drohungen

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Ich wurde von meinem Vorbereitungsteam aufgemotzt und zurechtgemacht.
Fingernägel wurden gefeilt und lackiert, mein Haar wurde frisiert, ich wurde in ein schönes Kleid gesteckt, das ich mir nicht einmal genau angesehen hatte und nun befand ich mich in einem mir völlig fremden Raum und wartete darauf, das der Präsident mich zu sich rief.
Es war wie ein schrecklicher Traum, ein Albtraum aus dem man einfach nicht erwachen wollte, nur der endlose Fall in die Tiefe würde mich wecken, aber der blieb einfach aus.
Es war, als würde ich über dem Abgrund schweben, alles erschien mir so unwirklich.
Ein Mann in einem Schwarzen Sakko und rotem Hemd darunter, kam auf mich zu und wies mir den Weg durch einen Flur und deutete dann auf eine Tür geradeaus.
Langsam ging ich auf die Tür zu, klopfte an und wartete auf eine Antwort.
„Herein" Erklang eine männliche und etwas rauchige Stimme.
Ich öffnete die Tür und trat in einen großen Raum, der aussah wie ein Arbeitszimmer, überall waren Regale mit Büchern, ein überdimensionaler Schreibtisch, hinter dem Präsident Snow stand und durch ein Fenster sah, das die ganze Wand einnahm.
Unschlüssig blieb ich stehen und wartete.
„Meinen Glückwunsch Miss. Riley. Sie haben hart gekämpft und gewonnen" Snow drehte sich zu mir herum, seine blauen Augen wirkten eiskalt in seinem faltigen Gesicht.
Ich schwieg, ein Dankes Spruch kam mir nämlich nicht richtig vor.
Zum einen weil ich nicht das Gefühl hatte, das er es ernst meinte und zum anderen, weil es in Anbetracht der Tatsache das dafür andere hatten sterben müssen makaber gewirkt hätte.
Ein schwaches lächeln legte sich um seinen Mund, doch schien auch das nur aufgesetzt zu sein.
„Miss. Riley, wie ihnen mein Oberster Spielemacher sicherlich mitgeteilt hatte, bin ich nicht gerade erfreut über gewisse Entwicklungen die zu ihrem Sieg geführt haben"
Fragend sah er mich an: „Sicherlich wissen sie schon um welche es sich handelt?"
Ich nickte: „Ich denke schon, mir wurde mir mitgeteilt, das ihnen der Tod von Amber Jordan nicht gefallen hätte, aber es war ein fairer Kampf. Das sie ins Kraftfeld der Arena gefallen ist, war eher Zufall"
„Sind sie sich da sicher Miss. Riley? Als Zufall kann man das nicht unbedingt bezeichnen, immerhin sind sie doch ziemlich zielstrebig auf den Rand der Arena zu gerannt, oder irre ich mich da?" Seine Stimme klang freundlich, doch wusste ich das dies alles nur Heuchelei war, ich musste vorsichtig sein, mit dem was ich sagte.
Natürlich bin ich mit voller Absicht auf das Kraftfeld zugelaufen, doch musste ich es ihm ja nicht auch noch bestätigen.
„Ich gebe zu, das ich zielstrebig vor ihr weggerannt bin, aber nicht das ich sie mit berechnender Kalkül ins Kraftfeld gestoßen habe. Sir, es war wirklich nur ein unglücklicher Zufall"
Snow strich sachte über das dunkle Holz seines Tisches und sah mich dann wieder fest an.
„Nun ich glaube nicht an Zufälle Miss. Riley. Aber sei es wie es sei, der zweite Grund war ihr Mittribut Mr. Erding. Das was in der Arena beinahe geschehen war, konnte das Kapitol nicht dulden, dies ist eine Show, die Leute wollen zwar sehen, wie die Tribute sich gegenseitig bekämpfen und wie einer am Ende gewinnt, aber niemand will eine Vergewaltigung sehen Miss. Riley"
Ich runzelte verwirrt die Stirn: „Aber was James beinahe getan hat, hat nichts mit mir zu tun Sir. Ich kann nichts für seine Entscheidungen"
„Nein, sicherlich nicht, Fakt jedoch ist, das wir alles, was Mr. Erding getan hat, ausblenden mussten. Wissen sie wie unerfreulich es für uns war, das wir nicht einmal seinen Tod richtig senden konnten. Wir mussten warten, bis sie sich soweit wieder hergerichtet hatten, wie gesagt Miss. Riley, niemand will so etwas Life im Fernsehen sehen, das würde die Illusion zerstören"
Die Illusion von legalen Morden? Am liebsten hätte ich diesem Mann einmal selbst gezeigt, was es hieß in der Arena zu sein und um sein Überleben zu kämpfen.
„James Erding ist Tod und auch wenn er gewonnen hätte, hätte er sterben müssen, niemand will einen solchen Sieger. Es ist gut, das sie gewonnen haben Miss. Riley, jedoch müssen sie dafür die Konsequenzen tragen" Erklärte er mir gerade.
Ich lachte wütend auf und er hob fragend eine Augenbraue.
„Habe ich nicht schon die Konsequenzen getragen Sir? Wie ich erfahren habe, ist meine Schwester Tod und was mit meinem Bruder ist, konnte mir niemand sagen, was..."
„Miss. Riley Ihr Bruder befindet sich zurzeit in unserem Gewahrsam" unterbrach er mich und ich blickte ihn fassungslos an.
„Und dort wird er auch bleiben, so lange, wie ich denke das es von Nöten sein wird"
„Was soll das heißen, solange wie von Nöten? Was muss ich tun?" Fragte ich ihn geradeheraus.
Hass auf diesen Mann brach sich durch meine mühsam aufgebaute Mauer, ich wollte das er starb, das sie alle starben, das gesamte Kapitol sollte brennen, es wäre mir egal gewesen.
„Sie sollen nur schweigen Miss. Riley. Ich will, das niemand jemals erfährt, was in der Zeit, die wir rausgeschnitten haben, geschehen ist. Sollte es dennoch je jemand erfahren, dann werden sie ihren Bruder niemals wiedersehen"
Verzweifelt blickte ich aus dem großen Fenster hinter ihm, das hereinfallende Licht war nicht echt, der Himmel draußen war nicht echt, es war, als würde plötzlich alles stillstehen, nichts erschien mir in diesem Moment so real wie mein eigener Herzschlag, der viel zu schnell in meiner Brust schlug.
„Haben sie mich verstanden Miss. Riley?" Fragte die kratzige Stimme des Präsidenten.
Ich nickte leicht und sagte dann leise: „Ja Sir"
„Gut" Er setzte sich nun an seinen Schreibtisch und wies mit seiner Hand auf die Tür hinter mir.
„Sie können nun gehen, soweit ich weiß, haben sie noch einen Auftritt. Viel Glück Miss. Riley"
Stocksteif und mit zitternden Knien verließ ich den Raum, draußen wurde ich schon vom selben Mann erwartet, der mich schon hierhergeführt hatte und dieser brachte mich dann zu den Aufzügen.

Die Hymne von Panem dröhnt mir in den Ohren und ich hörte wie aus weiter Ferne die Stimme von Caesar Flickerman, der die Zuschauer anheizte, dann hatte mein Vorbereitungsteam einen kleinen Auftritt, dann Effie und sie schien ihn regelrecht zu genießen, dann erschien Haymitch und die Menge tobte, anscheinend war er beliebter als ich bisher angenommen hatte.
Ich hatte mir bisher nie wirklich das geschehen nach den Spielen auf den riesigen Leinwänden in Distrikt 12. Angesehen, also konnte ich es auch nicht richtig beurteilen.
Ich stehe auf einer Metallscheibe und warte bis ich auf die Bühne gehoben wurde, was nach Haymitch dann auch der Fall war.
Ich wurde geblendet, all das erinnerte mich erschreckend an den Eintritt in die Arena, erst die Metallplatte, dann das blendende Licht, nun die Wärme der Scheinwerfer.
Ich schloss kurz die Augen und versuchte die aufkommende Panik zu unterdrücken, ich Atmete tief durch, suchte mir einen Punkt, auf den ich mich konzentrieren konnte und fand ihn.
Haymitch's Augen, hielten meinen Blick fest, er war in diesem Moment mein Fels, das einzige, das mir die Kraft gab, nun von dieser Platte zu steigen und zu lächeln.
Ich ging auf den Siegerstuhl zu, ein verschnörkelter Sessel und setzte mich.
Den Applaus der Menge hatte ich bisher gar nicht wirklich wahrgenommen, doch jetzt erschlug er mich fast.
Caesar machte noch ein Paar seiner vielen Gags, dann wandte er sich mir zu und ich wünschte, das all dies hier nur schnell vorbei sein würde.
Die Lichter wurden gedämmt und die Hymne von Panem setzte ein, dann erschien auch schon das Symbol auf der großen Leinwand.
Ich wollte all das nicht sehen, wollte nicht mit ansehen, wie all die anderen Tribute starben, wie ich selbst einige von ihnen getötet hatte, am liebsten wäre ich wieder aufgesprungen, oder hätte mich an irgendetwas festgekrallt, nur um das hier heil zu überstehen, doch das ging nicht.
Äußerlich musste ich stärke und Ruhe ausstrahlen, ich durfte mir nicht leisten, jetzt schwäche zu zeigen, jemals schwäche zu zeigen, nicht nachdem ich erfahren hatte, das Snow meinen Bruder in seiner Gewalt hatte.
Während der Höhepunkte, der Tode, wird regelmäßig mein Bild in einer Ecke der Leinwand eingeblendet um meine Reaktionen zu zeigen, doch gab es da nicht viel zu sehen, ich zuckte nicht einmal mit einer Wimper.
Es war mehr ein dahinstarren, für andere mag es so ausgesehen haben, das ich mich mit voller Konzentration auf das geschehen vor mir vertiefte, doch ich wusste es besser, ich blickte einfach nur auf die Leinwand, doch sah ich nichts.
All die Bilder schwammen an meinen Augen vorbei und ich betete das es endlich enden würde.
Es waren nur sieben Tage gewesen, doch hatte ich das Gefühl das die Zusammenfassung allein schon sieben Wochen umfasste.
Ich bekam mit, das ich es doch nicht gewesen bin, die den Jungen aus Distrikt 4. getötet hatten, sein Name war Paul Olsen gewesen und er wurde von Flash erschlagen als die Karrieros zurückkehrten und feststellen mussten, das ich Ihre Vorräte geklaut hatte.
Zum Schluss zeigten sie wie ich James mit dem Messer erstach und auch nur aus einem Winkel der Kamera, wo man nicht wirklich sehen oder erahnen konnte, was davor alles geschehen war.
Snow hatte nicht gelogen, sie hatten ziemlich viel schneiden müssen und innerlich war ich sogar dankbar dafür, ich wollte nicht das die Menschen mich so sahen, sahen was beinahe geschehen wäre.
Wieder wird die Hymne eingespielt und alle erhoben sich, als Snow die Bühne betrat.
Ein Jemand trug ein Kissen mit einer Krone darauf hinter ihm her, die Menge raunte und schließlich setzte er mir die Siegerkrone auf den Kopf.
Unsere Blicke kreuzen sich und das Bedürfnis zu rebellieren und ihn anzuspucken, war gewaltig.
Alles in mir währte sich gegen diese Unterwürfigkeit meinerseits, doch hatte ich eine Wahl?
Endlose Verbeugungen folgten, weitere Jubelrufe und schließlich war es vorbei.
Ich wurde direkt nach der Show zum Präsidentensitz gebracht, wo das Siegerbankett stattfindet.
Auf dem Bankett musste ich mich mehr als zusammenreißen, alle wollten mit mir zusammen ein Bild aufnehmen lassen, ich wurde von allen möglichen Leuten Berührt, an den Armen, an der Schulter, am Rücken, es war grauenhaft.
Inmitten dieser Menge aus Menschen, denen ich allen nichts bedeutete, spürte ich den stechenden Blick von Snow immer im Nacken.
Ich wünschte Haymitch oder eventuell Effie wären bei mir, doch konnte ich sie bei all den Leuten nicht ausmachen.
Als bereits die Sonne wieder aufgegangen war, endete das Fest und ich wurde wieder in den zwölften Stock des Trainingszentrums gebracht und ohne weitere Gegenwehr von mir, ins Bett geschickt.
Ich wusste, das noch unzählige Interviews anstehen würden und vielleicht schaffte ich es ja ein wenig Schlaf zu bekommen, um meine Gedanken zu ordnen und mich darauf zu besinnen, mich endlich wieder wie ich selbst zu benehmen, doch viel es mir äußerst schwer.

The Hunger Games-Sarah Riley and her life as a tributWo Geschichten leben. Entdecke jetzt