~ Kapitel 11: Monster ~

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~ Darius ~

„Mein Sohn, hörst du mir überhaupt zu?", fragt mein Vater mit grimmigem Tonfall. Ich schrecke auf und blicke ihn mit großen Augen an.

Fünf Wochen sind bereits vergangen, seit meine Kameraden und ich Ophelia nach Hause gebracht haben und sie kurz darauf wieder im Wald verschwunden ist. Einige Tage danach kehrte ihr Bruder, General Somin, zurück – und glaubte allen Ernstes, von ihr überfallen worden zu sein. So richtig glauben kann ich es ihm bis heute nicht, doch... es macht mich stutzig.

„Ja-jawohl, mein Vater! Ich bin aufmerksam und lausche deinen Worten!"

„Dann wiederhole, was ich gesagt habe."

Seufzend lasse ich mich gegen die Stuhllehne fallen. Vor einigen Stunden ließ mein Vater mich in sein Arbeitszimmer rufen. Den Grund dafür kenne ich noch nicht einmal jetzt, wo ich schon einmal hier bin.

Wobei es sicherlich ratsam gewesen wäre, ihm zuzuhören.

„Du bist mir ein hoffnungsloser Fall, Sohn. Sitz gefälligst gerade und zeige mehr Respekt deinem König gegenüber."

Ich nicke und verneige mich leicht.

„Gut so. Dieses Mädchen scheint dir ja völlig den Kopf verdreht zu haben, was?"

Kopfschüttelnd lasse ich mich abermals gegen die Lehne fallen.

„Nein, ganz gewiss nicht. Ich bin nur erstaunt, wie sie es sechs Jahre lang allein im Wald halten konnte. Sie konnte nicht kämpfen – und nun könnte sie sogar ein Gegner für mich sein."

Vater zieht die Augenbrauen hoch.

„Könnte? Ist sie das nicht sogar? Ich habe von einem Kampf zwischen euch beiden gehört."

„Es war nur zum Spaß", bestätige ich seine Vermutung sofort. Es wäre ohnehin zwecklos gewesen, es abzustreiten.

„Wirst du sie noch dafür bestrafen, zur Waffe gegriffen zu haben?"

Er lehnt sich brummend zurück und fährt durch seinen Bart.

„Ich sollte wohl. Und doch... möchte ich es nicht. Dieses Mädchen war mir immer wie eine Tochter gewesen. Aufrichtig, mutig und selbstlos... das sind jene Werte, die ich einem Krieger beizubringen versuche. Ebendiese machen Ophelia aus, weißt du? Sie ist ein Beispiel für einen jeden von uns."

Dass er so von ihr schwärmt, macht mich wirklich misstrauisch. Er plant doch etwas...

„Du weißt, dass ab morgen die Feierlichkeiten stattfinden, um unserem Gott zu huldigen und uns an dem ewigen Frieden und Fortbestehen unseres Reiches zu ergötzen. An jedem Abend findet ein Tanz statt, wobei der des zweiten Abends direkt in der Stadt stattfinden wird. Ich hoffe, du weißt das noch?"

Ich nicke langsam.

„Und am ersten Abend im Schloss. Nur geladene Gäste dürfen daran teilnehmen und im Grunde dient er nur, um... Nettigkeiten auszutauschen und mich mit irgendeiner Tochter eines reichen Gutsbesitzers, Barons, Bischofs oder was-auch-immer zu vermählen, habe ich nicht recht?"

Vater schweigt, also habe ich recht.

„Wie dem auch sei. Du wirst dir deine Begleitung jedenfalls nicht aussuchen dürfen. Ich habe bereits... Vorbereitungen getroffen."

So langsam schwant mir Übles.

„Du meinst doch aber hoffentlich nicht...? Aber... wie das? Und wieso? Wieso soll ich die beiden Abende an Ophelias Seite verbringen? Das ist nicht gerecht!"

Er seufzt.

„Du hast es sicher selbst gemerkt, dass zurzeit Seltsames in Idiun vor sich geht? Ich habe sie gebeten, ein Auge darauf zu werfen, ganz einfach. Du wirst meine Entscheidung gefälligst akzeptieren, sonst werde ich mir noch überlegen, ob ich dir den Thron wirklich überlassen will!"

Drachenblut - Der erste TropfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt