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Als James, welcher den Jungen noch immer auf seinem Arm hatte, durch die Türen in die Palastküche schlüpfte, entwischte ihm ein angestrengtes Keuchen. Ohne die Hände frei zu haben, zu versuchen eine Tür zu öffnen, funktionierte nun einmal schlecht bis gar nicht.

Eigentlich hatte der Schwarzhaarige gedacht, es wäre anstrengend den Weißhaarigen durch die Gänge bis dorthin zu tragen, doch das Gegenteil hatte sich bewiesen. Der Junge war so unglaublich mager und zierlich, dass er ihn kaum auf seinem Arm zu spüren schien.

Vor Erschöpfung zuckte und zitterte der Junge leicht und besonders unter den Blicken der Angestellten presste er sein Gesicht noch weiter in die weiche Halsbeuge. Diese ganze Situation war ihm, vor anderen zumindest, unglaublich unangenehm.

Der junge Mann nahm war, dass viele die Luft einzogen, als man ihn und den Jungen durch die Tür kommen sah. Einige besaßen sogar die Dreistigkeit zu tuscheln und offensichtlich über die beiden zu reden. Das Thema war dabei das unnormale Aussehen des Hellhaarigen.

Jeder dort hatte gebräunte Haut, dunkle Haare und dunkle Augen. Ausnahmslos jeder. Bloß der dünne Junge nicht. Sorge machte sich in den Gedanken des Mannes breit, wie oft musste der arme Junge diese Blicke und Worte bloß schon über sich ergehen lassen?

Lange Zeit, um ausführlich darüber nachzudenken, hatte er nicht. Denn sofort kam die oberste Köchin und gleichzeitig beste Köchin im Palast, auf ihn zu gelaufen und zog ihn mit sich.

Mit ihrer ruppigen Art packte sie ihn bloß am Ärmel und verschwand mit den beiden in einem der hinteren Räume der Küche. Diese wurden eigentlich dazu genutzt, dass die Küchenjungen, Mägde und Köche in diesen aßen. Doch zu dieser Zeit war niemand dort, was ihnen wirklich zugutekam, denn so konnten sie sich ungestört unterhalten.

>>Was habt ihr mit dem Jungen gemacht, James? Oder hat er euch etwas angetan? Vielleicht steckt bei diesem Aussehen doch Satan in ihm!<< verzweifelt wimmerte der Junge gegen die Halsbeuge des Dunkelhaarigen und wenige Sekunden darauf spürte er schon kleine heiße Tränen auf die empfindliche Haut tropfen.

>>Zügle deine Zunge! Ich schätze deine Meinung und deinen Rat sehr, doch urteile nicht zu überstürzt! Er hat nichts getan und wird es auch nicht! Du solltest dich nicht so sehr von Äußerlichkeiten blenden lassen!<< seine Stimme war scharf. Er duldete keinen Widerspruch. Menschen, welche andere nach Aussehen oder im Allgemeinen oberflächlich ver- und beurteilten, waren ihm ein Dorn im Auge.

>>Und nun bring mir eine heiße Milch mit Honig!<< unwillig schnaubte die etwas rundliche Frau und verschwand aus dem kleinen Raum. Auch, wenn sie unzufrieden schien, hatte der junge Mann den besorgten Blick entdeckt, welcher sich in ihre Augen niedergelegt hatte.

Mit einem leichten Lächeln begann er dem Jungen erneut kontinuierlich über den Rücken zu fahren und sich in dem Raum umzusehen.

Der Raum war nicht groß und wurde bloß von mattem Kerzenlicht beleuchtet. In seiner Mitte war ein hölzerner Tisch, um welchen ein paar ebenfalls hölzerne Stühle standen.

Ohne sich weiter umzublicken, ließ er sich auf einem dieser Stühle nieder und setzte den Jungen auf seinem Schoß ab. Der Stuhl gab dabei ein knarzendes Geräusch von sich. Der Kleinere behielt das Gesicht in James Halsbeuge, doch er spürte wie die Tränen immer mehr nachließen.

Die Tür öffnete sich erneut und die korpulente Frau betrat den Raum, ohne ein Wort zu sagen stellte sie einen Becher vor ihm auf den Tisch und warf einen prüfenden Blick zu den Weißhaarigen. Dann drehte sie sich um und verschwand wieder.

Als die Tür zugefallen und es im Raum still geworden war, drückte er den Jungen ein wenig von sich weg, griff nach dem Becher und hielt ihm diesen hin. Unsicher blickte der Junge erst zu dem Getränk und dann zu dem jungen Mann. Es glitzerten noch immer kleine Tränchen in seinen Augen.

Wüstenrose [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt