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Der staubige Geruch von Stroh und Heu stieg dem Weißhaarigen in die Nase, als er das nächste Mal die Augen öffnete.

Panisch holte er Luft. Seine Lungen brannten, als hätte seit Stunden keinen Sauerstoff mehr eingeatmet. Schmerzverzerrt kniff er die Augen zusammen, als sein Oberkörper bei diesem tiefen Atemzug begann zu pochen. Seine Rippen machten sich bemerkbar.

Der Junge spürte, wie sein Magen das wenige Essen des vorherigen Tages noch immer verdaute und dabei leise Geräusche von sich gab.

Vorsichtig atmete er tief ein und aus. Dabei gelang merklich Staub und Dreck in seine Atemwege, woraufhin er verzweifelt hustete. Durch seine Bewegungen wirbelte er den Sand und Staub auf, welcher ihn umgab. Dies konnte man durch die Sonnenstrahlen erkennen, welche durch die Spalten im Holz fielen.

Unter sich spürte der Weißhaarige eine dicke Schicht Stroh, welche ihn davor bewahrte auf dem Steinboden zu liegen. Als er sich genauer umschaute bemerkte er, dass er sich in den Stallungen befand und beinahe schlagartig kamen die Erinnerungen zurück.

Die Erinnerungen an die Umstände, die gemeinen Worte und an sein unüberlegtes Handeln.

Ein Wimmern überkam seinen spröden Lippen und am liebsten hätte er sich unter dem ganzen Staub, Sand und Stroh vergraben. Er wollte den beiden jungen Männern nicht unter die Augen treten. Zu viel Angst hatte er vor den Konsequenzen seines Handelns. Vor ihren Worten und Reaktionen.

Vielleicht bereuten sie es sogar den Hellhaarigen aufgepäppelt zu haben. Vielleicht hatten sie ihn am gestrigen Tag bloß so gut behandelt, um ihn bloß tiefer und härter fallen zu lassen.

Doch in diesem Moment hatte er einfach nicht anders gekonnt. Diese Worte des Dienstmädchens waren zu viel gewesen. Diese Blicke, welche ihm eben diese und auch der Prinz zugeworfen hatten, waren zu viel gewesen.

Es waren Dinge geschehen, welche er bloß zu gut aus seiner Vergangenheit kannte. Dieses ablehnende, verachtende und hassende Verhalten. Diese Blicke und Worte, welche sich mit ihren scharfen Kanten tief in sein Herz gebohrt hatten. Doch nicht nur in dieses. Auch seine Seele hatte bereits schwer unter seinem Leben und seinen Mitmenschen gelitten.

Der Weißhaarige konnte sich nicht mehr vollständig an die Augenblicke während seiner Flucht, aus dieser grausamen Situation, erinnern, doch er vermutete, dass er, völlig abwesend, in die Stallungen gerannt und dort zusammengebrochen war.

Er spürte wie erschöpft er war. Wie kraftlos seine Muskeln schienen. Wie schwer seine Knochen unter seiner Haut saßen.

Und der Junge spürte ebenfalls, dass sein Verhalten irgendetwas nach sich ziehen würde. Ähnlich wie ein Rattenschwanz, an dessen Anfang er geradestand und versuchte ans Ende zu blicken.

Der Fakt, dass die Sonne schon längst aufgegangen und er den Prinzen an diesem neuen Tag, weder gesehen noch geweckt hatte, verschlechterten seine Chancen auf eine eher glimpfliche Abreibung.

Furcht durchströmte seine Adern, welche sich bald schon in Panik umwandelte. Egal, was geschehen würde, wirklich sicher, dass er dies wirklich überleben würde, war er nicht.

Er versuchte sich auf die Pferde zu konzentrieren. Die Geschöpfe, welche ihn bereits sein Leben lang fasziniert und in ihren Bann gezogen hatten, doch eben an diesem Tag wollte es nicht funktionieren.

Vor Frustration kniff er seine Augen fest zusammen und bohrte seine dreckigen, ungeschnittenen Fingernägel die helle Haut seines Handballens.

Seine Stirn verzog sich missmutig und sein Herz begann immer schneller zu schlagen, je mehr die Panik die Macht über sein Empfinden ergriff. Seine Atmung war ebenfalls stockend und kurz. Immer wieder versuchte er schnell und hysterisch Luft in seine Lunge zu befördern, doch auch dies wollte nicht funktionieren.

Wüstenrose [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt