Nach all den Jahren hatte ich mich wohl an die Geschwindigkeit des Zuges gewöhnt, denn mir wurde mittlerweile nicht mehr übel.
Nach einer Stunde fahrt, klopfte Effie an mein Abteil um mir mitzuteilen, das das Abendessen serviert wurde.
Es war eine höfliche Geste, allerdings konnte sie nie wissen, ob ich auch wirklich erscheinen würde.
Oft, viel zu oft habe ich mich vor zu viel nähe zu den Tributen gedrückt, bei diesen beiden jedoch, hatte ich das Gefühl, das ich dabei sein sollte.
Als ich den Speisewagen betrat, saßen Katniss, Peeta und Effie bereits am Tisch und aßen.
„Wenigstens habt ihr beide anständige Manieren" Begann Effie zu erzählen.
„Das Paar vom letzten Jahr aß alles mit bloßen Händen, wie die Wilden. Das hat meine Verdauung völlig durcheinandergebracht"
Ich verzog mein Gesicht und setzte mich ans Fenster rüber, Hunger hatte ich im Moment ohnehin nicht.
Ich sah aus den Augenwinkeln, das das Mädchen nach Effies Kommentar Messer und Gabel beiseite legte und mit den Händen weiter aß.
Ich verkniff mir ein schmunzeln, hatte ich doch so das Gefühl, das sie dies nur tat, um Effie eins reinzuwürgen.
Immerhin waren soweit ich mich erinnerte, die Tribute aus dem letzten Jahr zwei Kinder aus dem Saum gewesen, die nie in ihrem Leben genug zu essen gehabt hatten und wenn es dann mal genug gab, dann waren Manieren wohl ihre kleinste Sorge gewesen.
Es dauerte nicht lange, als die Kinder mit essen fertig waren, da wechselten wir das Abteil um uns die anderen Ernten anzusehen.
Ich für meinen Teil saß wieder nur am Fenster in einem Sessel und starrte hinaus.
Das Bedürfnis wie Effie mitanzusehen, wie die anderen Tribute ausgelost wurden, hatte ich nicht.
Als sie im Fernsehen die Stelle brachten, wo Haymitch von der Bühne viel, begann Effie erneut zu sprechen: „Euer Mentor muss noch viel über Moderation lernen. Und darüber, wie man sich im Fernsehen benimmt"
Ich verzog mein Gesicht, wandte jedoch meinen Blick nicht vom Fenster ab.
Peeta lachte auf: „Er war betrunken, er ist jedes Jahr betrunken"
„Jeden Tag" Fügte Katniss grinsend hinzu.
„Ja" Fauchte Effie.
„Merkwürdig, das ihr beide das so amüsant findet. Vergesst nicht, das er euer Mentor bei diesen Spielen eure Rettungsleine zur Welt ist. Er ist derjenige, der euch berät, eure Sponsoren organisiert und bestimmt, wann ihr eure Geschenke erhaltet. Haymitch kann für euch den unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten!"
Genau in diesem Moment kam Haymitch ins Abteil getorkelt und ich blickte gelangweilt zu ihm hinüber: „Hab ich das Abendessen verpasst?" lallte er, dann erbrach er sich auf den Teppich und viel vornüber direkt in sein erbrochenes.
„Lacht ihr nur!" Sagte Effie.
„Aber wir haben doch zur Not noch eine andere Mentorin" Entgegnete Peeta.
„Sie ist bestimmt nicht betrunken"
Ich spürte die blicke aller auf mir und sah sie ebenfalls gelangweilt an, ehe ich mich wieder dem Fenster zuwandte.
„Glaubt mir, da stehen eure Chancen mit Haymitch als Mentor besser" Erwiderte Effie, ehe sie aus dem Raum flüchtete.
Der Gestank nach erbrochenem verbreitete sich im Zimmer und ich musste schlucken.
„Bin ich gestolpert?" Fragte Haymitch.
„Das riecht aber übel"
Wütend auf ihn, obwohl diese Situation schon nichts ungewöhnliches mehr war, stand ich auf und ging auf die Tür zum Abteil zu.
Haymitch wischte sich mit der Hand über die Nase und schmierte den Schleim, den er Erbrochen hatte überall hin, erneut schluckte ich und verließ angeekelt den Raum.
Vor der Tür atmete ich erst einmal durch, dann ging ich zurück in mein Abteil und schloss die Tür heftig hinter mir.
Gedankenverloren ließ ich mich auf das Bett fallen und ließ den Tag an mir vorbeiziehen.
Blut Quoll aus einer Wunde an meiner Seite, schmerzen bereiteten sich in meinem ganzen Körper aus, stöhnend saß ich am Boden und wartete auf den Tod.
Der Geruch von feuchter Erde stieg mir in die Nase, verzweifelt tastete ich über den schlammigen Grund und suchte nach einer Waffe, die ich nicht finden konnte.
„Das hier ist eine Show, die Leute wollen etwas sehen, warum zeigen wir ihnen nicht etwas, das sie nie vergessen werden?"
Grob wurde ich am Haar gepackt und nahe an eine bekannte Gestalt gezogen.
Ich erkannte ihn sofort, Panik machte sich in mir breit, Angst und Verzweiflung.
Das konnte doch nicht echt sein, das konnte nicht schon wieder geschehen.
„Ich sagte ja, du gehörst mir"
Ein Grinsen breitete sich in seinem Gesicht aus und mit einem Mal spürte ich wie er an meiner Hose zu zerren begann, geschockt wehrte ich mich und schlug um mich, biss ihm in den Arm, sodass er aufschrie und mir ins Gesicht schlug.
Seine Hand lag nun an meinem Hals und drückte zu, ich bekam kaum noch Luft und rang verzweifelt darum, seine Hand fortzuzerren.
„Du weißt gar nicht, wie lange ich auf diesen Moment warten musste und endlich sind wir allein, niemand kann und wird mich davon abhalten"
Mit einem Schrei fuhr ich aus dem Schlaf und setzte mich in meinem Bett auf, das Messer das ich immer bei mir trug, griffbereit.
Als ich realisierte, das ich eingeschlafen sein musste, atmete ich tief ein und aus, versuchte die Geister der Vergangenheit zu vertreiben, die mich Nacht für Nacht heimsuchten.
Fahrig strich ich mir das Haar aus der schweißnassen Stirn und biss die Zähne zusammen, es war als würde alles zurückkehren, die Schmerzen, das Leid, der Tod.
Verzweifelt schloss ich die Augen, versuchte mich erst einmal zu beruhigen, ehe ich aufstand um mich zu Duschen.
Es war noch gar nicht richtig hell draußen, das hieß es musste noch sehr früh sein, vermutlich schliefen die anderen noch.
Unter der Dusche stützte ich mich an der Wand ab, schloss die Augen, ließ das kalte Wasser auf meinen Körper regnen und genoss es wie die Kälte mich durchdrang.
Kälte, das zeigte mir wenigstens, das ich noch am Leben war, das dies hier kein Traum war der mich Quälte.
Obwohl das Leben an sich schon Qual genug war, war es doch beruhigend diese Erkenntnis zu haben.
Ein Klopfen ertönte an meiner Zimmertür, welches nur gedämpft zu mir ins Bad durchdrang, dann erklang die fröhliche Stimme von Effie Trinket: „Sarah Liebes, das Frühstück ist serviert"
War wirklich schon soviel Zeit vergangen seit ich unter die Dusche gegangen war?
Ich runzelte die Stirn, stellte das Wasser ab und verließ die Dusche.
Als ich die Gänge zum Speisewagen entlang ging, kam mir Effie aufgebracht murmelnd und mit einem Kaffee in der Hand entgegen gehastet.
Ich brauchte sie nicht wirklich fragen was passiert war, nein, ich konnte mir schon denken dass es etwas mit Haymitch zu tun hatte und als ich den Speisewagen betrat und sein zufriedenes -sowie Peeta's peinlich berührtes Gesicht sah, wurde mir meine Vermutung bestätigt.
Als ich mich an den Tisch zu den dreien setzte, kam ich nicht umhin festzustellen, das Haymitch's Gesicht ein wenig aufgedunsen aussah, vermutlich durch seine Sauferei am gestrigen Tag.
Kaum saß ich, wurde mir eine riesige Platte mit essen serviert.
Eier, Schinken, haufenweise Bratkartoffeln, eine schale mit Obst stand im Eis, damit die Früchte schön kühl blieben und ein riesiger Korb mit Brötchen.
Ich griff nach der Schale mit Obst, denn immer zu dieser Jahreszeit verflog mein Hunger Zusehens.
Aus den Augenwinkeln, sah ich wie Katniss skeptisch ihre Schokolade beäugte, dann sagte Peeta: „Das ist heiße Schokolade, ist lecker"
Daraufhin trank sie ein Schlückchen, was sie so zu entzücken schien, das sie die gesamte Tasse in einem Zug austrank.
Alle begannen zu Essen, außer Haymitch, der seine Platte kaum angerührt hatte und bloß einen roten Saft hinunterkippte, den er mit dem Alkohol aus seiner Tasche verdünnt hatte.
„Sie sollen uns also mit Rat und Tat zur Seite stehen" Sagte Katniss zu mir und Haymitch.
Ich aß Seelenruhig mein Obst weiter, doch Haymitch prustete los: „Hier hast du deinen Rat: Bleib am Leben"
„Sehr witzig" Entgegnete Peeta gereizt, dann schlug er Haymitch das Glas aus der Hand und ich verschluckte mich fast an einem Stück Obst.
Zu sehr erinnerte mich diese unbedachte, aus Wut resultierende Handlung an mich früher.
Das Glas zerschellte auf dem Boden und die blutrote Flüssigkeit bahnte sich einen Weg zum hinteren Teil des Zuges.
„Nur- wir können darüber gar nicht lachen"
Ich legte meine Gabel beiseite, blickte zu Haymitch auf, artete auf seine Reaktion, dieser schien einen Moment zu überlegen, ehe er Peeta einen Kinnhaken verpasste, was mich nur meinen Kopf schütteln ließ.
Als Haymitch dann wieder nach seiner Schnapsflasche greifen wollte, rammte Katniss ihr Messer in den Tisch, genau zwischen seiner Hand und der Flasche und verfehlte seine Finger nur um Haaresbreite.
Mein Mundwinkel zuckte, als ich aufstand um Peeta auf die Beine zu helfen, Haymitch dagegen, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und schaute die beiden mit zusammengekniffenen Augen an.
„Was haben wir denn da? Hab ich dieses Jahr etwa zwei Kämpfer gekriegt? Das kommt wahrlich nicht oft vor" Er ließ kurz seinen Blick zu mir wandern, ehe er wieder die beiden Kinder in Augenschein nahm.
Als Peeta wieder auf den Füßen stand, griff er sich etwas von dem Eis das unter dem Obst lag und kühlte sein bereits angeschwollenes Kinn.
„Nein. Die Leute sollen deinen Bluterguss ruhig sehen. Dann denken sie, du wärst bereits mit einem anderen Tribut aneinandergeraten, bevor es überhaupt in die Arena geht" Hielt ihn Haymitch ab.
„Das verstößt gegen die Regeln" Entgegnete Peeta und ich setzte mich wieder, lauschte still der Konversation.
„Nur wenn man sich erwischen lässt. Dieser Bluterguss bedeutet, das du gekämpft hast und wenn sie dich nicht erwischt haben, umso besser" Dann wandte sich Haymitch an Katniss.
„Kannst du mit dem Messer da auch noch etwas anderes treffen als den Tisch?"
Daraufhin zog sie das Messer aus dem Tisch, hielt es an der Klinge fest und warf es an die gegenüberliegende Wand.
Dort blieb es genau zwischen zwei Paneelen hängen, was sie jedoch selbst ein wenig zu überraschen schien.
Ich Erhob mich, und begab mich in wieder in den Sessel am Fenster, jedoch beobachtete ich gespannt, wie diese Szene weiterging.
„Stellt euch hierher, alle beide" Sagte Haymitch und deutete mit dem Kopf in die Mitte des Abteils.
Die beiden gehorchten und er begann sie zu umkreisen, wie ein Raubvogel seine Beute, stupste sie hier und da mal an um ihre Fitness zu testen und musterte sie kritisch.
„Nun, ihr beiden seit in Form und die Stylisten werden schon das beste aus euch rausholen. Alles in allem, seit ihr recht passabel"
Erneut umkreiste er sie ehe er weitersprach: „Na gut, ich mache einen Deal mit euch. Ihr mischt euch nicht in meine Sauferei ein und ich bleibe nüchtern genug, um euch zu helfen. Aber ihr müsst genauestens befolgen was ich euch sage"
„Prima" Sagte Peeta und Katniss fragte: „Dann helfen sie uns? In der Arena, vor dem Füllhorn, was ist da die beste Strategie, um..."
Haymitch hob lachend die Hände und ich kam nicht umhin zu denken, dass er sehr gut aussah, wenn er dies tat.
„Eins nach dem anderen. In ein paar Minuten fahren wir in den Bahnhof ein. Ihr werdet euren Stylisten übergeben. Und ich sage euch, ich spreche aus Erfahrung, es wird euch nicht gefallen was sie mit euch veranstalten. Doch was es auch ist, lasst es über euch ergehen"
Es waren genau dieselben Ratschläge, die Haymitch auch mit einmal gab, vermutlich gab er sie jedem Tribut, der nur den Mut hatte zu Kämpfen.
„Aber..." Protestierte Katniss, doch unterbrach Haymitch sie: „Kein Aber. Lasst es über euch ergehen"
Dann ergriff er die Schnapsflasche auf dem Tisch und ich stand auf, da ich wusste, das er nun den Speisewagon verlassen würde und folgte ihm.
Auf dem Gang wurde es mit einem Mal dunkel wie die Nacht, da der Zug gerade durch den Tunnel zum Bahnhof des Kapitols fuhr.
„Meinst du die beiden haben eine Chance?" Fragte ich in die Dunkelheit hinein.
Die Schritte vor mir, erklangen ungerührt weiter und man sollte meinen, das ein Mann in seinem Zustand ein wenig mehr Probleme hatte sich in einem schmalen, dunklen Gang zu bewegen.
„Nun, nicht mehr als irgendein anderer. Aber die beiden wollen es zumindest versuchen und das ist es was wert" Seine Schritte verstummten und ich lief langsamer, weil ich nicht genau wusste, wo genau er stand.
„Aber was kümmert es dich? Seit wann hast du so großes Interesse an den Tributen, man sollte meinen in den Jahren hättest du es aufgegeben?" Seine raue Stimme erklang direkt neben mir und ich blieb stehen, sah in die Richtung in der ich ihn vermutete und fragte: „Und du? Man sollte meinen, du hättest es auch aufgegeben"
„Wer weiß. Die beiden scheinen recht entschlossen, vielleicht hat mich das ja nur an jemanden erinnert, der ähnlich entschlossen war es wenigstens zu versuchen"
Ich verzog mein Gesicht, wandte mich ab und lief den dunklen Gang weiter, als der Zug begann langsamer zu werden und das Licht wieder durch die Fenster hereinströmte, lachte Haymitch hinter mir spöttisch auf.
„Ich hätte nicht gedacht, das du einfach flüchtest"
Ich verzog noch stärker mein Gesicht, wandte mich zu ihm um und zischte wütend: „Ich flüchte nicht!"
Überrascht hob er eine Braue: „Endlich zeigst du mal wieder ein wenig von dem alten Feuer das in dir steckt. Ich hatte schon befürchtet, es sei dir in den letzten Jahren abhanden gekommen"
Ich biss fest die Zähne zusammen, ehe ich mich wieder abwandte und den Gang verließ.
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The Hunger Games-Sarah Riley and her life as a tribut
RomanceDas Kapitol hatte Sarah Riley mit ihrem Eintritt als Tribut in die 68. Hungerspiele alles genommen. Sie war allein und musste versuchen in der Arena gegen dreiundzwanzig andere Tribute zu bestehen, nicht einmal ihr Mentor Haymitch war eine große Hil...