~ Kapitel 36: Weigerung ~

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~ Ophelia ~

„Und eure Verletzungen sind voll und ganz verheilt?"

Demonstrativ dehne ich beide Arme in alle möglichen Richtungen und gebe mich unbeschwert. Meine Schmerzen sind zwar noch unerträglich, aber lange nicht so schlimm wie der Gedanke, sinnlos durch Idiun zu streifen und nach Dingen zu suchen, die dort nicht sind.

„Nun, wenn ihr euch so sicher seid", meint Farus und scheint in meinem Gesicht nach irgendeiner Regung zu suchen, „dann werdet ihr ja wieder am Training teilnehmen können."

Sofort strahle ich Darius lächelnd an, der mir jedoch einen skeptischen Blick zuwirft. Sein Vater scheint ihn zu durchschauen.

„Es sei denn, ihr fühlt euch noch nicht dazu in der Lage. In dem Fall..."

„Ich bin bereit dafür. Prinz Darius ebenfalls, Eure Hoheit. Wir werden dem Training schon heute beiwohnen."

Darius tritt leicht gegen meine Hacke, doch ich ignoriere es.

„Nun, allerdings musst du eines wissen, Ophelia: Man übt dort den Kampf. Mit verschiedenen Waffen."

Ich zucke mit den Schultern.

„Ja sicher, was denn sonst?"

Er verkreuzt seine Finger ineinander und beugt sich nach vorn. Dadurch wirkt sein riesiger Tisch so viel kleiner.

„Ich rede nicht von einfachen Kämpfen. Nicht von kleinen, banalen Zügen oder Ähnlichem. Man bereitet sich hier auf die Schlacht gegen deine Mutter vor, Ophelia."

Mir stockt der Atem etwas, obwohl ich mir dessen ja durchaus bewusst bin. Schnell schlucke ich den Kloß in meinem Hals herunter und atme tief durch.

„Sobald du dein Training bei uns beginnst, kämpfst du gegen deine Mutter, dessen bist du dir hoffentlich bewusst?"

„Wie meint Ihr das?"

Meine Stimme zittert leicht.

„Das weißt du genau. Du wirst dich dadurch für uns und gegen deine Mutter entscheiden. Ein Entkommen gibt es dann nicht mehr."

„Ja aber...", erwidere ich, halte aber inne, als ich Farus' strengen Blick erwidere.

„Solltest du dennoch desertieren, so werde ich dich verfolgen und töten lassen. Also rate ich dir, deine Entscheidung weise zu treffen. Bisher habe ich dich hier geduldet, wissend, dass du uns eines Tages wohl als Gegner gegenüberstehen wirst."

Darauf weiß ich nichts mehr zu sagen. Wieso aber hat er mich aufgenommen? Ich verstehe es nicht.

„Glaub nicht, dass du hier tun und lassen könntest, was du willst."

Sein strenger Tonfall mir gegenüber ist völlig neu und schüchtert mich deutlich ein.

„Vater, bitte, sie möchte einfach nur einer sinnvollen Arbeit nachgehen, also lass sie doch mit den anderen exerzieren."

Farus schüttelt den Kopf.

„Sie erfährt auf diese Weise all unsere Strategien. Meinst du nicht, dass sie dies zu einem noch gefährlicheren Gegner machen könnte?"

„Aber sie würde doch nicht..."

Ich drücke eine Hand auf seine Brust und schüttle knapp mit dem Kopf.

„Lass... gut sein. Er hat ja recht. Ich werde einfach... etwas anderes tun."

Farus lächelt selbstzufrieden und lehnt sich zurück. So habe ich ihn noch nicht erlebt, kann es aber auch nachvollziehen. Schließlich geht es hier um etwas. Es ist nicht nur ein kleiner Streit zwischen Erwachsenen. Es herrscht Krieg. In solchen Situationen ist jedem jedes Mittel recht.

Drachenblut - Der erste TropfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt