~ Ophelia ~
Somin führt mich gekonnt durch die Menge, bis wir an den besagten blau-grauen Zelten angekommen waren. Er deutet auf einen Tisch, an dem bereits seine Gemahlin sitzt. Schnell setze ich mich und blicke mich um. Vielleicht kenne ich hier jemanden, doch mir erscheinen alle Personen hier sehr fremd. Auf dem Marktplatz vor uns kann man neben den vielen Besuchern auch den Umzug sehen, der mit Pauken und Trompeten durch die Straßen zieht.
„Die gehören der Armee an, Schwesterchen. Da wirst du niemanden kennen", erklärt Somin, als hätte er meine Gedanken gelesen und setzt sich neben Amélie.
„Ich freue mich, dass ihr beiden euch endlich versteht", meint diese nun lächelnd und drückt meinen Bruder am Arm.
„Nun, wir mussten uns einfach aussprechen", erwidert dieser und legt eine Hand auf die Amelies.
„Und... Ihr kommt aus einem anderen Reich, habe ich gehört?", frage ich sie, um überhaupt irgendetwas zu sagen. Sie nickt.
„Genau. Eigentlich sollte ich dem Prinzen vorgestellt werden, doch der fand keinerlei Interesse an mir. Somin dafür umso mehr."
Wieder lächelt sie. Dabei wird mir klar, warum er sie so liebt: In der Schlacht geht es rau zu. Man muss sehr viel ertragen und durchmachen, dass es einem wahrlich gut tut, jemand so liebes, nettes und ruhiges daheim zu haben. Sie holt ihn auf den Boden der Tatsachen zurück, befreit ihn aus Ängsten und Wutanfällen, sie ist einfach für ihn da, wenn er jemanden braucht. So, wie sie sich ansehen, kann es gar nicht anders sein. Hübsch ist sie noch dazu mit ihren braunblonden lockigen Haaren und den braunen Augen.
„Erzählt mir von Euch, Ophelia. Ich möchte Euch unbedingt besser kennen lernen!"
Ich kratze mich am Hinterkopf und suche nach einer passenden Antwort.
„Naja, also... ich bin nicht wirklich interessant, also sollten wir das Thema lieber lassen."
Sie lächelt und wirft mir einen herausfordernden Blick zu.
„Ah ja? Da habe ich aber etwas ganz anderes gehört."
Schnell blicke ich meinen Bruder an, der mich nur verschmitzt angrinst.
„Tja, was soll ich sagen... ich bin vor dem Leben hier in den Wald geflohen und habe es irgendwie geschafft, zu überleben. Und jetzt bin ich eben hier."
Sie kichert und drückt meine Hände.
„Ihr gefallt mir. So offen und ehrlich, das mag ich."
Langsam wird es Abend und auf der Mitte des Platzes beginnt eine Gruppe Musikanten, fröhliche Musik zu spielen. Der Klang dieser Instrumente ist wundervoll, wobei ich die meisten davon nicht einmal kenne. Ganz besonders angetan bin ich von dem, das aussieht wie ein Sack mit einer Flöte dran. Nur dass es nicht wie eine Flöte klingt, sondern... eben ganz anders.
Plötzlich kommt ein junger Diener mit einem Tablett herum, auf dem zahlreiche Gläser voll Wein stehen. Somin hebt seine rechte Hand und sofort stellt der Junge ihm ein Glas hin. Da er keine Anstalten macht, auch mir und Amélie eines zu geben, röchele ich einmal laut. Erschrocken zuckt er zusammen und stellt uns beiden ebenfalls flink zwei Gläser vor die Nase.
„Was? Frauen und Wein?"
Ich zucke mit den Schultern.
„Da gibt es doch Schlimmeres. Außerdem ist es doch nun wirklich nichts Neues, dass Frauen so etwas trinken."
Er zieht die Augenbrauen hoch.
„Nun, normalerweise werden sie aber auch dazu eingeladen. Und ich möchte nicht, dass ihr beiden mir heute betrunken werdet."
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Drachenblut - Der erste Tropfen
FantasiSeit Jahren hielt man sie für tot, doch eines Tages trifft Darius bei einem Auftrag auf die kriegerische Ophelia, die seit sieben Jahren allein im Wald lebt, um so den strengen Gesetzen Albias zu entkommen. Doch schon bald lernen sie die magische We...