~ Ophelia ~
Darius geht wortlos voran. Er ist sichtlich verärgert, was uns drei ziemlich amüsiert. Und mich immerhin von dieser neuen, niederschmetternden Erkenntnis ablenkt. Henry und Lars ziehen ihn ständig damit auf, dass er mir doch seine Gefühle gestehen solle oder dass er mich nicht gehen lassen solle, da er sonst ein einsames Dasein fristen würde. Ich lache zwar darüber, doch insgeheim denke ich genauso darüber. Niemals würde ich mich mit jemandem wie ihm einlassen wollen.
Wir wandern den ganzen folgenden Tag über und machen nur kurze Pausen, um etwas zu trinken oder um sich zu erleichtern, doch da Darius schnellstens seinen Erfolg präsentieren will, hetzt er uns alle ziemlich.
Allmählich dämmert es. Die Wolken lassen den Mond und die untergehende Sonne nur schwach hindurchscheinen, sodass der Wald und die Ebene, die sich gegenüber des Schlosses um die Königsstadt befindet, in ein unheilvolles Licht getaucht wird. In den letzten Jahren haben sie die Schlossmauer verstärkt und mehr Wachen postiert, ansonsten wirkt alles noch wie zuvor.
Die Wachen öffnen uns sofort das Tor und wir gehen über die steinerne Brücke zum Eingang in den Schlosshof. Ich versuche zwar, mir nichts anmerken zu lassen, doch ich bin so nervös, dass ich mein Herz bis in die Magengrube spüre und ich kaum Luft bekomm. Überall versuche ich meinen Bruder zu erkennen. Sicher wird er sich in den letzten Jahren sehr verändert haben. Vielleicht steht er sogar da vorn, an der Pforte, die ins Schloss führt.
Die Männer dort begrüßen den Prinzen und seine Gefährten stumm, mich betrachten sie beinahe ungläubig.Ja, ich lebe, denke ich nur und suche in der Schar aus Wachmännern noch immer nach mir vertrauten Augen.
Wir gehen eine Treppe hinauf und dann durch einen langen Gang, ehe wir an einer reich verzierten Holztür stehen bleiben, die abermals wortlos von den Wachen geöffnet wird.Vor mir breitet sich nun ein reich verzierter, mit hohen bunten Fenstern und Säulen verzierter Raum aus, der bei Tageslicht wunderschön aussehen muss. Ein breiter, rötlicher Teppich mit goldenen Rändern führt direkt zum Thron hinauf, auf dem König Farus sitzt.
Kaum sieht er uns eintreten, steht er auf und kommt uns ein Stück entgegen. Die drei Männer verneigen sich vor ihm, doch ich bin viel zu nervös, um überhaupt erst darauf zu kommen. Plötzlich zieht mich Darius an meinem Ärmel herunter, meinen Blick aber senke ich nicht. Ich bin einfach zu aufgeregt.
„Willkommen daheim", begrüßt er uns und legt seinem Sohn eine Hand auf die Schulter.
„Du hast es also geschafft. Ich bin sehr stolz auf dich. Auf euch alle."
König Farus war mir eigentlich schon immer sehr sympathisch. Sein Aussehen ist zwar einschüchternd, doch seine Stimme dagegen eher sanft und beruhigend. Schon früher hatte ich mich gut mit ihm verstanden, wenn mein Vater mich mit ins Schloss genommen hatte, um mit ihm zu reden.
Mein Vater...
„Wie geht es Euch, mein Kind?"
Ich reagiere zunächst nicht, doch da alle Blicke auf mich gerichtet sind, zucke ich kurz zusammen und räuspere mich kurz.
„Ähm ja, also... Mir ging es soweit gut, bis mich Euer Sohn hierher verschleppt hat, Eure Majestät."
Er lacht laut auf und nimmt mich in den Arm.
„Ihr habt Euch ja kein bisschen verändert, wie?"
Ich erwidere sein Lächeln und entspanne mich etwas. Dann suche ich nochmals nach meinem Bruder, kann ihn aber auch hier nicht sehen.
„Dürfte ich fragen, wo sich mein Bruder befindet? Somin?"
Farus blickt hinaus. Für einen Moment glaube ich, dass er tot wäre.
DU LIEST GERADE
Drachenblut - Der erste Tropfen
FantasySeit Jahren hielt man sie für tot, doch eines Tages trifft Darius bei einem Auftrag auf die kriegerische Ophelia, die seit sieben Jahren allein im Wald lebt, um so den strengen Gesetzen Albias zu entkommen. Doch schon bald lernen sie die magische We...