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Der Weißhaarige war nun schon seit Tagen in diesem Käfig gefangen.

Genau sagen wie viele Tage es waren, konnte er nicht. Dazu hätte er sie zählen müssen, doch das war eine der vielen Dinge, welche er nicht beherrschte.

Nie hatte er die Schule besucht oder anderweitig Unterricht bekommen. Dazu hatte er in seiner Kindheit auch gar keine Zeit gehabt. Diese hatte er nämlich damit verbracht, seinem Vater die Feldarbeit abzunehmen, oder seinen täglichen Aufgaben nachzugehen.

Seine Brüder hatten, im Gegensatz zu ihm, die Möglichkeit gehabt eine der wenigen Schulen in der Stadt zu besuchen und diese auch genutzt. Doch dies auch in den letzten Jahren nicht. Mittlerweile hatten sie dazu kein Geld mehr

Also hatte er damals auch ihre Aufgaben übernehmen müssen, genauso wie heute.

Es war schon immer so gewesen, dass seine Brüder bevorzugt wurden, doch anders als in seiner frühen Kindheit, hatte er damit kein wirkliches Problem mehr.

Natürlich war es nicht gerecht, und das wusste er auch, doch er hatte schon von klein auf gelernt, dass er gewisse Dinge einfach nicht verdient hatte.

Und Bildung gehört nun einmal dazu.

Manchmal kam es vor, dass er es nicht akzeptieren wollte und gleich wie sie behandelt werden wollte, doch schnell hatte er durch die Strafen seines Vaters gemerkt, dass dies Nichts brachte.

Schon immer hatte man ihm beigebracht, dass nahezu alle Menschen in seinem Umfeld mehr Wert waren und vor allem mehr verdient hatten. So war es also kein Wunder, dass er diese Weltansicht mit der Zeit übernahm und von sich selbst so dachte. Er hatte es schlichtweg verdient.

Nun saß er also schon tagelang hier fest und würde in der Nacht nicht das Licht erloschen und alles ruhig werden, hätte er nicht einmal bemerkt, dass die Tage vorbeistrichen.

Ein verbittertes Grinsen zierte seine fahlen Lippen. Selbst zu so etwas war er zu dumm.

Sein Magen grummelte und rumorte beinahe während jedes Wimpernschlags. Immer wieder hatte er das Gefühl, dass er sich verkrampfen würde.

Er kniff seine Augen schmerzerfüllt zusammen und biss sich fest auf seine Unterlippe. Bald schon schmeckte er den bekannten metallischen Geschmack.

Der Weißhaarige krümmte sich zusammen und hielt sich mit den dünnen Armen seinen Bauch.

Schon seit Tagen hatte er keine Nahrung mehr zu sich genommen.

Seit er in diesem Käfig saß hatte man ihm ebenfalls nichts gegeben.

Das einzige Mal am Tag, dass sich einer der vermummten Männer blicken ließ, war, als man ihn aus dem Käfig holte. Man brachte ihn zusammen mit ein paar anderen in einen kleineren Raum, in welchem er seine Notdurft erledigen musste. Wenn er Glück hatte, bekam er sogar einen Becher mit mehr oder weniger frischem Wasser.

Viel anderes passierte nicht. Außer, dass über den Tag verteilt immer wieder Menschen, vor allem Männer, durch die Gänge liefen, welche er noch nie zuvor gesehen hatte.

Sie gehörten nicht zu den vermummten Gestalten, welche er beinahe jeden Tag zu Gesicht bekam.

Diese Menschen waren gut gekleidet und schienen mehr als nur fehl am Platz zu sein.

Meistens waren sie jedoch in Begleitung einer der vermummten Gestalten.

Es schien, als würden sie etwas oder Jemanden suchen. Sie musterten jeden der Gefangenen genau und manchmal ließen sie diese auch aus ihren Käfigen holen.

Sie inspizierten diese dann noch genau, schlugen sie manchmal und ganz selten war es auch der Fall, dass sie für eine Zeit mit diesen verschwanden.

Wüstenrose [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt