~ Kapitel 2: Auf dem Weg ~

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~ Darius ~

„Ophelia, meint Ihr das ernst? Das hübsche Mädchen, um das sich damals jeder Junge geprügelt hat?", platzt es aus Henry heraus, der damals sogar einen erfolglosen Versuch gestartet hatte, sie auszuführen. Zugegeben, zu dieser Zeit war sie einfach noch zu jung für solche Dinge gewesen, lustig war es dennoch, sich über den Rotschopf lustig zu machen.

„Ich glaube aber nicht, dass wir viel Erfolg haben werden", meint nun Lars mit verschränkten Armen und blickt in den Wald hinaus. „Davon abgesehen wissen wir auch nicht, ob sie überhaupt wieder nach Haus möchte. Vielleicht gefällt es ihr dort, wo sie ist." - „Wenn sie überhaupt noch lebt", fügt Henry hinzu und bindet sein Pferd los. Bedienstete hatten uns zuvor unsere Pferde geputzt und gesattelt – einige der wenigen Dinge, bei denen ich sie zugegebenrmaßen nicht missen möchte. Damals, als ich selbst noch als Rekrut galt, musste ich oft stundenlang die Pferde aller Hauptmänner putzen, um dann zu hören, dass ich nicht ordentlich genug war und von vorn beginnen sollte.

„Falls nicht, können wir ja suchen, bis wir alt sind", lacht Lars, allerdings hat er da recht.

„Ach, wir werden schon Glück haben", versuche ich zuversichtlich zu klingen.

Dann endlich schwingen wir uns auf unsere Pferde und begeben uns abermals in den dunklen Wald, um eine wohl aussichtslose Suche zu beginnen. Bis zum Abend geschieht nichts Auffälliges. Das Einzige, das wir sehen, sind Bäume, hier und da ein Wandersmann oder ein Händler auf dem Heimweg. Sonst jedoch... nichts. Nicht einmal eine durch Banditen ruinierte Lichtung entdecken wir. Als wir in einem kleinen Dorf ankommen, machen wir Rast in einem Gasthaus. Da aber niemand von uns wirklich müde ist, statten wir der kleinen Dorfschänke einen Besuch ab. Ein kühler Tropfen auf der Zunge hat ja noch niemandem geschadet. Zudem können wir hier einige Bewohner und andere Reisende fragen, ob sie denn in letzter Zeit Banditen gesehen hätten.

Kaum sitzen wir, kommt schon die Wirtin herbei.

„Was darf's denn sein, junge Burschen? Bier nehme ich an? Und etwas Essbares?"

Ich bin leicht überrumpelt und bringe außer einem Stottern nichts heraus. So lang schon bin ich nicht mehr in einer Schänke fernab der Königsstadt gewesen, dass ich die Gepflogenheiten dort schon völlig vergessen habe.

„Na, ich bring einfach, was wir gerade im Angebot haben. Ihr drei Burschen könnt mal was Nahrhaftes vertragen, hahaha!"

Sie lacht und wischt ihre Hände an der Schürze ab, die ihr um den Bauch hängt. Dann gibt sie einem Mitarbeiter ein Zeichen, der daraufhin beginnt, drei große Tonkrüge voll mit Bier zu zapfen.

„Wir hätten natürlich auch härtere Sachen im Angebot", meint die Wirtin, als sie die Krüge auf unseren Tisch stellt, „aber ich nehme mal an, dass Ihr morgen arbeiten müsst?"

Ich nicke stumm, was mir Lars gleichtut. Henry allerdings kann wie immer nicht den Mund halten:

„Naja, wir suchen eine Horde von Banditen, da müssen wir morgen früh einen klaren Kopf besitzen!"

Ich funkele ihn böse an. Zum Glück versteht er es sofort und duckt sich ein wenig weg.

Nun kommt einer der Mitarbeiter mit drei Tontellern an, auf denen sich gebratene Eier mit gebratenem Schinkenspeck befinden. Ein einfaches Gericht, das es am Hofe so niemals geben würde. Eigentlich bedauerlich, so gut wie es schmeckt.

Um nach Verdächtigen in meiner Umgebung zu suchen, beteilige ich mich nicht an dem Gespräch meiner Kameraden. Es dreht sich sowieso nur wieder um Frauen. Kein Thema, das mir hier und jetzt etwas nützt. Da plötzlich fällt mir ein Mann am Tisch neben uns auf. Er ist einfach gekleidet – dunkle Hose und Jacke, eine graue Mütze auf dem Kopf. Er sitzt mir den Rücken zugewandt gegenüber und stochert in seinem Essen herum. Ich mache mir nichts weiter daraus und sehe mich weiter um, doch immer wieder bleibt mein Blick an ihm hängen. Mir scheint fast, als würde er unserem Gespräch lauschen. Oder aber ich bin nur paranoid.

Drachenblut - Der erste TropfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt