Am nächsten Morgen ging ich in den Speisewagen, noch war niemand zu sehen, aber das lag sicherlich daran, das ich ziemlich früh dran war.
Das war meine Gewohnheit, ich stand immer früh auf, denn umso früher man aufstand, desto mehr Chancen hatte man etwas essbaren aufzutreiben.
Ich setzte mich ans Fenster und starrte auf die schnell umherziehende Umgebung, wir müssten wohl bald am Kapitol sein, doch genau konnte ich es natürlich nicht sagen.
Die Tür zum Speisewagen ging auf und Haymitch torkelte grinsend hinein.
Er schien mich überhaupt nicht wahrzunehmen, er ging einfach geradewegs auf einen kleinen Tisch zu, auf dem mehrere Glasampullen mit Alkoholischen Getränken drinnen standen.
Er goss sich etwas in sein Glas, das aussah wie Whiskey oder Scotch, doch kannte ich den Unterschied sowieso nicht, dann setzte er das Glas an seine Lippen und schluckte den Inhalt in einem Zug runter.
Er gab ein erfrischtes Geräusch von sich und goss sich sofort noch einmal voll.
Ich verstand nicht, warum er ständig trinken musste, aber eigentlich ging es mich auch gar nichts an, es ging nur darum, das er lange genug nüchtern blieb, damit er Sponsoren anlachen konnte.
„Jetzt fühle ich mich wieder wie ein echter Mensch, willst du auch etwas?" Fragte er und drehte sich mit erhobenem Glas zu mir um, ich hatte nicht wirklich erwartet, das er mich bemerken würde, aus diesem Grund war ich auch so erstaunt, das ich zuerst nicht wusste was ich sagen sollte.
Ich starrte ihn nur verwirrt an.
Er hob eine Augenbraue: „Nein?" Dann setzte er das Glas von neuem an und murmelte: „Mehr für mich" und trank.
Er schnappte sich die Flasche von dem kleinen Tisch und kam auf mich zu, er setzte sich mir gegenüber hin und goss sich erneut ein.
„Du bist ein harter Brocken, was? Sprichst nicht, siehst einen nur böse an..."
„Ich spreche sehr wohl!" Zischte ich wütend. Was erdreistete der sich überhaupt?.
Er schmunzelte leicht: „Natürlich tust du das, wollte dich nur dazu bringen"
Ich verzog verstimmt mein Gesicht, wieso schaffte er es bloß mich so wütend zu machen?
„Was schlagen sie mir als mein Mentor vor? Welchen Rat können sie mir geben?"
Haymitch trank erneut ein Glas leer und während er sich ein neues vollgoss, sprach er: „Du willst einen Rat? Hier hast du einen: Bleib am Leben" Er Prustete los.
In mir kochte es und ich sprang auf die Füße, griff nach der Karaffe mit Alkohol und warf sie gegen eine Wand, ich konnte beobachten, wie die klare, braune Flüssigkeit zu Boden rann.
„Puh, eine kleine Furie, was?" Er hob sein Glas grinsend an die Lippen und wollte auch dieses austrinken, doch schlug ich ihm gegen die Hand, so das es zu Boden fiel und zersprang.
Kurz starrte Haymitch vor sich in die Leere, als würde er überlegen, dann sprang er auf und ragte wütend vor mir auf, er wirkte nun alles andere als betrunken.
„Das wollte ich Trinken!" Knurrte er mich an.
Ich ließ mich nicht beeindrucken, zumindest äußerlich nicht, ich hatte schließlich keine Ahnung, wie er reagieren würde und das auch noch unter Alkoholeinfluss.
„Sicher wollten sie das und danach noch ein Glas oder vielleicht noch eine ganze Flasche! Soviel, das sie nur noch umher taumeln und nicht mehr wissen wer sie sind und was sie getan haben!"
Er verzog seinen Mund zu einem Grinsen.
„Hör zu kleine, egal wie viel ich trinke, ich weiß immer wer ich bin und was ich getan habe" Es lag etwas selbstironisches in seiner Stimme, als würde er sich wünschen endlich zu vergessen, doch es klappte nicht.
Er wandte sein Gesicht ab und zog zischend die Luft durch die Zähne ein.
„Also was willst du hören? Das ich dich zu einer Gewinnerin mache? Tut mir leid, das kann ich nicht"
Ich sah zu Boden, ich hatte nichts dergleichen erwartet.
„Nein, ich erwarte nicht zu gewinnen, das hatte ich von Anfang an nicht geglaubt" Fragend blickte er wieder zu mir und musterte mich scharf.
„Was willst du dann?"
Ich seufzte verhalten, ich war es nicht gewöhnt auf andere angewiesen zu sein und schon gar nicht auf jemanden wie ihn.
„Ich will, das sie es wenigstens versuchen. Ich will, das sie versuchen, nüchtern und bei klarem Verstand zu bleiben, damit ich wenigstens eine Chance habe, wenn auch nur eine geringe"
Noch immer sah ich zu Boden, doch bemerkte ich wie seine Körperhaltung sich lockerte.
„Kann es sein, das ich endlich mal jemanden bekomme, der nicht gleich kampflos aufgibt?"
Er berührte mein Kinn und hob meinen Kopf wieder an, sah mir ins Gesicht, drehte es von links nach rechts, musterte mich genau. Dann ließ er es wieder los und piekte mich hier und da in die Seiten, gegen die Arme, als es mir zu bunt wurde, schlug ich seine Hand weg, was ihn nur auflachen ließ.
„Du bist auf jeden Fall nicht unbrauchbar, du scheinst fit zu sein, auch wenn du vielleicht etwas zu dünn bist, doch wenn die Stylisten dich erst einmal bearbeitet haben, dann wirst du schon ganz passabel aussehen"
Ich runzelte die Stirn wenn ich daran dachte, das irgendwelche Fremden an mir herumfummeln würden, nur um mich nach einem völlig verrückten Maßstab aufzuhübschen.
„Ich dachte ich soll nicht aussehen wie ein Flamingo!" maulte ich leise, was ihn wieder auflachen ließ.
„Habe ich das gesagt? Nun süße, du sollst auch nicht wie ein Flamingo aussehen, ich denke, das bekommen die schon irgendwie hin. Du bringst gutes Material mit, das einzige was ich dir Raten kann, ist, das du bevor die Spiele beginnen, unbedingt mehr Essen solltest. Nimm zu, bau Reserven an, wenn die Spiele erst einmal begonnen haben, könnte es schwer werden an Nahrung ranzukommen"
Endlich mal ein Tipp, der mir auch weiterhalf.
Haymitch ließ sich erneut in einen Sitz nieder und sah mich lange an, ich fühlte mich unwohl und wandte mich wieder dem Fenster zu.
„Es wird dir nicht gefallen, was die Stylisten mit dir veranstalten, aber was es auch ist, lass es über dich ergehen"
Ich schloss die Augen und hoffte das es nicht ganz so schlimm sein würde, wie er andeutete.
„Und noch was Schätzchen, du solltest bei deinen Interviews und Fernsehauftritten nicht ganz so abweisend und kalt rüberkommen, die Leute sollen dich mögen, nicht verachten"
Ich schaffte es ja noch nicht einmal selbst andere Leute gern zu haben, wie sollte ich es da hinbekommen, das sie mich mochten?
Die Tür zum Abteil wurde geöffnet und Effie trat herein, auf dem Kopf und im Gesicht sah sie wieder genauso aus wie bei der Ernte, doch dieses Mal, trug sie ein hellblaues Kleid, welches sich mit ihrem knalllila Haar biss und ich verzog mein Gesicht.
„Oh, ich hatte nicht erwartet schon jemanden hier vorzufinden. Vor allem nicht dich!" Damit meinte sie Haymitch, der ihr mit einem neuen Glas, das er sich mit Wein gefüllt hatte, zuprostete.
„Sarah liebes, es ist schön zu sehen, das du eine Frühaufsteherin bist. Ordnung und Pünktlichkeit, begrüße ich sehr. Ich werde dann jetzt mal dafür sorgen, das etwas zu essen auf den Tisch kommt, könntest du bitte James holen gehen?"
Ich riss die Augen weit auf und starrte Effie entgeistert an.
„Was ist liebes, ist etwas nicht in Ordnung?"
Ich öffnete den Mund um ihr zu sagen, dass sie diesem Idioten gefälligst allein Bescheid geben konnte, doch da erhob sich Haymitch und sagte mit einem aufstöhnen zu Effie: „Keine Sorge süße, ich gehe und sage dem Faulpelz vom Prinzen Bescheid"
Als er an mir vorbeiging, sah er mir kurz in die Augen und ich wusste, das er das für mich getan hatte.
Allem Anschein nach, hatte er verstanden, das ich James nicht leiden konnte.
Ich hätte ihm gerne gedankt, doch wusste ich nicht wie und dann war er auch schon fort.
Effie zuckte mit den ausgepolsterten Schultern und verschwand ebenfalls.
Vielleicht war Haymitch ja doch kein so übler Mentor als gedacht?
Als die Speisen serviert wurden und alle am Tisch saßen, versuchte ich Haymitch's Rat zu befolgen und so viel wie möglich zu mir zu nehmen, doch entweder mein Magen war zu klein oder ich hatte nicht so großen Hunger –und ich wusste, das es nicht am letzteren lag- denn ich bekam einfach nicht genug in mich hinein ohne das mir schlecht wurde.
Plötzlich wurde es wieder dunkel, als wäre Nacht, was bedeutete, das wir in einen Tunnel gefahren sein mussten und ich stand auf um aus dem Fenster zu sehen.
Es dauerte eine Weile, doch dann bahnte sich wieder gleißendes Licht ins Abteil und offenbarte das Kapitol, die Herrscherin von ganz Panem.
Die in allen Farben leuchtenden Häuser, erstrahlten geradezu und ragten in den Himmel.
Überall konnte man glänzende Autos sehen, die über asphaltierte Straßen fuhren und Menschen, die in den verrücktesten Kostümen und Farben herumliefen.
Als die Leute uns entdecken, zeigten sie aufgeregt auf uns und einige Wanken uns sogar zu.
Ich tat nichts, ich stand einfach nur da und sah zu, wie der Zug langsamer wurde und versuchte dabei alles auf mich wirken zu lassen.
Noch nie hatte ich so viele Menschen auf einem Haufen gesehen, vor allem nicht so viele in all diesen Neon Farben, Distrikt 12 konnte sich solche Stoffe nicht leisten, was der Grund war warum fast alle in dunklen und gedämpften Tönen wie braun, grau und schwarz herumliefen.
Zudem gab es in Distrikt 12 nicht so viele Menschen, seit der Rebellion gab es in den Distrikten immer eine niedrige Einwohnerzahl, es gab einfach zu wenig Geburten, was meiner Meinung jedoch zusätzlich dazu beiträgt, sind die alljährlichen Hungerspiele.
Alles in allem, offenbarte sich mir hier eine völlig neue Welt, eine Welt, in der alles bloß ein Spiel zu sein scheint, in der jeder alles hat und dennoch immer mehr will.
Ich hasste diese Welt schon jetzt und wollte einfach nur wieder zurück nach Hause.
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The Hunger Games-Sarah Riley and her life as a tribut
RomanceDas Kapitol hatte Sarah Riley mit ihrem Eintritt als Tribut in die 68. Hungerspiele alles genommen. Sie war allein und musste versuchen in der Arena gegen dreiundzwanzig andere Tribute zu bestehen, nicht einmal ihr Mentor Haymitch war eine große Hil...