~ Darius ~
Mittlerweile ist es Abend geworden. In zwei Stunden würde der Tanzabend losgehen und Ophelia ist noch lang nicht bereit dafür. Ich muss nur baden, sie allerdings muss noch eine ewige Prozedur über sich ergehen lassen, während der sie so hergerichtet wird, dass sie sich kaum von den anderen Frauen unterscheidet.
Geduldig warte ich vor ihrem Gemach. Von drinnen ist immer wieder leichtes Gelächter zu hören, doch die meiste Zeit über ist es sehr still.
Nach etwa einer anderthalben Stunde – eine halbe Stunde weniger als erwartet – tritt sie aus der Tür. Ich muss zugeben... sie sieht atemberaubend aus. Sie trägt ein bordeauxfarbenes Kleid, das in mehreren lockeren Schichten bis zum Boden reicht. Die Schultern sind frei, doch es besitzt angenähte eng anliegende Ärmel, die bis zu den Handgelenken reichen. Der obere Bereich ist mit kleinen funkelnden Steinchen verziert, während im unteren die vielen Ebenen unterschiedlich langem leichten Seidenstoffes reichen. Ihre Haare trägt sie offen. Nur ein kleiner Dutt wurde am Hinterkopf geflochten, der die meisten Haare, die ihr sonst ins Gesicht hängen, einfasst. Dieses allerdings ist beinahe unangetastet geblieben. Ihre Augen wurden mit etwas dunkler Farbe umrahmt, was ihre smaragdfarbenen Augen mehr betont und die Lippen sehen rötlicher aus. Doch sonst sieht sie tatsächlich aus wie sie selbst. Wirklich... schön.
„Na, wie gefalle ich Euch? Nehmt Ihr mich so mit?"
Ich schlucke, als sie sich vor mir im Kreis dreht. Verdammt, sie sieht einfach atemberaubend aus. Hastig nicke ich mit dem Kopf und lächele sie an. Im Moment bin ich zu nichts anderem fähig. Dazu noch der Fakt, dass sie eine Kämpferin ist... Das macht es nicht leichter.
Sie hält mir ihre linke Hand hoch. Erst bin ich irritiert, doch schnell weiß ich, was zu tun ist. Ich ergreife die Hand, verneige mich knicksend und küsse ihren Handrücken. Anschließend führe ich sie in den Ballsaal, wo man uns bereits erwartet. Aus der Ferne schon höre ich, wie unser Hofsprecher die Namen der eintretenden Gäste vorliest. Dann erklingt der Name Ophelias' Bruders, Somin. Er ist zusammen mit seiner Gemahlin, Lady Amélie, die aus einem benachbarten Stadtstaat im Norden stammt, zum Ball gekommen. Ophelia hält inne.
„Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr das schafft? Er wird viele Fragen stellen. Vielleicht macht er Euch Vorwürfe."
Sie blickt in Richtung Eingangspforte.
„Ich... weiß nicht..."
Ich drücke ihre Hand instinktiv fester, um ihr zu zeigen, dass sie nicht allein ist.
„Solltet Ihr Euren Arm nicht eher in meinen einhängen?", fragt sie mit leicht zittriger Stimme. Leicht peinlich berührt folge ich ihrem 'Befehl'. Wieso mir das auch nicht schon eher eingefallen ist...
„Ich glaube, dass ich es schaffen werde, danke."
Draußen vor den Türen begrüßt man uns knapp mit einer Verneigung. Da man ohnehin weiß, wer wir sind, fragt man uns erst gar nicht danach. Eher noch blickt man erstaunt zu Ophelia, weil sie hier quicklebendig neben mir steht. Nun bedeutet man uns, die Treppen hinauf zu gehen (um gleich darauf wieder welche herunterzugehen. Seltsame Konstruktion). Oben angekommen verkündet man sogleich unsere Namen. Da wir tatsächlich die letzten Gäste sind, werden hinter uns die Türen geschlossen, um keine Kälte hereinzulassen.
Bei meinem Namen geschieht nichts Besonderes. Ich erwarte es auch nicht. Doch die ersten Leute, die unmittelbar aus Idiun stammen, blicken verwirrt und ungläubig zu meiner Begleitung herüber. Einige tuscheln bereits miteinander und auch der Hofsprecher sieht verwirrt zu uns herüber.
„Ist das wirklich...?"
Ich nicke stumm.
„Nun gut... Also... Prinz Darius von Albia und Mylady Ophelia Erbarus."
DU LIEST GERADE
Drachenblut - Der erste Tropfen
FantasiaSeit Jahren hielt man sie für tot, doch eines Tages trifft Darius bei einem Auftrag auf die kriegerische Ophelia, die seit sieben Jahren allein im Wald lebt, um so den strengen Gesetzen Albias zu entkommen. Doch schon bald lernen sie die magische We...