sie hat noch immer Schmerzen. Wir müssen das Morphium erhöhen.« erklärte die Stimme sachlich und das Gesicht verschwand wieder aus meinem Sichtfeld. Mein Blick fiel auf die Atemmaske, die auf meiner Nase saß und mir die Sicht einschränkte. Neben mir bewegten sich Personen und ein Schrank mit Medikamenten ratterte. Meine Hände waren verkabelt und eine Infusion steckte in meinem rechten Handgelenk. Eine Spritze wurde an den Zugang angesetzt und die klare wässrige Flüssigkeit verschwand in meinem Blutkreislauf. Dann war ich erneut weg.

*oOo*

Als ich meine Augen wieder aufmachte, blickte ich in das grelle Licht einer flackernden Neonröhre. Das penetrante Piepen der Maschinen neben meinem Bett erregte meine Aufmerksamkeit und erst nach wenigen Sekunden wurde mir klar, dass es sich um meine Vitalwerte handelte, die die Monitore verbildlichten. Neben dem Bett stand ein Tropf, der unablässig Flüssigkeit durch einen Schlauch rinnen ließ. Die klinisch weißen Wände umgaben mich an allen vier Seiten des Raumes, nur eine Tür und ein Fenster unterbrachen diese.

Das Erste, was ich spürte, war der ziehende Schmerz in meinem Abdomen. Man hatte meine Wunde offensichtlich operiert und mit einem Pflaster überklebt, dann wurde ich medikamentös eingestellt. Doch ich spürte immer noch ein schmerzhaftes Pochen im Hintergrund. Das Pflaster zerrte unangenehm an meiner Haut und ich hatte ein pelziges Gefühl auf der Zunge, das sich selbst durch Schlucken nicht vertreiben ließ.

Die Tür öffnete sich und ein Luftzug trug mir den Geruch von Desinfektionsmitteln an meine Nase heran. Eine Krankenschwester trat ein und prüfte einige der Geräte neben meinem Bett und schnipste gegen den Tropf. Dann drehte sie sich zu mir um.
»Oh, du bist ja wach. Das ist ja schön. Keiner von uns wusste, ob du überhaupt nochmal aufwachst. Als du vom Rettungsdienst gefunden wurdest, warst du schon mehrere Minuten nicht mehr bei Bewusstsein und hattest viel Blut verloren! Glücklicherweise bist du direkt in den OP gekommen und die Kugel konnte ohne Probleme entfernt werden.« Ich nickte schwach und schluckte, wobei ich mein Gesicht vor Schmerz verzog.

»Wasser.« krächzte ich. Meine Stimme klang schrecklich und rau wie ein Reibeisen. Die Krankenschwester holte eine Flasche aus einem Schrank und goss mir Wasser in ein Glas, welches sie mir reichte.
»Du hast Glück gehabt.« sagte sie mir in ihrem gebrochenem Englisch.
»Hätten wir nicht einen anonymen Anruf mit deinen genauen Koordinaten erhalten und wären wir nicht wegen der Explosion zwei Straßen weiter wenige Minuten zuvor zufällig in der Nähe gewesen, hätte Dir wahrscheinlich keiner mehr helfen können.« Q. Der Name schoss mir sofort durch den Kopf, als ich das Wasser meine trockene Kehle hinunterstürzte. Es brannte mir im Hals, aber ich ignorierte das Gefühl und ließ meine Aufmerksamkeit weiter der Krankenschwester gelten.
»Ich bräuchte noch deinen Namen.«
»Mary. Mary Simpson. Ich bin Touristin aus England, genauer gesagt London.«
»Du armes Ding. Der Urlaub bleibt Dir bestimmt in Erinnerung.« meinte sie mitfühlend.
Plötzlich klingelte das Telefon am anderen Ende des Raumes. Die Krankenschwester stand auf und hob für mich ab.
»Ein gewisser Bond. James Bond möchte dich sprechen. Soll ich ihn weiterreichen oder soll er ein anderes Mal wieder anrufen?«
»Gib ihn mir.« krächzte ich.

»James.« Meine Stimme versagte und ich musste husten und räusperte mich.
»Laura. Wie geht es dir?« fragte James und ich konnte die Sorge in seiner Stimme raushören.
»Naja. Wie soll es mir großartig gehen? Ich bin in einem Krankenhaus in Kairo im Moment. Wo bist du?«
»Ukraine. Kiew. Irgendwo.« Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Es tat gut seine Stimme zu hören.
»Ich auch. Ich bin froh von Dir zu hören.«
»Ich habe das gerade schon wieder laut gesagt, oder?«
»Offensichtlich. Wann kommst du wieder zurück nach Hause?« fragte er mich. Nach Hause. Dieses Wort hatte für mich seit James eine neue Bedeutung bekommen.
»Ich weiß es nicht.«
»009 ist schon als Hugo auf dem Rückweg.«
»James!« schalte ich ihn, weil er so unsensibel mit dem Thema umging. Jedoch ging er nicht näher drauf ein.
»Kanntest du ihn gut?« fragte ich.
»"Gut" ist bei unserem Berufszweig eher ein relativer Begriff. Ich bin ihm ein paar Mal in der Q-Branch und einmal in Kolumbien über den Weg gelaufen. Aber ich wusste nichts über ihn außer seine Nummer. Wenigstens darf er nach Hause zurückkehren.« Wir beide wussten, dass das leider nur den wenigsten von uns vorbehalten war. Meistens wurden leere Särge mit einer Union Jack Flagge beerdigt. Trotzdem würde keiner bei seinem Grab stehen und Tränen um ihn weinen. Er würde alleine nochmal sterben und schließlich in Vergessenheit geraten. Trauer überkam mich. So würde es bei mir auch einmal laufen. Wenn ich überlegte, wie knapp ich dem Schicksal entkommen war, lief mir ein Schauer über den Rücken.

Nach einer Weile des Schweigens ergriff James wieder das Wort. Er atmete kurz tief durch. Dann erklang seine Stimme bittersüß in meinen Ohren.
»Ich vermisse dich.« sagte er und ich spürte, dass er angespannt auf meine Antwort wartete.
»Ich vermisse dich auch, James.« gab ich zu und lächelte leicht.
»Die Tage ohne dich in der Wohnung sind seltsam gewesen. Ich habe mich sehr an deine Gesellschaft gewöhnt. Und natürlich unsere gemeinsame Zeit nachts im Bett.« sagte er und klang dabei gespielt anzüglich, obwohl er nur unser, ja was eigentlich, Kuscheln meinte?
»James!« empörte ich mich. Er lachte nur rau auf.
»Ich weiß noch nicht, wie ich diese Nacht ohne dich schlafen soll. Aber die Medikamente werden die Nacht hoffentlich traumlos werden lassen.« seufzte ich.
»Du schaffst das schon. Du kannst mich jeder Zeit anrufen, wenn etwas sein sollte.«
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir bei diesen Worten nicht ein bisschen warm um's Herz wurde. Plötzlich öffnete sich die Tür zu meinem Zimmer abermals und der Chefarzt trat ein. Er bedeutete mir, gerne mit mir reden zu wollen.
»Du, James. Ich muss aufhören, der Chefarzt ist gerade gekommen.«
»Natürlich. Dann, bis bald. Und schlaf gut.«
»Du auch. Ach, und James? Pass auf dich auf.« sagte ich noch leise, sodass ich glaubte, dass er es fast nicht verstanden hatte.
»Ich werd's versuchen.« Das war zwar kein Ja, aber immerhin besser als nichts.

Mir wurde erst Jahre später klar, zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch nicht gemerkt, dass wir schon lange unsere gegenseitigen Fixpunkte waren...

*oOo*

AN: Und? Was meint ihr? Ich bin leider kein Medizinexperte, aber nehme Verbesserungen gerne entgegen.

Noch eine Anmerkung: „Hugo" ist in der Flugbranche eine gängige Abkürzung, wenn Leichen auf Passagierflügen im Bauch des Flugzeugs transportiert werden. So können sich Steward/ess und Pilot/in über die Verladung in Kenntnis setzen, ohne die Passagiere zu verunsichern. Hugo steht in dem Fall für HUman GOne.

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