~ Darius ~
Mit langsamen Schritten und gezogener Waffe gehe ich durch den Wald, immer darauf bedacht, keine Geräusche von mir zu geben. Jederzeit bereit, einem Angriff auszuweichen oder ihn zu parieren. Der Wind haucht sanft an meine Wange, ehe er sich in dem dichten Laubwerk der Bäume verfängt und die Blätter im Chor erklingen lässt.
Ich blicke mich um, erspähe niemanden. Um mich herum befindet sich nur der dichte, dunkle Wald, in dem sich Eichen, Buchen, Linden und viele weitere Bäume tummeln. Rings um mich wachsen auch Farne und Büsche, an denen Beeren hängen – die einen giftig, die anderen nicht. Schnell unterbinde ich den Wunsch, mir eine der leuchtend roten Beeren zu pflücken und sie mir in den Mund zu stecken. Schon zu viele vor mir hatten geglaubt, in ihnen eine leckere Nascherei gefunden zu haben und schafften es nicht mehr nach Hause, verendeten qualvoll im Wald.
Da plötzlich höre ich ein Knacken.
Mit weit aufgerissenen Augen blicke ich mich wie ein aufgescheuchtes Reh umher und laufe einige Schritte rückwärts, bis ich das Atmen einer Person hören kann, die sich hinter dem Baumstamm einer alten, wuchtigen Eiche versteckt.
Hinter mir höre ich nun auch das leise Atmen einer anderen Person.
Nicht gerade vorsichtig, denke ich und lasse meine Waffe etwas sinken. Mein Zeichen, dass sie endlich angreifen sollen.
Sofort stürmen die Männer brüllend auf mich zu, stoßen ihre Schwerter gegen meines und versuchen, mich zur Strecke zu bringen. Ich lasse mich zunächst durch meine zwei Gegner etwas zurückdrängen. So wiegen sie sich auf der sicheren Seite und glauben frühzeitig an einen Sieg. So kann Henry jedoch nicht sehen, wie ich ihm mit meinem Fuß das linke Bein wegziehe und Lars ist dadurch so durcheinander, dass ich ihm problemlos das Schwert aus der Hand schlagen kann. Noch während dieses nach unten fällt, fange ich es auf und drohe beiden Männern mit meinen nun zwei Schwertern.
„Wie...macht Ihr das nur immer...?", fragt Henry keuchend und schlägt mit einer Faust auf den Boden. Er lächelt.
„Ich beobachte, ehe ich gedankenlos auf meinen Gegner losgehe", antworte ich ebenfalls lächelnd und reiche ihm eine Hand, damit er aufstehen kann.
„Das hatte uns Georg schließlich jahrelang gepredigt, als wäre es ein Gebot Gottes."
Georg.
Er war bis vor fünf Jahren der Oberbefehlshaber der königlichen Armee meines Vaters, König Farus. In ruhigen Zeiten übernahm er auch gern die Ausbildung der jungen Rekruten, zu denen ich damals auch zählte, um sie so, wie er immer meinte, besser heranziehen zu können. So entsprachen sie von Beginn an seinen Wünschen. Doch eines Tages wurde er plötzlich getötet. Der Mörder wurde niemals gefunden. Seinen Platz nahm fortan sein junger Sohn, Somin, ein. Er ist nur ein Jahr älter als ich, besitzt jedoch Fähigkeiten, die ich mir nur erträumen kann.
„Also, wollen wir dann wieder zum Schloss aufbrechen? Es dämmert bereits und mein Vater wäre nicht sehr erfreut, wenn ich mich wieder heimlich des Nachts in meine Gemächer schleiche."
Meine Kameraden stecken lachend ihre Schwerter in die Scheiden und stimmen mir nickend zu.
„Sehr wohl, mein Prinz", sagt Lars sich verneigend, doch da er dabei so dumm grinst, klemme ich seinen Kopf unter meinen rechten Arm und drücke ihn etwas zusammen. Er läuft rot an, lacht aber weiter.
„Ich drücke wohl nicht fest genug?", frage ich ebenfalls lachend und reibe nun mit meiner Faust auf seinem Schädel.
„Alles klar, alles klar, ich...ich hab genug! Mir reicht's!", ruft er völlig außer Atem und wirft mir einen entschuldigenden Blick zu.
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Drachenblut - Der erste Tropfen
FantasySeit Jahren hielt man sie für tot, doch eines Tages trifft Darius bei einem Auftrag auf die kriegerische Ophelia, die seit sieben Jahren allein im Wald lebt, um so den strengen Gesetzen Albias zu entkommen. Doch schon bald lernen sie die magische We...