Jubel-Jubiläum

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Einige Tage nachdem wir wieder in Distrikt 12 waren, hatte der Präsident die Regeln verschärft.
Der Hob wurde geschlossen, alles was man auf dem Schwarzmarkt hatte bekommen können, wurde uns genommen oder verbrannt.
Die Menschen wurden immer unzufriedener, vor allen nachdem sie den Obersten Friedenswächter ausgetauscht hatten.
Cray, der immer recht nachsichtig gewesen war, der ab und an Katniss ein Eichhörnchen oder andere Tiere abgenommen hatte und der Frauen auf dem Hob mit Geld für sexuelle Dienste bezahlte, wurde nun ersetzt, von einem Mann Namens Thread.
Er hatte ein hartes Gesicht, durchzogen von tiefen furchen und einem brutalen Mund. Er hatte graue Haare, der Kopf fast kahl rasiert, die Augen so schwarz, das sie nur aus Pupillen zu bestehen schienen und eine lange gerade Nase, die rot von der Kälte war.
Ich war gerade raus zum Joggen, als ich vom Hauptplatz schreie hörte.
Ich runzelte die Stirn und lief auf den Tumult, der dort offensichtlich herrschte, zu.
Der Schnee unter meinen Füßen knirschte und mein Atem kam in einer Wolke aus meinem Mund, da ich Joggen wollte, hatte ich nur einen Pullover an, wodurch ich nun fror.
„Nein!" Die Stimme erkannte ich sofort unter all den anderen und meine Schritte wurden schneller.
Ich drückte mich durch die engstehenden Menschen und als ich auf dem Platz ankam, sah ich Gale, Katniss's Freund, angekettet an einem Pfahl, der Rücken überzogen von blutigen Striemen, seine Haut in Fetzen, es war, als würde man sich rohes Fleisch ansehen.
Dann sah ich Katniss, die sich kurz die Wange hielt, ein roter streifen bildete sich auf ihrer linken gesichtshälfte und als ich sah, wie der Oberste Friedenswächter erneut den kräftigen Arm hob, trat ich vor.
„Aufhören!" Erklangen meine und Haymitch's Stimme, der neben mir auch aus der Menge getreten war, gleichzeitig.
Er sah mich kurz von der Seite an und trat zwischen Katniss und Thread.
Ich blieb neben Katniss stehen und sah ernst zu, in der Hoffnung, das Haymitch das würde friedlich regeln können, doch er besah sich zuerst Katniss's Wange und meinte dann: „Na super"
Ich hörte ein klicken und blicke nach oben, Thread hatte eine Waffe gezogen und zielte damit nun auf Haymitch, ich riss geschockt meine Augen auf und stellte mich dazwischen: „Nein" Murmelte ich.
Nun registrierte auch Haymitch was los war, drehte sich wieder zu dem Mann um und hob beschwichtigend die Hände.
„Sie wollen sie nicht erschießen" Sagte er und Thread grinste schief.
„Wie wär's wenn ich euch alle drei erschieße?"
„Hören sie Commander, sie sind neu hier, vertrauen sie mir. Ich versuche ihnen zu helfen, okay? Ich bin Haymitch, das ist Sarah" er deutete auf mich und dann schließlich auf Katniss hinter uns: „Erkennen sie sie? Katniss Everdeen, Liebling des Kapitols?" Thread runzelte leicht die Stirn und sah an Haymitch vorbei, musterte Katniss, die zum Glück den Mund hielt.
Er ließ nun die Waffe sinken und ich atmete auf.
„Sie hat einen Friedenswächter behindert" Krächzte Thread wütend und Haymitch lachte angespannt auf: „Das sie klug ist, hab ich nie gesagt. Hören sie, sie haben ihr schon einen Schlag verpasst, oder?"
„Sie ist ne Unruhestifterin, das reicht noch lange nicht!" Schrie Thread auf und hob erneut die Waffe und zielte nun auf Katniss.
Ich stellte mich dicht zu Haymitch, verbarg das Mädchen so vor Thread und konnte nur hoffen, das er nicht einfach auf uns schießen würde, um an sie heranzukommen.
Plötzlich tauchte Peeta neben uns auf und Thread, der nun sichtlich nervös wirkte, fuhr herum und zielte nun auf ihn.
„Ganz ruhig, ganz ruhig" Sprach Peeta in seinem üblichen Tonfall, der sogar ein wildes Tier beruhigen konnte.
Haymitch schob den Jungen hinter sich und ich ergriff Peetas Arm.
„Eine Frage, glauben sie, das Snow vier tote Sieger will? Darauf läuft's nämlich hinaus. Schlimm genug, das sie am Tag vor der großen Hochzeit, ihr Gesicht verunstaltet haben, lassen sie es gut sein, dann lassen wir es auch gut sein"
Mein Blut rauschte in meinen Ohren und mein Herz pochte wie verrückt, dieser Verrückte sollte endlich die verdammte Waffe sinken lassen!
Thread sah sich um, wonach konnte ich nicht sagen, aber vermutlich ließ er sich das gesagte durch den Kopf gehen.
Anspannung machte sich in seinem Gesicht breit, er biss wütend die Zähne zusammen und ließ die Waffe dann jedoch sinken.
„Alles klar" Hauchte er und Haymitch atmete tief durch.
„Okay" Dann trat er dicht auf Haymitch zu und flüsterte: „Aber das nächste Mal, stellen wir sie dafür an die Wand"
Haymitch nickte: „Ausgezeichnete Idee"
„Es ist mir egal wer sie ist" Flüsterte er noch und schrie dann laut und deutlich: „Räumt den Platz!"
Die Leute verstreuten sich und Thread schrie weiter: „Ich verhänge eine ausgangsperre über euch! Wer nach Einbruch der Dunkelheit draußen ist, wird ohne Vorwarnung erschossen!"
Dann trat er wieder zu uns und meinte leise: „Schaff sie hier weg"
Haymitch nickte und Peeta begann mit Katniss Gale loszubinden und zu stützen.
Katniss zitterte so stark, das ich ihren Platz einnahm und Haymitch den von Peeta, der vorrannte um Katniss's Mutter bescheid zu geben.

Es stellte sich heraus, das Gale wegen Wilderei an den Pranger gestellt worden war, er hatte behauptet, der Truthahn, den er bei sich hatte, wäre über den Zaun geflogen und er hätte ihn mit einem Stock erstochen, was allem Anschein nach immer noch als wildern galt.
Doch hätten sie erfahren, das er im Wald gewesen war, mit Waffen, dann hätten sie ihn sicherlich umgebracht.
Als wir bei Katniss zu Hause ankamen, war der Küchentisch schon geräumt und wir legten Gale darauf nieder.
Prim untersuchte Katniss Auge und meinte dann: „Es muss nicht genäht werden, er hat das Auge nicht getroffen"
Mrs. Everdeen, gab Wasser aus dem Kessel über dem Feuer in eine Schüssel und ließ Prim verschiedene Medikamente aus dem Schrank holen.
Ich sah auf Gales Rücken hinab, es sah schlimm aus, dann blickte ich auf meine Hände und meinen Pullover, alles war voller Blut.
Es war, als wäre ich wieder mitten in einer Arena, Blut, überall war Blut.
Panisch atmete ich schneller, bis ich schließlich aus dem Haus stürmte, erst draußen in der Kälte, konnte ich wieder freier atmen, doch reichte es nicht.
Ich ließ mich in den Schnee fallen und begann meine Hände mit dem kalten, weißen Zeug zu säubern.
„Geht es dir gut?" Ich erkannte Haymitch's Stimme, zuckte dennoch zusammen.
Ich blickte nicht auf, säuberte nur immer weiter meine Hände, dabei war schon gar kein Blut mehr daran, sie glühten nur noch rot durch die Kälte.
Neben mir ging er in die Hocke und packte meine Hände: „Hey, hey, hey. Beruhige dich" Eindringlich sah er mich an, erst jetzt wurde mir irritierenderweise bewusst, das er nur ein blaues Hemd trug, was mir zeigte, das auch er erst aus seinem Haus gekommen war, nachdem er die Schreie gehört hatte.
Er fror ganz bestimmt mehr als ich.
Mir wurde bewusst, wie warm seine Hände waren, die meine hielten, wie hell seine Augen aussahen.
Noch immer schwer atmend sah ich ihm in die Augen, erkannte Besorgnis, doch ehe ich ihm erklären konnte, was der Grund war, weshalb ich so panisch war, entdeckte ich eine kleine Tasse neben ihm im Schnee.
Mit gerunzelter Stirn entzog ich ihm meine Hände und griff danach, roch am Inhalt und erkannte Schnaps.
Ich war eine Närrin, hatte ich etwas anderes erwartet?
Ich grinste über mich selbst, schüttelte über meine Dummheit den Kopf und reichte ihm seine Tasse.
Verwirrt nahm er sie entgegen.
„Es ist alles in Ordnung Haymitch. Trink deinen Schnaps, der hält wenigstens warm" Ich stand auf und ging zurück ins Haus, ließ ihn auf dem Boden hockend in der Kälte zurück.

Drinnen, war es nun etwas ruhiger, Gale hatte eine Spritze mit Morfix bekommen, seine Wunden waren gereinigt und Peeta holte Schnee, der zerstanzt wurde und dann auf die Wunden gegeben wurde um zu kühlen.
Ich wurde hier nicht mehr gebracht, hatte auch vorher nicht viel getan, also verließ ich das Haus durch den Vordereingang um Haymitch nicht erneut über den Weg zu laufen und ging nach Hause.

Am Nachmittag sollte die Losung für das diesjährige Jubel-Jubiläum sein und ganz Panem würde dabei zusehen.
Ich saß auf meinem Sofa vor dem Bildschirm und hörte gebannt zu, was sich der Präsident neues für die Tribute ausgedacht hatte.
Die Nationalhymne ertönte und Snow trat auf die Bühne, ihm folgte ein Junge in weißem Anzug, er trug eine schlichte Holzkiste.
Die Hymne verklang und Snow begann mit seiner Rede.
Er erinnert uns an die Dunklen Tage, aus denen die Hungerspiele hervorgegangen sind.
Als die Gesetzte der Spiele aufgestellt wurden, so sagte der Präsident, wurde festgehalten, das alle fünfundzwanzig Jahre ein Jubel-Jubiläum stattfinden sollte.
Denn dann, sollte es eine großartigere Version der Spiele geben, um die Erinnerung an jene aufzufrischen, die in den Aufständen der Distrikte getötet wurden.
Dann erzählte er von den vergangenen Jubel-Jubiläen: „Am fünfundzwanzigsten Jahrestag, als Erinnerung für die Rebellen daran, das ihre Kinder sterben mussten, weil sie den Weg der Gewalt beschritten hatten, wurde in jedem Distrikt eine Wahl abgehalten, in der darüber entschieden wurde, welche Tribute den jeweiligen Distrikt vertreten sollten"
Ich fragte mich was für ein Gefühl es für die Menschen gewesen sein musste, ihre eigenen Kinder auswählen zu müssen, selbst entscheiden zu müssen, wer gehen und wer bleiben durfte.
Ich konnte es mir nicht vorstellen.
„Beim fünfzigsten Jubiläum" Fuhr der Präsident fort „Musste jeder Distrikt, als Erinnerung daran, das für jeden Bewohner des Kapitols zwei Rebellen starben, doppelt so viele Tribute entsenden"
Das war das Jahr in dem Haymitch gewonnen hatte und der Gedanke daran, das er es mit siebenundvierzig anderen aufgenommen hatte und letztendlich auch gewann, war unglaublich und ebenso verstörend.
„Und jetzt, begehen wir in allen Ehren das dritte Jubel-Jubiläum" Sprach der Präsident weiter und der kleine, weißgekleidete Junge trat vor und hob den Deckel von dem Kästchen.
Darin befanden sich unzählige Zettel, auf denen immer wieder etwas anderes draufstand, was dieses Mal bei den Spielen passieren sollte.
Der Präsident zog einen Umschlag heraus und öffnete ihn, dann sprach er wieder ins Mikro: „Am fünfundsiebzigsten Jahrestag werden als Erinnerung für die Rebellen daran, das nicht einmal die Stärksten unter ihnen die Macht des Kapitols überwinden können..."
Ich runzelte die Stirn, ahnte nichts gutes, ich verspannte mich und beugte mich auf dem Sofa nun etwas vor, stützte meine Ellenbogen auf den Beinen ab, lauschte.
„... die männlichen und weiblichen Tribute aus dem bestehenden Kreis der Sieger ausgelost, zudem wird auch in diesem Jahr, jeder Distrikt die doppelte Menge anTributen entsenden"
Ich spürte die Tränen nicht, die meine Wangen hinabliefen, spürte den Schmerz in meinem Innern nicht, ich nahm gar nichts mehr um mich herum war, das Blut rauschte in meinen Ohren, mein Körper war wie taub.
Die Stärksten unter ihnen, es war so klar, die stärksten in den Distrikten, waren nun einmal die, die schon einmal in der Arena gewesen waren und sie überlebt hatten.
Snow wollte Katniss aus dem Weg räumen und wenn ich nicht wäre, dann müssten auch nicht zwei in die Arena, denn dann wäre Katniss der einzige weibliche Sieger gewesen, doch nun...
Wir würden alle vier gezogen werden, welch eine Farce, alle vier mussten wir in die Arena und nur einer durfte wieder raus? Und das hieß noch nicht einmal, das dieser eine, einer von uns wäre.
Mir entwich ein erstickter laut, es war, als würde er nicht von mir kommen, ich erhob mich, doch brach ich sofort wieder vor meinem Sofa auf dem Teppich zusammen.
Nun spürte ich den Schmerz, fühlte die Tränen, die Taubheit ließ mit deutlicher Geschwindigkeit nach, sodass ich alles überdeutlich wahrnahm.
Verzweifelt schluchzte ich auf, ließ den Tränen freien lauf.

Nach einer Ewigkeit wie mir schien, rappelte ich mich auf, wusch mein Gesicht, setzte wieder die übliche Maske der Gleichgültigkeit auf, die ich die letzten sechs Jahre über getragen hatte.
Es war komisch, denn obwohl ich sie so lange getragen hatte, passte sie nun nicht mehr ganz, es war, als hätte sie einen Sprung, sodass sie keinen richtigen halt mehr hatte.
Ich versuchte dennoch gefasst auszusehen, als ich nach meinem Mantel griff und in die Dunkelheit hinaustrat.
Es herrschte ein starker Schneesturm, sodass mir die Flocken wild um die Ohren flogen, der Wind mein Haar zerzauste und mein Innerstes erfror.
Als ich bei Haymitch's Tür ankam, klopfte ich nicht, er hatte vermutlich eh wieder nicht abgeschlossen, sondern trat einfach ein.
Ich zog den Mantel aus, hängte ihn zusammen mit meinem Schal auf und betrat sein Wohnzimmer.
Er saß vor dem Kamin und dort wo der Bildschirm für Snows Übertragung war, lagen Glassplitter am Boden.
„Du kommst also auch? Dachte ich es mir doch. Alle kommen sie zu mir" Murmelte Haymitch und nahm einen Schluck aus seiner Flasche.
Die Maske begann wieder zu rutschen und ich versuchte mich zu fassen, ging zu ihm und griff nach der Flasche in seiner Hand.
„Hey!" Ich hörte nicht zu, sondern trank einen kräftigen Schluck und atmete dann laut ein, als das Gesöff in meinem Hals brannte und es sich kratzig anfühlte.
Wie konnte er solch ein Zeug nur freiwillig trinken?
Überrascht blickte er mich an: „Süße, ich denke du trinkst nicht"
„Tue ich auch nicht und nenn mich nicht Süße" Ich nahm noch einen Schluck, ehe ich ihm die Flasche wiedergab.
„Peeta war der erste, der hierher kam" Begann Haymitch zu erzählen, ohne das ich ihn danach gefragt hätte.
„Er war der Meinung, da ich Katniss beim letzten Mal durch die Arena geholfen habe und nicht ihm, schulde ich ihm etwas"
Ich setzte mich ihm gegenüber, sah gebannt in die Flammen seines Kamins und lauschte seinen Worten.
„Er wollte, dass wir zusammen versuchen, Katniss da rauszuholen. Etwa fünfundvierzig Minuten danach, kam das Mädchen. Wollte, dass ich mich selbst opfere wenn erforderlich, alles tue was nötig ist um Peeta das Leben zu retten"
Er brach ab, verstummte, nahm einen Schluck.
„Was hast du ihnen gesagt?"
Er lachte auf: „Was schon, ihm habe ich das eine versprochen, ihr das andere. Aber was sie auch tut, sie wird diesen Jungen auch in hundert Leben nicht verdienen"
Ich ließ meinen Blick nun zu ihm gleiten, versuchte zu erahnen, was in ihm vorging, wie er sich fühlte.
„Und was sagst du über mich? Ich bin die letzte, die hergekommen ist, was sagt das über mich aus?"
Er sah mir in die Augen und schmunzelte.
„Was soll mir das schon sagen, was ich noch nicht weiß. Du hast niemanden für den ich mich opfern soll. Du bist nicht hier, weil du mich um etwas bitten willst, nein, du bist aus einem anderen Grund hier. Du willst nicht alleine sein" Er richtete sich ein wenig in seinem Sitz auf und sah mich eindringlich an.
Es war, als könnte er in mein Innerstes sehen, meine Seele erfassen und das machte mir Angst.
Ich blieb noch immer verschlossen, ließ ihn nicht an mich heran.
„Um ehrlich zu sein, bin ich auch wegen einer Bitte hier"
Haymitch hob fragend und leicht überrascht eine Augenbraue.
„Hilf mir, diese beiden da rauszuholen. Ich verlange nicht, das du dich dafür opferst, das würde ich nie. Aber sie sind so jung, haben gerade erst eine solche Tortur hinter sich gebracht und sollen nun doch sterben?"
Haymitch beugte sich noch näher zu mir, sein Gesicht war meinem nun ganz nahe und er hauchte: „Und was ist mit dir? Süße, würdest du selbst sterben, um einen von ihnen zu retten?"
Ich nickte: „Ja"
Ernst war sein Blick, zerknirscht, dann lehnte er sich wieder etwas zurück.
„Nun, ich habe einen Plan, allerdings muss er noch ein wenig verfeinert werden, ich brauche Hilfe..."
„Egal was für ein Plan es ist Haymitch, ich bin dabei!" unterbrach ich ihn.
„Süße, ich bin überrascht, das du das wirklich tun willst, aber ich werde mehr Hilfe brauchen fürchte ich. Aber mach dir darüber keine Gedanken, das kläre ich wenn es soweit ist. Jetzt will ich nur, das du mir versprichst, nicht dein Leben zu riskieren, wenn wir in der Arena sind"
Ich stand auf, jedoch ein wenig zu schnell, der ungewohnte Alkohol, den ich getrunken hatte, störte mein Gleichgewichtssinn, doch Haymitch stand bereits vor mir und hielt mich fest.
Es fühlte sich gut an, von ihm gestützt zu werden, vor allem, wenn ich so wie jetzt völlig am ende war, aber ich durfte mir diese Schwäche nicht erlauben.
„Dieses Versprechen, kann ich dir nicht geben. Haymitch, wir wurden betrogen, Ich wurde betrogen! Ich habe nun nichts mehr zu verlieren. Snow, er hat mich in dem Glauben gelassen, ich würde ihn wiedersehen, ihn wieder bei mir haben. Aber das war gelogen. Nun weiß ich, das dies nie mehr geschehen wird. Und für Katniss und Peeta, würde ich alles geben, auch mein Leben wenn sein muss"
Ich vermied es zu ihm aufzublicken, viel zu deutlich war mir seine Nähe bewusst.
„Warum?" Hauchte er.
Ich spürte die Tränen, die erneut meine Wange hinabliefen, spürte wie sie mir die Kehle zuschnürten als ich versuchte zu antworten.
„Man sagt doch, man kann sich seine Familie nicht aussuchen, das ist gelogen" Flüsterte ich.
„Ihr seit meine Familie, du Katniss und Peeta, ihr habt euch ganz leise und heimlich in mein Leben geschlichen und ich werde alles tun um meine neue Familie besser zu beschützen"
Ich spürte, wie Haymitch's griff um meinen Arm fester wurde, darum löste ich mich von ihm und trat zwei Schritte zurück, nun schaffte ich es auch ihn wieder anzusehen und was ich sah, war Fassungslosigkeit, Unglaube, Freude und etwas, das ich nicht benennen konnte, etwas tiefes und starkes.
Ich flüchtete, griff nach meinem Mantel und meinem Schal und wollte die Tür nach draußen öffnen, als Haymitch plötzlich hinter mir stand, ich drehte mich schnell zu ihm um und hob die Hand.
„Nein, berühr mich nicht" Er stockte in seiner Bewegung, ich hatte also doch recht gehabt, er hatte vorgehabt mich anzufassen und das konnte ich im Moment nicht ertragen.
„Ich bin im Moment schwach und verletzt, ich könnte etwas tun das wir beide hinterher bereuen, etwas das völlig falsch wäre" Gab ich leise von mir und traute mich erneut nicht ihm in die Augen zu sehen, viel zu sehr hatte ich Angst davor, was ich darin erkennen könnte, viel zu sehr hatte ich Angst davor, was er in meinen Augen erkennen könnte.
„Dann solltest du jetzt vielleicht gehen" Murmelte er und ich nickte
„Ja das sollte ich" Ich wandte mich wieder ab, öffnete die Tür und verließ die Wärme, betrat die Kälte.
Ich wanderte langsam durch den Schnee, den ich durch den Lauten Sturm nicht einmal unter meinen Füßen knirschen hörte, bis plötzlich Haymitch seine Haustür hinter mir mit einemlauten Knall öffnete.
Überrascht fuhr ich herum, wurde da jedoch schon von kräftigen Armen festgehalten und umarmt.
Verwirrt, stand ich wie erstarrt da, spürte seine Wärme, durch sein dünnes Hemd, genoss, wie es roch.
„Du bist nicht mehr allein, weißt du?" Flüsterte er mir ins Ohr und ich lauschte seinen Worten.
„Du bist nun auch meine Familie und ich lasse nicht zu das dir etwas passiert"
Geschockt, von seinen Worten, zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen und schließlich hob auch ich meine Arme und erwiderte seine nähe.

The Hunger Games-Sarah Riley and her life as a tributWo Geschichten leben. Entdecke jetzt