~ Kapitel 29: Die Kriegserklärung ~

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~ Ophelia ~

Am nächsten Tag erscheint früh am Morgen ein Bote. Er erklärt mir, dass der König mich in Kürze im Garten des Gutes erwarte.
Schnell kleide ich mich an und kann es offen gesagt kaum erwarten, meinen Onkel endlich kennen zu lernen. Dass er ein Drake ist, interessiert mich schon gar nicht mehr. Dass sie es alle hier sind. Sie sind keine bösen Geschöpfe. Ihnen wurde Unrecht getan und sie wollen lediglich das zurückbekommen, was ihnen gehört.
Mit klopfendem Herzen gehe ich geschwind die Gänge entlang, vorbei an Dienern und Wachen, die mich mit einer leichten Verneigung begrüßen.
Draußen scheint die Sonne und man hört Grillen zirpen, obwohl ja eigentlich Winter ist. Dieser scheint sich aber von diesem Reich fernzuhalten.

„Guten Morgen, Ophelia. Es ist mir eine Freude, dich endlich begrüßen zu dürfen", begrüßt mich König Aurelius in einem sehr ruhigen, herzlichen Tonfall. Seine Stimme ist sehr angenehm und er sieht äußerst sympathisch aus. Sein bräunliches Haar ist etwa schulterlang und eine dicke weiße Strähne verläuft auf der linken Seite von der Stirn an. Um seine braunen Augen herum befinden sich viele kleine Fältchen, die darauf hindeuten, dass er wohl viel lächelt. Er ist etwa dreieinhalb Köpfe größer als ich – also ein wahrer Riese.
Gekleidet ist mein Onkel in ein helles Gewand, das mit vielen goldenen Ornamenten übersät ist. Um seinen Hals trägt er ein tiefrotes Band, auf dem sich goldene Schriftzeichen befinden, die ich leider nicht erkennen kann.
Ich verneige mich.

„Die Freude ist ganz meinerseits. Meine Familie scheint ja viel größer zu sein, als ich einst dachte."

Er lächelt und bedeutet mir, ihn zu begleiten. Rings um uns befinden sich Wachen, die mir irgendwie ein komisches Gefühl geben, aber ich versuche, sie zu ignorieren.

„Ich möchte dich gern kennen lernen. Deine Mutter hat mir zwar schon viel erzählt, doch ich möchte mir gern ein eigenes Bild machen."

Verlegen blicke ich zur Seite und erspähe dabei wunderschöne mir unbekannte lilafarbene Blumen, die mich beinahe in ihren Bann ziehen.

„Das sind Polusblumen", erklärt mein Onkel, kaum dass ich ihm nicht länger gefolgt bin.

„Sie wachsen nur im Winter und blühen nur für eine Woche. Du hast also großes Glück, sie sehen zu können."

„Wieso... ist es hier denn eigentlich so warm? Ich kenne keinen Winter, an dem es je so warm gewesen ist."

Er läuft mit hinter dem Rücken verkreuzten Fingern vor mir her.

„Durch meine Magie. Weit außerhalb Haleos', also dieser Stadt, wirst du tatsächlich vom Winter überrascht werden, doch ich mag es nicht zu frieren. Also lasse ich das ganze Jahr über die Sonne hier scheinen."

Ich kichere darüber und halte im nächsten Moment inne, als ich mir ausmale, welch enorme Kräfte er damit besitzen muss.

„Also. Erzähl mir von dir", fordert er sanft und wendet sich mir etwas zu.

„Da... gibt es offen gesagt nicht viel. Ich kämpfe gern... und bin damals von Zuhause fortgelaufen und habe im Wald gelebt. Ganz allein. Ich weiß auch noch nicht wirklich lang, dass ich zu Eurem Volk gehöre und... das überfordert mich derzeit ein wenig."

„Weil du in den Draken immer den Feind gesehen hast, wie?"

Ich schüttle mit dem Kopf.

„Ja, aber ich weiß ja von deren Existenz auch erst seit kurzer Zeit. Nein, mir geht das alles derzeit zu... schnell."

Aurelius deutet auf eine reich verzierte Holzbank, die inmitten eines Blumenmeers steht. Wir setzen uns und blicken auf die vielen bunten Blumen. Der Duft umgibt mich wie und hüllt mich ein.

Drachenblut - Der erste TropfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt