>>Es ist keine Melancholie, sondern Glück, wenn du den Tod akzeptierst. [...]<< Christian Boltanski
"Anna. Komm sofort runter!", hörte ich eine ziemlich laute, aufgebrachte Stimme.
Wahrscheinlich war diese auch der Grund, dass ich wach war, denn mit einem Blick auf mein Handy stellte ich fest, dass es noch halb sieben war - morgens.
Zwar war ich nicht der größte Morgenmensch, aber mittlerweile konnte ich die Stimme von eben als die meines Vaters identifizieren.
Was hieß das? Mein Vater wollte dass ich kam, und wenn nicht würde er sauer werden, mich vermutlich sogar schlagen. Dem wollte ich auf alle Fälle aus dem Weg gehen.
Also schlüpfte ich aus meinem warmen Bett, bereits hellwach, und betrachtete mich kurz im Spiegel, der an meinem Kleiderschrank integriert war. Meine Beine steckten in meiner Handballshorts, und ich hatte ein enges, schwarzes Shirt an - vermutlich war ich gestern nach dem Training einfach ins Bett gefallen.
Errinern konnte ich mich nicht mehr daran, aber ich ging davon aus, dass Dad mich noch in mein Zimmer getragen hatte, bevor er los gegangen war, um zu feiern.
Wie jeden Tag.
Heute verstand ich es sogar beinahe - denn meine Mum würde gleich beerdigt werden. Warum? Sie war an Leukämie gestorben, so wie ich es auch bald würde.
Seit diesem Tag im Krankenhaus, an dem Mum das letzte mal die Augen geschlossen hatte, trank mein Vater. Und ich hatte das Gefühl, es war nicht allzu wenig, was er da in den wenigen Stunden an Alkohol zu sich nahm.
Bei dem Gedanken an meinem Vater raffte ich mich dazu auf, aus meinem Zimmer nach unten zu gehen.
Er stand schon im Wohnzimmer, und schien tatsächlich nüchtern.
"Die Beerdigung", sagte er bloß, und schien geweint zu haben. Also doch nichts getrunken.
Gut.
"Ich weiß", sagte ich also, und blieb mit einer Art unterbewusstem Sicherheitsabstand etwa drei Meter vor meinem Dad stehen.
"Ja", erwiderte er, ohne wirklich interessiert zu schauen - allerdings wusste ich, dass er nur zu verstecken versuchte, dass er doch fühlte. Wie ein Mensch.
"Mach dich oben fertig. In einer halben Stunde gehen wir."
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Surrounded by Idiots | Dner
FanfictionWas würdest du tun, wenn du wüsstest, dass dein Leben zu einen unbestimmten Zeitpunkt einfach vorbei ist? - Nicht, weil ein Auto dich umfahren wird. Nicht, weil du vergewaltigt wirst. Nicht, weil du zu alt bist. Nein. Sondern weil du Leukämie hast.