"Was habe ich getan?"

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Tay's POV

Schon seit mehreren Minuten suchte ich Anisha, konnte sie aber nirgends finden. Ich machte mir immer mehr Sorgen um sie. Als ich schon aufgeben wollte, fiel mir ein, dass ich noch nicht auf den Toiletten nachgeschaut hatte. Ich lief zu der Toilette, die am nähsten an der Mensa war. Als ich hinein ging rief ich nach Anisha aber es kam keine Antwort.

"Ani. Wo bist du nur?", flüsterte ich mir selber zu, als ich in keiner Kabine Ani finden konnte. Ich nahm mein Handy aus meiner Hosentasche und entsperrte es. Sofort wählte ich Ani's Nummer und hoffte, dass sie dran ging, aber nach längerem Klingeln, ging die Mailbox dran.

Shit.

Ich ging aus den Toiletten raus, um zum Sekretariat zu laufen. Da ich mich hier nicht zu gut auskenne, weil die Schule, nachdem ich ins Internat gekommen war, renoviert wurde, fand ich das Sekretariat erst nach längerem Suchen. Ich klopfte leise an der Tür und drückte dann die Türklinge herunter, um in den Raum zukommen. Sofort, als im Raum war, stand die Sekretärin auf und lächelte mich an.

"Hallo.", lächelte ich sie leicht an und lehnte mich leicht an den Tresen an, welcher vor mir war.

"Hallo, was kann ich für dich tun?", fragte sie mich höflich, erwiderte mein lächeln und sah mich an.

"Ich wollte fragen, ob Sie wissen, wo Anisha Benson ist, wenn nicht, ob Sie Anisha ausrufen könnten?",die Frau vor mir nickte.

"Natürlich. Ich schau' mal nach.", meinte sie, während sie an den Schreibtisch ging und etwas im Computer eintippte.

"Danke.", sagte ich und wartete auf die Antwort. Die Sekretärin stand auf und kam wieder zu mir.

"Also-", fing die Frau vor mir an zu sprechen. "-Anisha Benson hat sich vor 20 Minuten abgemeldet, wegen Übelkeit und Schwindel.", fuhr sie fort und lächelte mich noch immer an.

"Oh Okay. Vielen Dank.", sagte ich und verabschiedete mich bei ihr, worauf ich aus dem Sekretariat lief. Was hat mein Bruder nur wieder getan? Wieso muss er so gemein zu Anisha sein? Sie ist so eine gute Seele und er muss ihr das zerstören? Ich muss mit meinem Bruder reden! So geht das nicht weiter! Wie lange muss sie das schon aushalten? Wie muss es sein, von der ganzen Schule ausgelacht zu werden? Traurig schüttelte ich meinen Kopf. So kenne ich meinen Bruder nicht und so will ich ihn auch nicht kennen. Die Sorge um Ani vergrößert sich um jede Sekunde, in der ich nicht wusste, wie es ihr ging. Ich würde am Liebsten zu ihr rennen und sie umarmen. Sie hat das alles nicht verdient. Das hat keiner. Langsam lief ich wieder in die Richtung zur Mensa, da die Pause noch nicht vorbei war.

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Ani's POV

Als ich auch der Toilette ging, zitterten immer noch meine Beine, und ich hatte das Gefühl, gleich wieder einen Heulanfall zu bekommen. Ich riss mich zusammen so gut wie es ging, und lief zum Sekretariat. Ich kann nicht mehr in der Schule bleiben, ich habe zu viel Angst, noch ein mal ausgelacht zu werden. Ohne zu klopfen, ging ich ins Sekretariat. Anstatt das dort die typische Sekretärin saß, kam mir ein Mann entgegen. Er lächelte mich an und stellte sich vor mich.

"Was brauchst du?", fragte er und sah mich mit seinem braunen Augen an.

"Ich wollte mich entschuldigen lassen.", ich versuchte meine Stimme fest klingen zulassen, was mir aber nicht gelang.

"Die Sekretärin ist gerade nicht da, aber Ausnahmsweise, darfst du gehen. Du schaust nicht gesund aus.«, meinte er und musterte mein Gesicht.

"Was hast du denn?", fragte er wieder und lief auf den Schreibtisch zu, um sich auf den Stuhl zu setzen.

"Übelkeit und Schwindel.", antwortete ich wahrheitsgemäß, da es mir wirklich nicht gut geht. Sowohl Körperlich als auch psychisch. Er nickte und tippte etwas in den Computer.

"Okay. Ich habe es eingetragen. Gute Besserung.", lächelte er mich an, worauf ich nicke, versuchte das Lächeln zu erwidern und mich daraufhin verabschiedete. Ich lief so schnell wie nur möglich aus der Schule, da ich keine Lust hatte, jemanden zu begegnen. Als ich aus der Schule draußen war, atmete ich tief durch, da mir wieder eine Träne die Wange runterkullerte. Ich rannte nach Hause um alles hinter mir zulassen. Als ich Zuhause ankam, schloss ich sofort die Haustür auf, um sie mit einem lauten Knall wieder zu schließen, nachdem ich ins Haus gegangen war. Laute Musik kam aus meiner Hosentasche. Ich griff hinein und holte mein Handy raus. Ich sah das Taylor mich anrief aber ich starrte nur auf den Display und drückte sie schließlich weg. Danach schaltete ich mein Handy auf Flugmodus. Ich rannte in mein Zimmer und schmiss mich auf mein Bett. Sofort, als ich auf meiner weichen Bettdecke lag, fing ich wieder an zu weinen. Ich kann nicht aufhören. Was habe ich getan? Womit habe ich das verdient? Wem habe ich etwas angetan? Und wieder kamen mir alle Erinnerungen zurück. Alles, was mich verletzt hat. Wie mein Vater ging. Wie mein Bruder ging. Und wie meine Mutter nie für mich da war. Ich schrie in mein Kopfkissen und schlug auf die Matratze.

"Wieso?", schluchzte ich laut und mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als ich wieder Finn's Stimme in meinem Kopf hörte.

"Jeder wäre glücklich, wenn du dich umbringen würdest."

"Kannst du nicht einfach verrecken?"

"Du würdest der Menschheit einen großen gefallen tun!"

Hat er recht? Wären alle besser dran, wenn ich nicht mehr hier wäre? Wären dann alle glücklicher? Für meinen Vater bin ich sowieso schon gestorben. Von meinem Bruder hör' ich nichts mehr. Meine Mutter ist so selten Zuhause, dass ich glaube, sie weiß nicht mal mehr das es mich gibt. Und Taylor hat eine bessere Freundin verdient. Ich stand auf und lief direkt ins Badezimmer.

"Irgendwo muss es doch sein!", flüsterte ich und suchte es in jedem Schrank und in jeder Schublade. Als ich es endlich fand, musste ich lächeln. Es würde andere glücklich machen, und mich befreien. Ich ging wieder in mein Zimmer und sah dabei nur auf das kleine metallische Ding in meiner Hand. Ich setzte mich auf meinen Boden und winkelte meine Beine an. Alles um mich herum war vergessen, als ich die Klinge an meinen Arm ansetzte. Alles um mich rum war egal, als ich mit Druck das scharfe Material über meine helle Haut zog, auf der schon so viele Narben waren. Ich bekam nichts mehr mit. Nur noch der kleine Schmerz und das etwas an meinem Arm herunter lief, als meine Sicht langsam verschwommen wurde und ich bald darauf nur noch schwarz sah. Ich fiel auf die Seite, und lag nun auf den Boden, während ich noch leicht mitbekam, wie ich mein Bewusstsein verlor.

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The BadBoy My NeighbourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt